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Würzburg
Betrüger lebt von seinem echten Adels-Titel
Er vermüllte seine Wohnung, zahlte die Miete nicht, klaute Hähnchenteile und trank den edlen Wein seines Vermieters. Dafür muss der "Herr Graf" jetzt ins Gefängnis.
Auch sein Adelstitel schützte einen Betrüger nicht vor dem Gefängnis.
Foto: Christopher Schulz | Auch sein Adelstitel schützte einen Betrüger nicht vor dem Gefängnis.
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:56 Uhr

Betrüger mit frei erfundenen Titeln schlagen vor Gericht immer wieder auf: der "Graf von …" aber, der vom Landgericht Würzburg unter anderem als Miet-Betrüger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt wurde, ist "echt". Jahrzehnte nach einem Seitensprung hatte ihn sein in USA lebender Vater aus einer renommierten Adelsfamilie adoptiert.

Verurteilt wurde der Graf (44) unter anderem, weil er ab Einzug monatelang die Miete in Höhe von 650 Euro nicht bezahlt hatte. Dass er darüber hinaus die Wohnung innerhalb kürzester Zeit "vermüllte", ist nicht strafbar. Hinzu kam ein Diebstahl, weil der Mann von dem in Kartons verpackten Weinvorrat seines Vermieters im Keller nichts übrig ließ. Es war ein Weißwein der selten gewordenen Rebsorte "Elbling", von einem Weinberg des Vermieters auf der Insel Reichenau. Außerdem sind im Urteil noch gefrorene Hähnchenteile zum Ladenpreis von 5,65 Euro berücksichtigt, die der Graf in seiner Jackentasche in einem Supermarkt an der Kasse vorbeimogeln wollte.

Unerträgliche Zustände in der gemieteten Wohnung

Ein Gedächtnis-Protokoll des Vermieters über den Zustand der Wohnung wenige Monate nach Einzug des Grafen könnte als Impuls-Referat zum Auftakt eines Seminars für freiwilligen Verzicht auf Essen verwendet werden: Die Wohnung sei "sehr vernachlässigt bis dreckig" gewesen, der Boden klebrig, überall lagen leere Flaschen und im Spülbecken gestapelt Geschirr mit eingetrockneten Essensresten. Der Mülleimer sei randvoll gewesen mit verschimmelten Essensresten, um den Eimer herum viele Fliegen, tot am Boden oder noch in der Luft. Der Geruch in der Wohnung einschließlich Bad wurde als sehr unangenehm beschrieben und zum Teil auf schmutzige Wäsche unterm Bett und auf ein erkennbar sehr lange benutztes Badetuch zurückgeführt.

In einer Mieter-Selbstauskunft hatte der Graf als Beruf  "Unternehmensberater" - mit Schwerpunkt Weinbau und Sektherstellung - und ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 4500 Euro angegeben. Tatsächlich lebte er als Hartz-IV-Empfänger von Leistungen des Job-Centers, die renommierten Kunden seiner Consulting-Firma waren erfunden.  

Der Graf kennt viele Gefängnisse von innen

Gute, langjährige  Beziehungen hat der Graf eigentlich nur zur Justiz: Er hat dreimal so viele Vorstrafen wie Vornamen, insgesamt 16 Einträge im Bundeszentralregister (BZR), zuletzt hatte er eine Strafe von drei Jahren und acht Monaten abgesessen. Seine Kenntnisse als Unternehmensberater will der Mann in Colorado Springs erworben haben, dort habe er in Wirtschaftsrecht seinen Bachelor gemacht. Eigentlich, so der Angeklagte, wollte er nach seiner letzten Entlassung aus der Strafhaft in den USA, in der Umgebung seines Vaters, beruflich Fuß fassen. Allerdings habe die amerikanische Bundespolizei FBI seine Rückkehr nach Deutschland veranlasst.

Als wär's ein Stück von Johann Nestroy

Begonnen hatte die  Berufungsverhandlung vor einer Strafkammer des Landgerichts, als würde da ein Stück von Johann Nestroy aufgeführt. Weil der Angeklagte mit etwa zehn Minuten Verspätung eintraf, begrüßte ihn Rechtsanwalt Klaus Spiegel, sein Verteidiger, mit leichter Verbeugung und den Worten: "Schön,  Herr Graf, dass Sie noch gekommen sind". Der antwortete adlig-lässig: "Selbstverständlich, ich habe heute nichts anderes vorgehabt" und dann streckte er seine Hände einer Polizeibeamtin entgegen, damit die Handfesseln aufgeschlossen werden konnten. Der Angeklagte verbüßt derzeit in anderer Sache eine Strafe von einem Jahr.

Eine frühere Vermieterin hatte bei der Polizei zu Protokoll gegeben, dass sie dem Herrn Grafen bereits am Tag, als er bei ihr einzog, gekündigt hat. Beim Überprüfen seiner Angaben habe sie nämlich feststellen müssen, dass der nur gelogen hat. Von allem, was er sagte, erinnerte sie sich, "stimmte eigentlich nichts".

 
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