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WÜRZBURG
„Fleisch-Liebhaber“ muss ins Gefängnis
Bearbeitet von Franz Barthel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:39 Uhr

In der Anklage gegen einen 42 Jahre alten Adligen mit vier repräsentativen Vornamen und 15 Einträgen im Strafregister stand, dass er ganz offensichtlich ein „Fleisch-Liebhaber“ sei. Weil das allein noch nicht strafbar ist, zählte der Staatsanwalt auf: Leberkäs' zum Selberbacken, Rippchen ohne Knochen und Paprika-Beißer habe der Mann in einem Lebensmittelmarkt in die Aktentasche gesteckt und dann Ware zum Ladenpreis von knapp zehn Euro an der Kasse vorbei mogeln wollen.

Verurteilt wurde der Graf zu drei Monaten, die er absitzen muss, weil er, so Staatsanwalt und Richter, offensichtlich einen Hang zu Straftaten hat und mit einer Geldstrafe nicht zu beeindrucken ist. Angeblich kann der Angeklagte sich den Einkauf, der voll daneben ging, nicht erklären: Er habe doch Geld bei sich gehabt. Er führte sein Versagen an der Kasse zurück auf zweieinhalb Flaschen Wein, die er an dem Tag schon geleert habe. Eine halbvolle Flasche habe er als Wegzehrung dabei gehabt.

Dieb grüßte die Beschäftigten freundlich

Der Laden-Detektiv mit umfangreicher Berufserfahrung konnte sich weder an eine Fahne noch an durch Alkohol bedingte Ausrutscher erinnern. Der Kunde sei beim Betreten des Marktes aufgefallen, weil er alle Beschäftigten freundlich grüßte. Er sei in die Hocke gegangen, als er seine „Fleischwaren“ in der Aktentasche verstaute. Er habe sich, als der Detektiv ihn in sein Büro bat, ausgesprochen kooperativ verhalten und einsichtig gezeigt.

Mit Bewährung war schon deswegen nicht zu rechnen, weil der Graf zuletzt drei Jahre und acht Monate wegen Betrugs hinter Gittern verbracht hatte und zudem einen Monat zuvor auch wegen „Fleisches-Lust“ vor Gericht stand. Da ging es um Dosen-Gulasch und Eisbein, die in der Aktentasche verschwanden. Auch in diesem Fall hatte der Angeklagte sein Fehlverhalten mit Alkoholproblemen begründet, verursacht durch Stress mit der damaligen Lebensgefährtin. Inzwischen, versicherte er dem Gericht, sei Alkohol für ihn kein Thema mehr, die Frau sei auch weg.

Diskrepanz zwischen Aussage und der Wahrheit

Die Bewährungshelferin des Adligen umschrieb ihre Eindrücke zögernd, aber deutlich: Es gebe eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem, was der Herr Graf sagt, und wie es wirklich ist und war. Eine Sozialprognose sei schwierig abzugeben, sagte sie. Zumal sie den Mann, der als Beruf Unternehmensberater angibt, wiederholt im Obdachlosen-Milieu gesehen habe. Auch sei er als Opfer an einer Schlägerei unter Obdachlosen beteiligt gewesen. Das wollte der Angeklagte zurechtrücken: Seine Art, Menschen in Not zu helfen, werde von Außenstehenden oft falsch interpretiert.

Der Richter befand, dass der Angeklagte zur Tatzeit nicht promillebedingt „benebelt“ und in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war – im Gegenteil. Als er hinter einem Regal in die Hocke ging und seine Waren einpackte, habe er sich ohne die geringsten Gleichgewichtsprobleme wieder aufrichten können, so der Detektiv. Und: Dass der Angeklagte an der Kasse eine Tafel Schokolade aufs Band legte und zahlen wollte, habe ganz offensichtlich nur den Zweck gehabt, bei der Kassiererin kein Misstrauen aufkommen zu lassen.

 
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  • s. k.
    Also echt adelig kann er seit 1919 nicht mehr sein. Aber klingt schon irgendwie romantisch, der Herr Graf mit Leberkäs zum Selberbacken.
    Unser moderner Würzburger Adel wäre dann sozusagen die Hochschul-Professoren-Kaste. Von einzelnen dieser putzigen Spezies und deren Gattinnen hört man ja ähnliches. Es sei denn, man hat ein paar Doktortitel "vermittelt". Dann reicht es auch für die Schnittchen vom Italiener.
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