
Vor drei Wochen noch klagte er zwar etwas über seine eingeschränkte Mobilität, brachte per Handy aber noch munter Kulturleute miteinander in Verbindung, die sich aus den Augen verloren und an den 76-Jährigen gewendet hatten, weil: Berthold Kremmler musste ja Bescheid wissen.
Wusste er auch. Während seiner 25 Jahre im Vorstand der Filminitiative Würzburg (1979-2004) baute er schließlich nicht nur das Internationale Filmwochenende zu einem angesehenen Festival mit auf. Seine Rührigkeit brachte ihn auch mit vielen Leuten in Kontakt. Denen machte er es nicht immer leicht, auch nicht bei seinem Engagement im Dachverband Freier Würzburger Kulturträger und als Kulturbeirat des Stadtrats.

Als Lehrer ein prägender Mensch für seine Schüler
Der Lehrer für Deutsch, Französisch, Sozialkunde und Ethik knüpfte Gespräche ausgesprochen gern mit einem beherzten "Dagegen" an. Er hat über viele Jahre als Lehrer am Gymnasium in Marktheidenfeld Generationen geprägt. Eine ehemalige Schülerin erinnert sich an Kremmler: „Er war einer der prägendsten Menschen meiner Schulzeit. ,Man muss einem Buch immer 100 Seiten geben, um zu entscheiden, ob man es weiterliest‘, hat er gesagt. Was hätte ich alles nicht gelesen ohne diese Worte im Kopf.“
Studiert hatte Kremmler in Tübingen, Hamburg, Berlin und Paris, bevor er im Wintersemester 1967/68 an der Würzburger Uni die Ruhe suchte. Die war ihm dann aber doch schnell zuviel – die hiesige Lehre und Forschung fand er extrem flach. Kremmler dagegen hatte sich besonders in Berlin bei Peter Szondi für die ästhetisch-philosophisch-soziologische Durchdringung von Kunstwerken begeistert. Damit wussten seine neuen Professoren in der Bischofsstadt nichts anzufangen. Mit der Frankfurter Schule und deren Kritischer Theorie erst recht nichts.
Er betrachtete sich auch als Einzelkämpfer
So brachte Kremmler es 1969 zwar zum Studentensprecher, machte aber die Erfahrung, dass seine Kommilitonen "ein Mitspracherecht gar nicht einlösen gekonnt hätten, weil sie viel lieber ins Schwimmbad gingen als sich kundig zu machen", wie er bei einem Rückblick auf das Unruhejahr 1968 in Würzburg diagnostizierte. Er selbst betrachtete sich in dieser Zeit als Einzelkämpfer.
Von solchen Erlebnissen speiste sich Berthold Kremmlers Anti-Haltung jahrzehntelang. Diese Grundsätzlichkeit machte es oft schwer, mit ihm in ein weiterführendes Gespräch zu kommen. Weil er aber so ungemein rührig war, kam doch eine sehr große Menge konstruktiver Beiträge zustande.
Ein bisschen gefürchtet, aber unterm Strich hochgeachtet, erhielt er für sein vielfaches Engagement 1998 die Kulturmedaille der Stadt Würzburg und zwei Jahre darauf die Georg-Sittig-Medaille, mit der Würzburger Sozialdemokraten – in Erinnerung an den Lokalpolitiker und Landtagsabgeordneten Sittig – Personen würdigen, die sich um das solidarische Leben in der Stadt verdient machen. Beim Einzelkämpfertum ist Berthold Kremmler wirklich nicht stehengeblieben.
Am Mittwoch ist Berthold Kremmler im Alter von 76 Jahren gestorben.