Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld gehören ab Samstag der Vergangenheit an. Vom 1. September an wird nämlich – und zwar nur in Bayern – Familiengeld gezahlt. Pro Monat bekommen Eltern von ein- und zweijährigen Kindern 250 Euro. Allein in Unterfranken haben rund 21 000 Familien darauf Anspruch. Schon am Donnerstag hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ausgewählten Eltern aus allen bayerischen Regierungsbezirken die ersten Familiengeldbescheide überreicht – darunter der Familie Michler aus Erlabrunn im Landkreis Würzburg. Überlagert wird die Einführung des Familiengelds von der bundesweit heiß diskutierten Frage, ob auch Hartz-IV-Bezieher in den Genuss der neuen Leistung kommen dürfen.
Rechtslage ungeklärt
Die bayerische Staatsregierung vertritt die Auffassung, dass die neue Leistung allen Eltern mit Kindern im fraglichen Alter zusteht. „Hartz IV-Beziehern steht sie auch zu – und zwar im vollen Umfang“, betonen Söder und seine CSU-Sozialministerin Kerstin Schreyer. Das sieht das zuständige, von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil geführte Bundesministerium ganz anders. Es argumentiert, dass Familiengeld als Einkommen gemäß Paragraph 11 SGB II bei den Leistungsbeziehern angerechnet werden müsse. Die Weisung des bayerischen Arbeitsministeriums an die kommunalen Jobcenter, Familiengeld auch an Hartz-IV-Familien auszuzahlen, sei rechtswidrig. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat das Bundesministerium gerade vom bayerischen Arbeitsministerium verlangt, diese Weisung zurückzunehmen.
Bayerns Sozialministerin: Klagt doch!
Bayerns CSU-Sozialministerin Kerstin Schreyer beruft sich aber auf bisher schon gültige, im Sozialrecht verankerte Ausnahmeregelungen, die erlauben, dass Leistungen nicht mit Hartz IV verrechnet werden. Tatsächlich wurde etwa das bisher in Bayern an bedürftige Familien gezahlte Landeserziehungsgeld nicht mit Hartz IV verrechnet. In einem Facebook-Post gibt sich die Ministerin kämpferisch. „Sollen sie doch klagen“, erklärt sie an die Adresse der Bundesregierung gerichtet.
Hat Schreyer sich mit Bund abgesprochen?
Dass der Streit ums Familiengeld vor Gericht endet, hält die Grünen-Sozialpolitikerin Kerstin Celina für wahrscheinlich. „Da prallen zwei Rechtsmeinungen aufeinander“, sagt sie. Die Würzburger Landtagsabgeordnete hat deshalb jetzt „zur Vermeidung von Nachteilen für betroffene einkommensarme Familien angesichts der rechtlich ungeklärten Lage“ eine schriftliche Anfrage an die bayerische Staatsregierung gestellt, in der sie unter anderem wissen will, ob die bayerische Staatsregierung sich bei der „Erarbeitung des Gesetzestextes auch direkt mit dem für die Einkommensanrechnung zuständigen Bundesministerium abgesprochen“ hat. Nach Medienberichten hat Ministerin Schreyer dies wohl nicht getan. „Das bayerische Sozialministerium hatte keinen Kontakt zum Bundessozialministerium, als der Gesetzestext erarbeitet wurde“, meldet der Bayerische Rundfunk.
Werden Kommunen unterschiedlich handeln?
Kerstin Celina, die jahrelang in verantwortlicher Stellung bei der Bundesagentur für Arbeit tätig war, beschäftigt sich in ihrer Anfrage an die bayerische Staatsregierung auch mit einem weiteren Problem. Sie fragt, ob Bayerns Jobcenter je nach Trägerschaft beim Familiengeld unterschiedlich verfahren müssen – je nachdem, ob es sich um einen Jobcenter in der Trägerschaft der Staatsregierung oder um den Jobcenter einer Optionskommune handelt – so wie der Landkreis Würzburg eine Optionskommune ist. Optionskommunen sind laut Celina dem Bund gegenüber nicht direkt weisungsgebunden.
Celina zufolge wäre es durchaus denkbar, dass je nach Trägerschaft die eine Kommune von Hartz-IV-Beziehern im Zusammenhang mit Elterngeld Leistungen zurückfordert und die andere Kommune nicht. „Rein theoretisch könnte es sein, dass Würzburg-Land als Optionskommune den Bedürftigen das Geld lässt, Würzburg-Stadt aber auf Weisung der Bundesregierung Geld zurückfordern muss“, sagt Celina. Bayerns Oppositionsparteien hatten in den letzten Wochen das auf rechtlich wackeligen Füßen stehende Familiengeld als übles oder „vergiftetes“ Wahlkampfgeschenk der CSU insbesondere an Mittelschicht-Wähler bezeichnet.
Familiengeld
Anspruch auf Familiengeld hat laut dem Zentrum Bayern für Familie und Soziales, wer seine Hauptwohnung in Bayern hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt und dieses Kind selbst erzieht. Familiengeld kann auch bezogen werden, wenn das Kind eine Kindertageseinrichtung besucht.
Das bayerische Familiengeld startet zum 1. September 2018. Familiengeld ist unabhängig von einem Elterngeldbezug. Parallel zum Familiengeld können also Basiselterngeld, Elterngeld-Plus und auch Partnerschaftsbonus bezogen werden.
Wer in Bayern Elterngeld beantragt und bewilligt erhalten hat, muss keinen Antrag stellen. Der Elterngeldantrag gilt zugleich auch als Antrag auf Familiengeld. Für 98 Prozent der Eltern ist damit kein weiteres Tätigwerden erforderlich.
Für alle anderen gibt es einen Antrag auf der Website des Zentrums Bayern Familie und Soziales. Die Regionalstelle Unterfranken hat ein zentrales Servicetelefon zur Einführung des Familiengelds eingerichtet. Unter Tel. (09 31) 32 09 09 29 können Eltern von Montag bis Donnerstag zwischen 8 und 16 Uhr und am Freitag von 8 bis 12 Uhr sich zum Familiengeld beraten lassen. (GRR)
"...ob es sich um einen Jobcenter in der Trägerschaft der Staatsregierung oder um den Jobcenter einer Optionskommune handelt."
Staatsregierung = Freistaat Bayern
Jobcenter = entweder Optionskommune oder "gemeinsame Einrichtung" (=Kommunen und BUNDESagentur für Arbeit)
Etwas genauer formulieren, bitte... Sonst könnte man, bevor man weiterliest, meinen, die eine Behörde des Freistaats legt sich mit der anderen an (in diesem Fall jedoch nicht).
Mag ja sein, dass die CSU das jetzt nur aus wahltaktischen Gründen betreibt. Aber falls der SPD-Arbeitsminister gegen die CSU klagen sollte, weil sie den Hartz IV-Empfängern eine zusätzliche Leistung NICHT(!) abzieht, dann hat der Söder diesen Ball reingemacht. Und wenn er nicht klagt, geht der Punkt trotzdem an die CSU. Das muss man dem Söder jetzt mal lassen – etwas bauernschlau, aber sehr geschickt, diese Aktion im Wahlkampf. In jedem Fall steht die SPD richtig blöd da … Schachmatt!
Und die SPD reibt sich dann wieder verwundert die Augen, wo den ihre Wähler abgeblieben sind.
Würde sich die SPD nicht gar so blöd anstellen, man könnte fast Mitleid mit ihr bekommen. Aber sich so von der CSU die Butter vom Brot nehmen zu lassen ist ja schon beinahe nicht mehr zu toppen.
Natürlich ist es richtig und wichtig junge Familien zu unterstützen, aber doch bitte bevorzugt die Familien die die Unterstützung benötigen und nicht die, die eh den fetten Stadt-panzer in der Einfahrt stehen haben.
Söder weiß, dass die wirklich Betroffenen leer ausgehen werden. Da wird mit Steuergeldern umgegangen wie in einer Bananenrepublik. CSU nicht mehr wählbar. Ein Partei ruft ihre Behörden zum Rechtsbruch auf. Das hat uns gerade noch gefehlt. Und wenn Du glaubst ergeht nicht blöder...................