Mit prominenter Unterstützung hat am Donnerstag das Stimmensammeln für das Volksbegehren "Artenvielfalt - Rettet die Bienen" begonnen: Zum Start der zweiwöchigen Eintragungsfrist kamen in München bekannte Schauspieler und Musiker auf dem Marienplatz zusammen, um dann im Rathaus ihre Unterschrift für eine Änderung und Verschärfung des bayerischen Naturschutzgesetzes abzugeben.
Damit das Volksbegehren, das die ÖDP initiierte, Erfolg hat, müssen sich bis zum 13. Februar insgesamt fast eine Millionen Wahlberechtigte im gesamten Freistaat eintragen. Rund 200 Organisationen und Verbände unterstützen das Begehren, am kräftigsten Werbung dafür machen neben ÖDP und Grünen der Landesverband für Vogelschutz (LBV) sowie der Bund Naturschutz in Bayern (BN).
Bauernverband beklagt "Stimmungsmache"
Das deutlichste Nein zum Volksbegehren indes kommt vom Bayerischen Bauernverband (BBV), der von einem "Bauernbashing" spricht. "Statt das bäuerliche Engagement für den Umwelt- und Naturschutz anzuerkennen und weiter zu stärken, wird Stimmung gemacht und nach neuer Reglementierung gerufen", sagt der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl. Besonders in der Kritik: die geforderten Mindestflächen für den ökologischen Anbau. "Eine Ausdehnung des Ökolandbaus auf 20 bis 30 Prozent per Gesetz würde in einem Desaster für den Markt für regionale Bio-Erzeugnisse enden", sagt Heidl. Es fehle schlicht die Nachfrage nach Bio-Artikeln. Sein Verband prüfe mittlerweile intern, inwieweit gegen das Volksbegehren rechtlich vorgegangen werden könne.
Bezirkspräsident Stefan Köhler: "Hätte vorher über Ziele und Wege reden können"
"Das Volksbegehren legt nur Auflagen fest, die letztlich alle Betriebe unabhängig von der Größe treffen", sagt Stefan Köhler, unterfränkischer Bezirkspräsident im Bauernverband. "Es finden sich keine Regelungen zum finanziellen Ausgleich", kritisiert der Landwirt aus Aschaffenburg. "Gesetzliche Verpflichtung verhindert die weitere Förderung mit öffentlichen Geldern." Die Initiatoren des Volksbegehrens betonten am Donnerstag zwar noch einmal, dass mit einem besseren Naturschutzgesetz "auch ausdrücklich die bäuerliche Landwirtschaft unterstützt werden" solle. Köhler aber hält entgegen: "Wenn es um die Bauern geht, hätte man vor Einreichung des Volksbegehrens über die Ziele und Wege reden können. Aber ständig der Schuldige zu sein und sich nur bevormunden zu lassen, haben unsere Bauern satt."
Außer dem Thema Lichtverschmutzung richteten sich alle Maßnahmen aus dem Gesetzentwurf "nur gegen die Landwirte", sagt Köhler und fragt: "Warum?" Auch Bauernpräsident Walter Heidl hält die Forderungen für überzogen und einseitig: „Wo bleiben im Zusammenhang mit dem Volksbegehren Faktoren wie die Flächenversiegelung, Mähroboter und Steinwüsten in Hausgärten, die zunehmende Lichtverschmutzung, steigende Freizeitaktivitäten in sensiblen Bereichen – und deren Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt?“
Landwirte dagegen - und Landwirte dafür
Nicht alle Landwirte aber sind gegen das Volksbegehren. Neben der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern (AbL), in der sich konventionell wie ökologisch wirtschaftende Bauern zusammengeschlossen haben, zählt die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ) zu den Unterstützern: "Weil wir dringend handeln müssen, um die Artenvielfalt als unsere natürliche Lebensgrundlage zu erhalten", sagt Geschäftsführerin Cordula Rutz. Es sei nicht das Ziel, "eine staatlich verordnete Öko-Quote gesetzlich festzuschreiben, wie manche Gegner dies nun behaupten". Dass durch den Gesetzentwurf der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen massiv ausgeweitet werden soll, gehe aber "in die richtige Richtung". Die Nachfrage nach heimischen Bio-Produkten wachse weiter, so die LVÖ-Geschäftsführerin: "Ein durch das Volksbegehren ausgelöstes, von der Nachfrage abgekoppeltes Bio-Wachstum ist daher nicht zu befürchten."
Staatsregierung will sich heraushalten
Bereits Anfang der Woche hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärt, dass sich die Staatsregierung zum Volksbegehren "neutral" verhalten werde: "Ich sage nicht: Tragt euch ein oder tragt euch nicht ein." Der Artenschutz sei zweifellos ein wichtiges Anliegen, so Söder: "Man muss aber sehen, dass man etwas Gutes meint und etwas Schlechtes bekommt." Der Gesetzesvorschlag des Volksbegehrens könne aber eine "Existenzbedrohung für kleine Landwirte" sein - also gerade die Gruppe, die sich sehr um den Naturschutz kümmere. So dürfe ein Artenschutzgesetz nicht dazu führen, dass man Landwirte für ihre bisher freiwilligen Naturschutz-Maßnahmen nicht mehr staatlich fördern könne, weil etwa der Schutz von Gewässerrandstreifen dann zur Pflicht erklärt wird.
Kommt ein Gegenentwurf?
"Wir werden sehen, was bei dem Volksbegehren rauskommt und uns dann damit auseinandersetzen", sagte Söder. Bei einem Erfolg sei es für ihn vorstellbar, sich mit den Initiatoren an einen Tisch zu setzen, um "vielleicht einen großen Wurf" für den Naturschutz in Bayern zu machen "und zwar so, dass Bienen und Bauern gerettet werden."
Was den Einsatz von Insektiziden angeht wird man schon noch fragen dürfen, wer hier die meiste Chemie ausbringt.