Am Sonntag in Aub, kurz vor dem Mittagsläuten der Kirchenglocken: Die Familie von Alfred Eck betritt den sonnendurchfluteten Raum im ersten Stock des Spitalmuseums. Hans-Rainer Eck hält einen Augenblick inne, schaut auf seine Armbanduhr und blickt danach auf das Foto seines Onkels. Heute vor 74 Jahren, fast zeitgleich zur Ausstellungseröffnung, tagte ein paar hundert Meter weiter am Marktplatz das Standgericht über Alfred Eck und verurteilte ihn zum Tode.
Familienehre geschmäht
Für die Familie von Alfred Eck - auch seine Nichten Christl Schott, Eva-Maria Oppel, Gisela Klemm und die Großneffen Matthias Klemm und Jürgen Ernst sind gekommen - ist der Sonntag ein sehr emotionaler Moment. Nicht nur, weil ihr Onkel und Großonkel vor 74 Jahren in Aub am Galgen erhängt wurde, auch die dunklen Erinnerungen an den Umgang mit Alfred Eck kommen wieder hoch. Gisela Klemm kann sich noch gut an den Herbst 1985 erinnern. "Unser Name wurde durch den Dreck gezogen", sagt die Frau und spielt auf die erste Diskussion um eine Alfred-Eck-Schule an.
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Kilian Angermeier schlug damals in der Stadtratssitzung vor, die Auber Schule nach dem Helden von Baldersheim zu benennen - und bekam die Mehrheit auf seine Seite. Was Angermeier unterschätzte, außerhalb des Stadtrates formierte sich Widerstand. Allen voran der Schulamtsrat und alte Kriegsveteranen, die der Schule keinesfalls den Namen eines "Verräters" geben wollten. Ecks Brüder sahen dadurch die Ehre der Familie verunglimpft und nahmen ihr Einverständnis für die Namensgebung wieder zurück. "Unser Vater hat damals sehr viel geweint", sagt Eva-Maria Oppel.
Zweiter Anlauf im März 2015: Wieder wurde am Auber Ratstisch darüber gesprochen, die Schule nach Alfred Eck zu benennen. Anlass war dieses Mal ein Schreiben von Bernhard Mader, einem gebürtigen Auber, der jetzt in Eibelstadt lebt. Ohne Erfolg. Zu stark sind die Ressentiments, zu groß die Furcht, einen Helden zu ehren, dem unterstellt wird, seine Kameraden verraten zu haben.
Die Ausstellung im Spitalmuseum soll aufklären. Sie soll "freimachen von Vorurteilen und Stammtischparolen", hofft Bürgermeister Robert Melber. Und sie soll zum Nachdenken anregen. "Vielleicht fragt sich der ein oder andere Besucher, wo er denn damals gestanden hätte."
Die Baldersheimer Alfred Eck, Franz Engert und Josef Neeser wussten, auf welcher Seite sie am 7. April 1945 zu stehen hatten. Einen Tag zuvor schon besprachen sie, wie sie ihr Dorf ohne Blutvergießen den Amerikanern übergeben können. Bürgermeister Engert und Eck gingen schließlich mit weißer Fahne auf die amerikanischen Soldaten zu, beschrieben ihnen die Lage der deutschen Minensperren und wo sich die Feldposten der Wehrmacht befanden. Dann kehrten die beiden zurück nach Baldersheim.
Eck kannte die Soldaten, die am Friedhof Stellung bezogen hatten und den Ort verteidigen sollten. Er ging zu ihnen, wollte sie davon überzeugen aufzugeben. Aber sie hatten wenig Verständnis für die Bemühungen des jungen Soldaten. Sie bezichtigten ihn als Verräter, nahmen ihn fest, verprügelten ihn und schleppten ihn nach Aub. Die Amerikaner konnten Baldersheim kampflos einnehmen.
"Wer sich das Geschehen damals in den Nachbarortschaften vor Augen hält, dem wird das Wirken von Alfred Eck sehr bewusst", sagt der Historiker Georg Menig. Er hat die Ausstellung konzipiert, in Archiven gewühlt, Dokumente gesammelt. Trotz der sorgfältigen Recherche gibt es aber immer noch Stimmen in Aub und Baldersheim, die nicht so recht glauben wollen, dass Alfred Eck derjenige war, der letztlich den Mut hatte, auf die Wehrmachtssoldaten zuzugehen. "Das war doch gar nicht so", sagen wenige, auch am Sonntag. "Dann belegt es mit Quellen", erwidert Menig jenen.
Vorurteile gibt es noch heute
Auch Hans-Rainer Eck hört noch manchmal vorgefasste Meinungen, wie die Behauptung, sein Onkel könnte doch ein Nazi gewesen sein. "Das schmerzte", sagt er und zeigt, um das zu widerlegen, auf einen Feldpostbrief vom 20. Juni 1943, der in einer Glasvitrine ausgestellt ist. Diesen Brief schrieb Alfred Eck an eine Frau in Baldersheim. Der Soldat bedankte sich für eine Karte, die sie ihm geschickt hatte, und schreibt unter anderem: "Der unselige Krieg sollte zu Ende sein."
Die Ausstellung ist bis Oktober zu den Öffnungszeiten des Spitalmuseums in Aub zu sehen.