Die Erweiterung des Würzburger Uniklinikums nach Norden ist weiter blockiert - und mittlerweile zu einem hochsensiblen Politikum auf Ministerebene geworden. Wie berichtet, wird seit Monaten erbittert um den Ankauf von rund 20 Hektar Grund gerungen, im Endausbau soll der Freistaat über eine Milliarde Euro in die Neubauten für ein Frauen-Mutter-Kind-Zentrum und Kopfkliniken stecken. Solange aber die Grundstücksfrage nicht geklärt ist, tritt das Mega-Projekt auf der Stelle. Auch eine erneute Verhandlungsrunde vor einigen Tagen brachte keinen Durchbruch.
Es muss eine illustre Runde gewesen sein, die sich da am Rande der CSU-Klausurtagung im Kloster Banz getroffen hat - unter anderem mit zwei Ministern, Staatssekretären, Landtagsabgeordneten, Chefs von Uniklinik und der Stiftung Juliusspital, der das gefragte Erweiterungsgeländes noch gehört. Eingeladen hatte die frühere Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU): "Mir war wichtig, dass alle Beteiligen an einem Tisch sitzen, damit alle den gleichen Wissenstand haben", erklärt sie auf Nachfrage dieser Redaktion.
Das Gespräch habe die unterschiedlichen Positionen erneut sehr deutlich gemacht, so Stamm: "Ich gehe aber davon aus, dass wir in 14 Tagen eine Lösung auf dem Tisch haben, mit der zumindest die Planungen weitergehen können." Das hofft auch das Uniklinikum. "Wir brauchen den Planungsauftrag, um den Architektenwettbewerb auszuschreiben", sagt Ärztlicher Direktor Georg Ertl.
Jede Planungsverzögerung macht das Projekt teurer
Jeder Zeitverlust kostet Geld, staatliches Geld. Solange die Neubauten nicht stehen, muss die Altsubstanz erhalten werden. Und die Baupreise galoppieren. Für das Nord-Klinikum haben sie sich innerhalb eines Jahres bereits um 45 Millionen Euro erhöht. Diese Zahl nennt Jan Knippel, Leiter des Universitätsbaus im Staatlichen Bauamt. Zum Vergleich: Beim Grunderwerb streiten sich Freistaat und Juliusspital "nur" um eine niedrige zweistellige Millionensumme.
Eine schnelle Lösung in der Grundstücksfrage dürfte allerdings nicht einfach sein: Zwar beteuert Bauminister Hans Reichhart (CSU): "Wir sind in konstruktiven Gesprächen mit dem Juliusspital." Er werde sich zeitnah auch persönlich um eine Einigung bemühen. Wie diese aussehen könnte, ließ er offen.
Das Juliusspital hat Mitte der 90er Jahre dem Freistaat ein Vorkaufsrecht für das Gelände zum Zwecke der Klinikerweiterung eingeräumt. Nun streitet man ums Geld. Der Freistaat stuft das Areal als Ackerland ein, das Juliusspital als Bauerwartungsland - und will einen deutlich höheren Quadratmeterpreis.
"Wir können das Vermögen der Stiftung nicht verschenken", sagt Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth. Sein Vorschlag: Man solle sich an dem Preis orientieren, für den vor Jahren Teilstücke verkauft wurden. Dazu müsste der Freistaat über seine Immobilien-Agentur IMBY aber deutlich mehr bieten. Passiert dies nicht, stellt das Juliusspital offenbar das Vorkaufsrecht generell in Frage.
Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU), dessen Haus das Milliardenprojekt federführend umsetzen soll, nimmt sich aus der Verantwortung: "So lange die Grundstücksfrage nicht geklärt ist, können wir nicht weitermachen", sagt er auf Nachfrage knapp. Der Ball liege derzeit beim Bauministerium und dem Juliusspital.
Lässt man das Würzburger Klinikprojekt am ausgestreckten Arm verhungern?
Im Landtag hält sich allerdings der Eindruck, dass zumindest im Wissenschaftsministerium das Interesse an einer schnellen Einigung in Sachen Uniklinik Würzburg nicht sonderlich groß ist. "Da gibt es andere Prioritäten, zum Beispiel die Sanierung der Uni-Kliniken in München", sagt ein Beteiligter. Auch dort wird mit Milliarden-Investitionen gerechnet.
Würde der Würzburger Grundstücksstreit gar vor Gericht landen und eine Entscheidung auf diese Weise um Jahre verzögert, wäre ein möglicher Finanzierungskonflikt elegant gelöst - so laute die Hoffnung im Sibler-Ressort, heißt es in Landtagskreisen. Ein Insider: „Es ist deshalb extrem wichtig, dass es eine schnelle Einigung mit dem Juliusspital gibt, damit das Projekt in Würzburg nicht in der Sackgasse endet.“
Politiker aus der Region unterstützen die Erweiterung
Politiker aus der Region machen Druck für das Projekt, das neben Stamm auch der CSU-Hochschulpolitiker und abgewählte Landtagsabgeordnete Oliver Jörg forciert hatte. Unterstützung kommt aber auch aus der Opposition. Der Ochsenfurter SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib stellte eine Anfrage an die Staatsregierung und hat die beiden Minister angeschrieben. "Das Grundstück muss zügig dauerhaft gesichert werden, damit die Universitätsklinik für die Zukunft gewappnet ist", so Halbleib in einer Mitteilung. Ein wichtiger Schritt sei, den Grundstückserwerb und den Neubau der Kopfklinik im Doppelhaushalt 2019/2020 eindeutig festzuschreiben.
Im Landtag ist auch von einer möglichen Einigung in dem Streit zu hören. Sie könnte darin liegen, die für das Projekt notwendigen Grundstücke aufzuteilen: Bei einem kleineren Stück sei man bei dem angebotenen Kaufpreis schon nahe zusammen, heißt es. Bei dem größeren Teil könnte später eine unabhängige Wertermittlung den Knoten durchschlagen, so die Hoffnung auf staatlicher Seite. Auf diese Weise könnten konkrete Planungen wie der Architekturwettbewerb anlaufen.
Und falls es dennoch keine schnelle Lösung gibt? Angesichts der Bedeutung des Projekts für ganz Unterfranken müsse sich dann eben Ministerpräsident Markus Söder (CSU) selbst der Sache annehmen.