
Die Eindrücke sind noch frisch. Es ist erst kurze Zeit her, dass der Würzburger Zahnarzt Oliver Heilmann aus Nepal zurückgekehrt ist. Ein paar Kilos leichter und mit einem Dreitage-Bart, der gepflegt werden will. Wie es sich anfühlt wieder hier zu sein? "Komisch, denn Nepal ist ein Land, in dem alles viel ruhiger zugeht als bei uns."
Zwar habe er dort ehrenamtlich gearbeitet, aber der Stress und die Hektik des Alltags zuhause seien fern gewesen, berichtet er. "In Nepal erreiche ich ein Level der Zufriedenheit, das ich in Deutschland in dieser Art und Weise nicht finde." Die Menschen seien sehr freundlich und dankbar, "da bekomme ich eigentlich mehr zurück, als ich gebe", empfindet es der 53-jährige Würzburger.

Bereits zum dritten Mal seit 2012 nahm er zwei Wochen seines Jahresurlaubs und reiste im Dienste der Hilfsorganisation "Nepalhilfe Kulmbach" auf eigene Kosten nach Nepal, um dort zu helfen. In dem Städtchen Malekhu, etwa 70 Kilometer nordwestlich von Kathmandu, reparierte er Kindern und auch Erwachsenen von Sonnenaufgang bis -untergang die Zähne. Ohne Honorar natürlich, "aber immer wieder gab es Selbstgebasteltes, Obst oder einfach dankbare Gesten". In Malekhu, erzählt der Zahnarzt, engagiere sich der Verein schon seit Jahren ehrenamtlich. Er baute eine Schule auf, die 2006 eröffnet wurde. 360 Grund- und 700 Hauptschüler werden dort unterrichtet.
Gesundheitsstation in Malekhu
In dem Schulgebäude befindet sich die Gesundheitsstation, in der die Zahn-Behandlungen stattfinden. "Diesmal haben wir sogar in der Schule geschlafen, um Zeit zu sparen", erzählt Heilmann. Mit dabei auch seine 18-jährige Tochter Laura, die nach bestandenem Abitur ehrenamtlich mithelfen wollte. "Wir haben in einem Schulraum unser Matratzenlager aufgeschlagen und drumherum ein Mosquitonetz aufgebaut." Eine Toilette stand im Schulhaus zur Verfügung, geduscht wurde im Hof - in Hockstellung. Alles kein Problem, signalisiert Heilmann.

Auf seine Tochter ist er besonders stolz: "Sie hat super assistiert und sich auch um das Aufbereiten der Instrumente gekümmert. Nach zwei Wochen kamen sogar Gedanken auf, dass sie doch etwas in Richtung Medizin studieren möchte", erzählt Heilmann begeistert. Momentan befindet sie sich aber erstmal im Reisefieber, nach dem Aufenthalt in Nepal ging es gleich weiter nach Vietnam.
Zahnuntersuchungen tragen Früchte
Mehrere hundert Kinder hat Heilmann auch dieses Jahr wieder in Nepal behandelt. Füllungen, Wurzelbehandlungen und soweit möglich auch Reinigungen stehen dort auf der Agenda. "Karies ist hier natürlich ständiger Begleiter", so der Zahnmediziner. Aber: Durch die Behandlungen, die nun etwa alle zwei Jahre erfolgen, seien erste Erfolge erkennbar. So sei der Anteil der Kinder mit guten Zähnen deutlich gestiegen. Loben will er hierbei auch die ausgebildete Krankenschwester Ranjita, die sich um die Gesundheits-Vorsorge und die Hygiene-Aufklärung kümmert. "Sie wird vom Verein entlohnt und lehrt den Kindern auch das regelmäßige Benutzen von Zahnbürsten."

Trotzdem gebe es immer schwierige Fälle, so Heilmann und berichtet von einer alten Frau, deren komplettes Gebiss entzündet war. "An den Zahnwurzeln kam der Eiter heraus, die verbleibenden Zähne waren allesamt schwarz gefärbt." Manche Situation sei zwar unbefriedigend, aber man müsse sie annehmen, so Heilmann und spielt auf einen kleinen Jungen an, der partout seinen Mund nicht öffnen wollte. Auch bei manchem Zahnziehen habe es Tränen gegeben, aber schon am nächsten Tag seien diese bei den Kindern vergessen gewesen. "Natürlich hatten wir zur Belohnung der Kinder auch Luftballons und Kuschelschweinchen dabei. Das kam super an."
Außer Heilmann waren auch noch zwei andere Zahnärztinnen ehrenamtlich vor Ort, eine aus München und eine aus Kulmbach. "Wir hatten es extra so gelegt, dass wir in einem größeren Team arbeiten und möglichst viele Kinder und Erwachsene behandeln können."
Bittere Armut und trotzdem zufrieden
Der 53-Jährige erzählt begeistert von Land und Leuten. Oft seien die Menschen bitterarm, aber trotzdem strahlten sie eine Zufriedenheit aus. Auch die Religion des Hinduismus mit ihren vielen Göttern empfindet er als spannend.
Zusammen mit seiner Tochter besuchter er die Tempelanlage Pashupatinath in Kathmandu. Hierher werden auch nahezu alle Toten aus Kathmandu gebracht, um nach der Verbrennung vor Ort dem Fluß zugeführt zu werden, der in den für Hindus heiligen Ganges mündet. "Es ist interessant, wie unterschiedlich die Bestattungsriten verschiedener Kulturen sind."

Auch landschaftlich ist er von dem Land, das mit 8848 Metern den höchsten Berg der Welt beherbergt, fasziniert. So unternahm der Zahnarzt am Ende seines Aufenthalts mit seiner Tochter einen Rundflug mit Buddha-Air -mit Blick auf den Mount Everest. "Es war einfach unglaublich."
Folgen des Erdbebens von 2015 noch spürbar
Auch oberhalb des Dorfes Malekhu sei der Blick auf die Berge fantastisch gewesen. Traurig sei er, dass die Bevölkerung Nepals immer noch unter den Folgen des verheerenden Erdbebens von 2015 leide. Der Wiederaufbau - auch mit Hilfsorganisationen - läuft, "aber eben langsamer als gewünscht".
Heilmann ist sich sicher, dass er wiederkommt: "Ich habe mir fest vorgenommen, im Jahr 2020 wieder zwei Wochen hier zu arbeiten." Vielleicht kommt dann sogar die gesamte Familie mit, so neben Tochter Laura auch seine Frau und sein heute 14-jähriger Sohn. "Durch die Erzählungen und Fotos sind sie immer neugieriger geworden."
