Auch in Würzburg sind die rassistischen Morde in Hanau unvergessen: Wie in der hessischen Kommune selbst und in zahlreichen anderen deutschen Städten haben am zweiten Jahrestag etwa 300 Menschen an die Opfer erinnert und Aufklärung gefordert. Am Samstagnachmittag versammelten sie sich zu einer Gedenkveranstaltung auf den Mainwiesen und zogen dann mit lautstarken Sprechchören durch die Stadt.
Am 19. Februar 2019 hatte ein 43-jähriger Deutscher aus rassistischen Motiven insgesamt neun Menschen mit ausländischen Wurzeln in Hanau erschossen und anschließend seine Mutter und sich selbst getötet. Bereits am ersten Jahrestag der Tat waren in Würzburg mehrere hundert Menschen auf der Straße, seit dem vergangenen Jahr erinnert ein Mahnmal mit ihren Porträts und Namen am Treppenaufgang zur Konrad-Adenauer-Brücke neben der Straßenbahnhaltestelle am Dallenbergbad an die Getöteten.
"Unentschuldbares Verhalten gegenüber Angehörigen"
Mit Windlichtern und Blumen auf ihren Porträts wurde auch bei der Gedenkveranstaltung an Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Paun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoglu erinnert. Die Teilnehmer forderten, wie auch die Familien der neun Opfer, die lückenlose Aufklärung offener Fragen. Zum Auftakt sprach eine junge Frau auf den Mainwiesen unter anderem von "Behördenversagen" in Hanau und einem "unentschuldbaren Verhalten der Polizei gegenüber den Angehörigen".
Aufgerufen zum Gedenken und zur Demonstration hatte ein Bündnis der Würzburger BI_PoC-Gruppe, Würzburg KUlturS e.V., Seebrücke Würzburg, Schwarzlicht Würzburg und Antifa. Die Namen der Opfer von Hanau und anderer Anschläge dürften niemals vergessen werden, betonte Baris Yüksel vom KulturS-Verein: "Sie reihen sich in einer langen Liste von in Deutschland ermordeten Menschen ein." Seit 1990 habe es hierzulande insgesamt 213 Mordopfer rechter und rassistischer Gewalt gegeben.
Demonstrationszug: friedlich, aber lautstark
In der Gesellschaft und von Seiten der Politik habe sich in den zwei Jahren seit Hanau kaum etwas verändert, so Yüksel weiter: "Es gibt immer noch keinen konkreten Plan, wie gegen Rassismus, auch institutioneller Art, vorgegangen werden kann." Deutschland müsse endlich damit aufhören so zu tun, "als hätte sich Rassismus nach 1945 in Luft aufgelöst und wäre nicht weiterhin tief in diesem Land verankert. […] Bis sich das ändert, heißt es für mich: Kein Vergeben, kein Vergessen."
Anschließend zogen die etwa 300 Menschen friedlich, aber mit lautstarken Sprechchören wie "Hanau ist kein Einzelfall – Widerstand überall" über die Friedensbrücke und den Mainkai in die Fußgängerzone und anschließend wieder zurück zu einer Abschlusskundgebung auf die Mainwiesen.