Wie Satelliten hängen sie an den größeren Mittelbauten, die vier quadratischen Bürotrakte des Philosophiegebäudes. Viele kennen den Komplex der Uni Würzburg an der Nordwest-Ecke des Hubland-Campus vom Vorbeifahren. Oder man saß hier schon selbst in Vorlesungen, Seminaren oder in der Teilbibliothek.
Klassische, funktionale Architektur der 60er und 70er Jahre – Wärmedämmung war damals noch nachrangig. Hier soll die laufende energetische Sanierung Abhilfe schaffen. Nur wie so oft bei Bauten aus dieser Zeit: In Decken, Wänden und Fugen steckt das krebserregende Asbest. Auch im Philosophiegebäude, errichtet zwischen 1967 und 1971.
Gefahr besteht nur, wenn Asbest freigesetzt wird
Seit 2005 ist die Verwendung von Asbest, das insbesondere Lunge und Atemwegen zusetzt, in Europa komplett verboten. Solange die Mineralfaser eingebaut ist, geht normalerweise keine Gefahr von ihr aus. Wird aber gebohrt und aufgerissen, ist Vorsicht geboten. Dann können schädliche Partikel freigesetzt und eingeatmet werden.
Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) warnt: "Die Gesundheitsgefährdungen durch unsachgemäße Sanierungen sind keine Lappalie. Sie sollten die Polizei rufen, falls Ihnen mangelnde Sorgfalt auffällt, ebenso bei unsachgemäßer Entfernung asbesthaltigen Materials – und schon bei Verdacht darauf." Das zielt vor allem auf private Baustellen, wo man es mit der fachgerechten Entsorgung bisweilen nicht so genau nimmt.
An der Uni Würzburg und beim zuständigen Staatlichen Bauamt zeigt man sich von den Asbestfunden in den Bürotrakten nicht überrascht. Schließlich wurde das Material in der Baubranche bis in die 80er Jahre eingesetzt, etwa in Platten, Fliesenklebern, Putzen, Kitten, Spachtelmassen oder Nachtspeicheröfen. Fachleute gehen davon aus, dass in jedem vierten Bestandsgebäude aus den Jahren 1950 bis 1990 asbesthaltige Putze und Spachtelmassen nachgewiesen werden können.
Bauamt: Keine Gefährdung von Studierenden und Dozierenden
Weil für alle Gebäude der Universität aus den 60er und 70er Jahren grundsätzlich ein Asbestverdacht besteht, lässt das Staatliche Bauamt Würzburg in jedem Sanierungsfall vorab eine Schadstofferkundung durchführen. Die Ergebnisse werden dann bei der Planung berücksichtigt. Asbest fand man im Falle des Philosophiegebäudes in den Spachtelmassen von Decken und Wänden sowie in Bodenbelägen und deren Kleber.
Klar ist, dass die einzelnen Baukörper während der Schadstoff- und Asbestsanierung – die Fassadenerneuerung läuft zeitgleich – nicht genutzt werden können. Als erstes waren vor einem Jahr die Germanisten in Ausweichquartiere auf den Campus Nord gezogen. Bevor Baufirmen an die eigentlichen Arbeiten gingen, habe man noch eine Probesanierung an einem Bauteil durchgeführt, erklärt Daniela Baumgärtner-Kerlin, Pressesprecherin des Staatlichen Bauamts.
Das Vorgehen habe man mit dem Gewerbeaufsichtsamt abgestimmt und bei Begehungen überprüft. Während die Sanierungsarbeiten laufen, dürfen die betroffenen Gebäudeteile ansonsten nicht betreten werden. Eine Gefährdung von Studierenden und Dozierenden durch die Asbestfunde besteht laut Baumt nicht. Die Fasern seien in den betroffenen Bauteilen fest gebunden, eine Freisetzung nur bei einem "unsachgemäßen Umgang" möglich – etwa durch Bohren, Schleifen oder Brechen. Die Arbeiten an den asbesthaltigen Teilen führe eine Fachfirma durch.
Keine negativen Auswirkungen auf den Lehr- und Forschungsbetrieb
Im Zuge der energetischen Fassadenertüchtigung werden die einzelnen Bereiche nacheinander freigeräumt und saniert. Zwei von vier Bauabschnitten seien zwischenzeitlich fertig, heißt es aus dem Bauamt. Voraussichtlich bis Ende 2022 sollen die Arbeiten an den Bürotrakten abgeschlossen sein. Erst dann kommen die großen Gebäudeteile mit Bibliotheken, Foyer und Hörsälen an die Reihe.
Auf den Lehr- und Forschungsbetrieb haben die Asbestfunde laut Bauamt keine negativen Auswirkungen. Saniert werde nur dort, wo die Räume sowieso wegen der Fassadenrenovierung gesperrt sind. Wieder genutzt werden können sie, sobald die Bauüberwachung nach entsprechenden Messungen grünes Licht gibt.
Auch die riesigen Mengen Styropor mit denen Häuser heute oftmals eingepackt werden ( energetisch saniert nennen einige Fachleute das🙈) werden in 30 Jahren bei der Sanierung oder dem Umbau der Gebäude zu Problemabfällen. Nicht schnell und billig ist unbedingt gut!