Das Coronavirus breitet sich weiter aus. Noch ist Unterfranken verschont, aber "ein Fall in der Region wird immer wahrscheinlicher", sagt der Professor August Stich, Tropenmediziner und Infektiologe an der Würzburger Missio-Klinik unter dem Dach des Klinikums Würzburg-Mitte. Gleichzeitig warnt Stich vor Panikmache. Die Angst der Bevölkerung stehe im Moment nicht in Relation zur tatsächlichen Bedrohung. Der Mediziner dementiert auch die im Internet kursierende Falschmeldung eines ersten Würzburger Coronafalls.
Nach dem Ausbruch der Krankheit in Norditalien schlagen immer mehr Anfragen am Missio-Tropeninstitut auf – teils von Reisenden, teils von Betrieben mit internationalen Kontakten. "Leute kommen direkt vorbei, und die Anrufe zählen wir schon gar nicht mehr", berichtet Stich. Man arbeite an der Kapazitätsgrenze. Beim begründeten Verdacht würden Coronatests im Labor der Universitätsklinik durchgeführt, bisher habe sich kein Verdachtsfall bestätigt.
Missio-Chefarzt Stich verweist darauf, dass ein Test erst einige Tage nach einer Infektion positiv anschlage. "Und auch nur bei Patienten, die das Virus ausscheiden." Man könne mit Blick auf begrenzte Ressourcen nicht Hunderttausende prophylaktisch auf Corona testen. Der Infektiologe hofft jetzt auf ein Abebben der Grippe- und Erkältungssaison, ehe es zu einem möglichen Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit hier in der Region kommt. Aktuell sei der Regelbetrieb in der Klinik durch Corona-Untersuchungen noch nicht beeinträchtigt.
Sollte es zur Verbreitung in der Region kommen, könnten Corona-Patienten einzeln isoliert oder in eine "Kohorten-Isolation" genommen werden - an einer bestimmten Klinik oder andernorts, wie etwa in einer Kaserne. Dies müssten laut Stich dann Politik und Gesundheitsämter entscheiden.
Und die Hausärzte? Wie reagieren sie auf mögliche Infektionen mit dem Coronavirus? "Eine Handlungsanweisung des Robert-Koch-Instituts wird ständig an die laufende Entwicklung angepasst", sagt Christian Pfeiffer, unterfränkischer Bezirksvorsitzender im Bayerischen Hausärzteverband und Beauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung. "Es gibt immer wieder neue Informationen und auch Änderungen."
Pfeiffer bestätigt, dass es in seiner Hausarztpraxis in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) immer mehr verunsicherte Patienten gebe. Das bemerke er durch ihre Nachfragen. "Sie kommen mit Husten und Schnupfen zu uns in die Praxis, also normalen Erkältungssymptomen." Aber die Angst, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert hätten, bestehe durchaus bei dem einen oder anderen. Auch bei jüngeren Patienten. Gefährdet seien jedoch eher ältere Menschen mit Vorerkrankungen und geschwächten Immunsystem.
Ein Dilemma sei, so Pfeiffer, wenn zum Husten noch Fieber komme. Dann könnten Patienten sowohl einen grippalen Infekt als auch eine Infektion mit dem Coronavirus haben. Bei milden Verläufen zeigten sich die typischen Symptome nicht sofort, das sei das Heimtückische: "Als die ersten Fälle Ende Januar in Bayern gemeldet wurden, haben wir durch eine sogenannte Reiseanamnese versucht herauszufinden, ob ein Patient mit dem Coronavirus infiziert worden sein könnte", sagt Pfeiffer. "Also durch Fragen, ob er gerade von einer Auslandsreise, etwa China, zurückgekehrt sei." Doch jetzt ist das Coronavirus in Deutschland angekommen und eine Infektion deshalb auch im Inland möglich.
Generell versuchen Allgemeinmediziner Christian Pfeiffer und sein Team, Patienten mit Fieber und Atemwegsbeschwerden in der Praxis von anderen Patienten zu trennen. "Sie sitzen nicht im normalen Wartezimmer, sondern in einem separaten Raum. Oder wir geben ihnen einen Termin am Ende der Sprechstunde", sagt Pfeiffer. "Und wir verweisen auf Hygienemaßnahmen: Hände waschen oder in die Armbeuge niesen." Wie jedes Jahr um diese Zeit hätten die Hausärzte derzeit mit vielen grippalen Infekten zu tun, oder in schweren Fällen mit einer Grippe, einer Influenza.
Robert-Koch-Institut meldet deutschlandweit derzeit 161 Tote durch Influenza
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet deutschlandweit derzeit 161 Tote durch Influenza A und B. Seit Beginn der Grippesaison im Oktober wurden fast 100 000 Infektionen gezählt, jeder fünfte Patient musste in der Klinik behandelt werden. Auch in Bayern sorgt die Grippewelle für volle Wartezimmer bei den Allgemeinmedizinern. Besonders betroffen ist Oberbayern. Dort hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in der letzten Meldewoche mit 3215 Infektionen mehr als zehnmal so viele Influenzafälle registriert wie in Unterfranken (304).
Katholische Kirche: Bei Krankheit nicht in die Messe
Unterdessen reagieren auch die Kirchen auf einen drohenden Corona-Ausbruch: Das Bistum Würzburg ruft Gläubige mit "Symptomen oder dem Verdacht auf eine Erkrankung" auf, den Gottesdiensten fernzubleiben. Außerdem empfiehlt man Hand- statt Mundkommunion und Vorsicht beim Weihwasser. Entspannter sieht man die Lage noch in der evangelischen Kirche. Einen Aufruf, Gottesdiensten fernzubleiben, gebe es hier nicht, so Gisela Bornowski, Regionalbischöfin des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg, auf Nachfrage dieser Redaktion. "Wir beobachten die Lage." Wenn diese sich verschärfe, werde man reagieren.