Probleme mit dem Einschlafen hat Jolanta Uschok eigentlich nicht. Normalerweise geht das immer recht zügig, damit sich die Leiterin der ambulanten Pflegeeinrichtung "Sr. Jolanta" in Würzburg von der Arbeit erholen kann. Das hat sich aber geändert. Denn normal ist die Situation im Moment keineswegs. Die Corona-Krise trifft auch ihr Berufsfeld hart und sorgt bei der ausgebildeten Krankenschwester für schlaflose Nächte.
Vorräte sind so gut wie aufgebraucht
Trotz erschwerter Bedingungen kümmert sich das 45-köpfige Team weiterhin um die Patienten. Rund 250 Einsätze kommen zwischen sechs und 24 Uhr zusammen. Dass das noch klappt, stimmt Uschok glücklich: "Der Zusammenhalt unter den Kollegen ist riesig". Doch wie lange das noch funktioniert, weiß sie nicht. Nicht nur Kliniken und Arztpraxen leiden unter dem Engpass an Schutzausrüstung. Auch bei der ambulanten Pflege sind die Sorgen groß, wie lange der Vorrat noch reicht. "Wir arbeiten schließlich auch Körper an Körper", sagt die Leiterin. Als das Coronavirus Würzburg erreichte, hatte Uschok noch gut gefüllte Kisten mit Masken und Handschuhen. Doch die sind jetzt so gut wie leer. "Von allen Lieferanten haben wir Absagen gekriegt", berichtet sie. Auch an Ministerpräsident Markus Söder schrieb sie und bat ihn darum, für Nachschub zu sorgen.
Nachschub kam dann auch von Seiten der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK). Über ein Formular konnte Uschok angeben, wie viel Material sie benötigt. "Das habe ich schon sehr bescheiden angegeben, damit es natürlich für alle reicht", sagt sie. Sie bestellte 500 Anzüge, 1000 Masken und 40 Packungen Handschuhe. Bekommen hat sie davon etwa zehn Prozent. "Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Fünf Packungen Handschuhe reichen uns nicht mal für einen Tag", sagt sie. Schutzbrillen wurden ihr gar nicht geliefert. Auf die Politik schimpft sie dabei keineswegs, im Gegenteil: "Die Politiker wollen das, sie strengen sich ja auch an, aber es ist eben nichts da", sagt sie und hofft, dass noch Material nachgeliefert wird. Denn ohne Schutz könnten Patienten nicht weiter behandelt werden. "Und dann kollabiert das System", sagt sie.
Masken von anderen Quellen
Sie versucht derzeit auf anderen Wegen an Schutzmaterial zu kommen, beispielsweise fragte sie auch bei der Firma Wegerich an, die neuerdings Mundmasken näht. Die Hoffnung, dass der Bedarf durch die öffentliche Hand gedeckt wird, ist bei Uschok nicht sehr groß. Wie Schutzausrüstung verteilt werde, sei der ausgebildeten Krankenschwester schleierhaft. Gesteuert wird die Verteilung zentral aus München. Die Kreisverwaltungsbehörden verteilen die Materialien dann in eigener Zuständigkeit. Entschieden werde entsprechend der medizinischen Notwendigkeit, wie es auf der Informationsseite der Stadt Würzburg heißt. "An uns denkt in der Coronakrise kein Mensch", findet die Leiterin der ambulanten Pflegestation, die trotz des Mangels auch in anderen Bereichen der Meinung ist, dass ihre Branche vernachlässigt wird.
Peter Adlmüller kann das unterschreiben. Er ist Referent des bayerischen Landesverbands Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad). "Die Verteilung von Schutzausrüstung erfolgt nach Gutdünken", meint er. Zuerst würden Krankenhäuser versorgt werden, obwohl die ambulante Pflege laut Ministerium ebenfalls in der 1. Kategorie "vorrangig" aufgeführt ist. Doch dort komme nur noch wenig Material an. "Wenn Ausrüstung schon ein knappes Gut ist, sollen diese knappen Ressourcen wenigstens gleichmäßig verteilt werden", appelliert Adlmüller auf Nachfrage der Redaktion. Schließlich sei der Schutz von ambulanten Pflegern seiner Meinung nach besonders nötig, da sie nicht in einem abgeschlossenen Bereich arbeiten, sondern immer von außen zu den Patienten kommen.
Mitarbeiter an der Front
Experten befürchten, dass die große Welle der Pandemie erst noch kommen wird. Davon geht auch Pflegedienstleiterin Jolanta Uschok aus. Wie andere ambulanten Pflegedienste will auch sie und ihr Team weiterhin das Beste geben, um den pflegebedürftigen Patienten in der Region helfen zu können. Der Schutz ihrer Kollegen liegt ihr dabei besonders am Herzen. Uschok: "Die Mitarbeiter sind die Helden, sie kämpfen jeden Tag an der Front."