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WÜRZBURG
Als Amichai noch Ludwig Pfeuffer war
Daniel Osthoff, Rosa Grimm und Bürgermeister Adolf Bauer vor dem Plakat der Amichai-Ausstellung im Rathaus. Das Plakat zeigt den Schriftsteller, der von der Festung aus auf Würzburg blickt.
Foto: Angie Wolf | Daniel Osthoff, Rosa Grimm und Bürgermeister Adolf Bauer vor dem Plakat der Amichai-Ausstellung im Rathaus. Das Plakat zeigt den Schriftsteller, der von der Festung aus auf Würzburg blickt.
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:36 Uhr

Geboren ist Israels bekanntester moderner Lyriker 1924 als Ludwig Pfeuffer in der Würzburger Augustinerstraße. Er stammte aus einem jüdisch-orthodoxen Elternhaus, besuchte den jüdischen Kindergarten und die jüdische Volksschule und machte religiöse Erfahrungen in der Synagoge. 1935 musste die Familie Pfeuffer vor den Nationalsozialisten nach Palästina emigrieren und nahm 1946 den hebräischen Nachnamen Amichai an. Der Name bedeutet „Mein Volk lebt“. Unter dem Namen Jehuda Amichai wurde der gebürtige Ludwig Pfeuffer zu einem in Israel noch heute höchst verehrten Literaten. In seiner Heimatstadt ist ihm in diesem Jahr die Leseaktion „Würzburg liest ein Buch gewidmet“, die sich mit Amichais Roman „Nicht von jetzt, nicht von hier“ auseinandersetzt.

Frühe Jahre in Würzburg

Als Auftakt für die Lesewoche vom 19. bis 29. April wurde jetzt im Rathaus die Ausstellung „Jehuda Amichai und Würzburg“ eröffnet. Die Ausstellung zeigt auf 20 Tafeln anhand von vielen Fotografien aus Privatbesitz, Zeitungsausschnitten und Faksimiles von Briefen wichtige Stationen aus Amichais frühen und späteren Lebensjahren. Es beginnt mit seiner Kindheit in Würzburg und zeigt den jungen Ludwig Pfeuffer mit Schultüte und auf einem Klassenfoto.

Auf dem Weg nach Palästina

Eines der rührendsten Bilder der Ausstellung ein Foto von der Abfahrt der Familie Pfeuffer ins Exil im Jahr 1935 am Würzburger Bahnhof, wo sie sich von Freunden verabschieden. Anhand eines Zeitungsartikels wird die Verleihung des damals erstmals vergebenen Kulturpreises der Stadt Würzburg 1981 an Jehuda Amichai dokumentiert. Und weitere Fotos zeigen Amichai bei Lesungen in Würzburg in den Jahren 1988 und 1997. Besonderes Augenmerk verdient ein Zeitungsbericht über die Erstveröffentlichung des Romans „Nicht von jetzt, nicht von hier“ in deutscher Sprache im Jahr 1992. Die Präsentation fand in Würzburg statt, 30 Jahre nachdem der Roman geschrieben worden war. Weitere Bilder zeigen den Schriftsteller, der in erster Linie als Lyriker bekannt wurde, in geselligen Runden bei Besuchen in seiner Heimatstadt.

Literarisches Denkmal für Würzburg

Bei der Ausstellungseröffnung würdigte Bürgermeister Adolf Bauer den „größten Dichter des modernen Israel“. Er habe nicht nur einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der neuen hebräischen Nationalliteratur und zum nationalen Selbstverständnis Israels geleistet. Er habe auch seiner Geburtsstadt Würzburg ein literarisches Denkmal gesetzt, auch wenn er hier weitgehend unbekannt geblieben sei. Deshalb begrüße er sehr, dass Amichais Roman „Nicht von jetzt, nicht von hier“ im Mittelpunkt der Aktion „Würzburg liest ein Buch“ stehe, sagte Bauer.

Kandidat für den Nobelpreis

Die Erinnerung an Würzburg spiele im Werk Amichais, der mehrmals als aussichtsreicher Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt worden sei, eine bedeutende Rolle, sagte der Bürgermeister. Bei mehreren Besuchen ab 1958 habe Amichai den Menschen in Würzburg die Hand zur Versöhnung gereicht, so Bauer. Mit dem Buch „Nicht von jetzt, nicht von hier“ halte Amichai die Erinnerung an das reiche jüdische Leben in Würzburg wach, das durch die Shoa vernichtet wurde. Weiterhin führe er die von ihm selbst erlebte Judenfeindschaft und deren tödliche und zerstörerische Folgen vor Augen.

„Angesichts des erneuten Erstarkens von Rechtspopulismus, Fremdenhass und Antisemitismus in Deutschland ist es besonders wichtig, dass wir uns mit Amichais Leben und Werk beschäftigen“, mahnte der Bürgermeister.

Neues Buch mit Amichai-Lyrik

Rosa Grimm, die zusammen mit Daniel Osthoff die Ausstellung konzipierte und zusammenstellte, die bis 27. Februar im oberen Rathaus-Foyer gezeigt wird, erinnerte sich an Amichai als einen „bescheidenen, warmherzigen Menschen voller Güte und Empathie“. Sie verwies auch auf den neuen gerade im Verlag Königshause & Neumann erschienenen Lyrikband mit Gedichten Amichais, die von Amade Esperer aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt wurde.

 
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