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Würzburg
Alkoholiker drohte Würzburger Passanten im Rausch mit Erschießen
Der Angeklagte zeigte sich vor dem Amtsgericht entsetzt über sich selbst. Wie er sogar ein blindes Mädchen aus Syrien in Todesangst versetzte.
Wegen mehrere Drohungen wurde ein Alkoholiker in Würzburg verurteilt.
Foto: Silvia Gralla | Wegen mehrere Drohungen wurde ein Alkoholiker in Würzburg verurteilt.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 22.05.2022 02:26 Uhr

Nicht er, sondern Alkohol und andere Drogen seien schuld, erzählt Thomas S. dem Richter: Frau verloren, Job verloren, wohnsitzlos. Dann sei es binnen vier Monaten bergab gegangen mit ihm. Selbst seine Mutter, die im Zuschauerraum sitzt, habe nichts mehr von ihm wissen wollen. Manchmal habe er drei Tage und Nächte ohne Pause gesoffen, gekifft und geschnupft – und wisse nur noch nebelhaft, was er dann tat.

Es ist einer jener kleinen Prozesse im Amtsgericht Würzburg, wie sie es dutzendfach gibt – und doch ist es ein eigenartiger Fall. Thomas S. ist kein Schwerverbrecher, nur einer von rund 1,6 Millionen Deutschen zwischen 18 und 64, die als alkoholabhängig gelten. Wenn er im Rausch aus der Haut fuhr, bekam seine Umwelt das Fürchten. Nun sitzt der Mann mit hängenden Schultern auf der Anklagebank und bettelt um Mitgefühl. Fast ein Dutzend Vorwürfe werden gegen ihn vorgebracht: vom Stehlen einer Dose Red Bull bis zu einer Morddrohung.

Ein Problemfall für die Polizei

Für Passantinnen und Passanten war er jemand, dem man besser aus dem Weg ging: Wenn man ihm Contra gab, drohte er, dem Gegenüber "mit der Knarre" ins Gesicht zu schießen. Eines Morgens wankte er laut Zeugenaussagen in Würzburg eine Straße entlang, lallte "Heil Hitler" und hob den Arm – einfach so, zum Provozieren. Denn ein Nazi sei der Angeklagte nicht, wie der Richter feststellt.

Ein anderes Mal bedrängte S. an einer Haltestelle eine Frau. Polizistinnen und Polizisten zeigte er provozierend den Mittelfinger. Regelmäßig beschäftigte er in der Vergangenheit die Polizei. Einsatzkräfte mussten ihn manchmal zu viert halten, um ihn zu fesseln, in der Zelle auf der Pritsche fixieren, um ihm Blut abnehmen zu lassen und aufpassen, dass sie nicht angespuckt werden.

Junges muslimisches Mädchen: "Ich habe Angst bekommen"

Am schlimmsten traf es ein blindes syrisches Mädchen im vergangenen Herbst in der Nähe des Nautiland-Bades. Thomas S. schrie sie an: Er könne "Muslime" nicht leiden. Zufällig waren eine Betreuerin aus dem Blindeninstitut und ein Lehrer in der Nähe. "Ich habe Angst bekommen", erklärt das Mädchen im Zeugenstand. "Und ich habe mich an der Frau festgehalten." Der Betrunkene reihte Beschimpfung an Beschimpfung. "Soll ich euch erschießen?", soll er gedroht und auf seinen Rucksack gezeigt haben – in dem aber keine Waffe war.

Die Betreuerin brachte das Mädchen aus der Gefahrenzone, der Lehrer rief die Polizei. Sieben Monate später wird Thomas S. aus der Zelle vorgeführt und sagt, er könne sich sein Verhalten heute nicht erklären. Er sei doch mit Muslimen aufgewachsen. Am Ende entschuldigt er sich auf Anraten seines Verteidigers Benjamin Hirsch bei dem Flüchtlingsmädchen – wie bei allen anderen Opfern.

Angeklagter: "Ich war nicht mehr ich"

"Irgendwie bin ich da reingerutscht", erklärt S. dem Richter treuherzig. "Ich schäme mich dafür. Ich war nicht mehr ich." Wovon er Schnaps, Speed und Kokain bezahlt hat, als Arbeitsloser? "Hartz", sagt er. "Würzburg ist ja klein. Irgendwo kriegt man immer etwas her."

Was er für Pläne habe? Arbeit suchen, und eine Frau, die es ehrlich mit ihm meine, sagt er – und dann: Er habe in der monatelangen Untersuchungshaft keine Entzugsprobleme gehabt, im Gegenteil: "Das Gefängnis war meine Rettung." Dort muss er noch länger bleiben. Ein Jahr und vier Monate ohne Bewährung lautet das Urteil. Thomas S. nimmt es sofort an: "Passt!", sagt er.

 
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    Ein richtiger Süchtiger weiß, dass das seine letzte Rettung ist. Wobei ihm wohl eher die geschlossene gut täte, da er dort an seinen Problemen besser arbeiten könnte
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