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WÜRZBURG
Aktion Stadtradeln: „Wir haben das Auto nicht vermisst“
Stadtradel-Star Lore Koerber-Becker (rechts) mit Familie beim Auftakt der Aktion – sie hat in drei Wochen knapp 700 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Foto: Patrick Wötzel | Stadtradel-Star Lore Koerber-Becker (rechts) mit Familie beim Auftakt der Aktion – sie hat in drei Wochen knapp 700 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:46 Uhr

Drei Wochen lang komplett vom Auto auf das Fahrrad umsteigen – geht das auch als Familie mit drei Kindern? Lore Koerber-Becker hat es während der Aktion „Stadtradeln“ vom 5. bis zum 26. Mai ausprobiert. Als kommunaler „Stadtradel-Star“ hat die SPD-Stadträtin ihre Erfahrungen in einem Blog im Internet auf „www.stadtradeln.de/wuerzburg“ festgehalten und im Gespräch mit unserer Redaktion zusammengefasst.

Frage: Frau Koerber-Becker, sie haben während der drei Stadtradel-Wochen knapp 700 Kilometer zurückgelegt, saßen also im Schnitt rund 33 Kilometer pro Tag im Fahrrad-Sattel. Danach gab es dann wahrscheinlich erst einmal einen Tag auf der Couch, oder?

Lore Koerber-Becker: Nein, auch am Tag danach war Radfahren angesagt. Ich weiß nicht mehr, was wir an dem Samstag genau gemacht haben, aber wir waren auf jeden Fall mit dem Fahrrad einkaufen.

Dazu muss man wissen, dass Sie schon immer viel mit dem Fahrrad unterwegs sind – eine gewisse Fitness müsste also vorher schon vorhanden gewesen sein?

Koerber-Becker: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich auch ein wenig geschummelt habe. Wenn es zeitkritisch ist, dann nehme ich mein E-Bike mit eingebautem Rückenwind – zum Beispiel auf dem Weg von Rottenbauer zum Arbeitsplatz an der Uni am Hubland und zurück. Wenn ich Zeit habe oder privat unterwegs bin, steige ich aber immer auf das normale Fahrrad. Auch wenn wir mit den Kindern unterwegs sind, sonst ist es unfair. Die Fitness ist ein angenehmer Nebeneffekt.

Sie haben in den drei Wochen zum ersten Mal komplett auf das Auto verzichtet. Wie hat sich das auf den Alltag ausgewirkt?

Koerber-Becker: Der Unterschied war gar nicht so groß, wie ich es erwartet hatte. Normalerweise fahre ich zwei- oder dreimal pro Woche mit dem Rad zur Uni, jetzt waren es eben fünfmal. Schön war, dass man nicht mehr jeden Tag überlegen musste, ob es zu heiß, zu kalt, zu nass oder zu glatt ist – es war einfach klar, dass geradelt wird. Schwieriger wird es, wenn es um solche Sachen wie das Mama-Taxi unseres Großen zum Cello-Unterricht an der Waldorfschule geht. Das war aber auch das einzige, bei dem es etwas komplexer wurde. Wir haben uns zweimal ein Lastenrad ausgeliehen, um das Cello zu transportieren. So etwas ist dann aber natürlich auch vom Wetter abhängig, das macht man sicher nicht immer. Das Resultat davon ist übrigens, dass bei uns in der Familie der Wunsch nach einem eigenen Lastenrad entstanden ist.

Wenn man Ihre Blog-Beiträge liest, bekommt man den Eindruck: Es geht auch als Familie mit drei Kindern ohne Auto – man muss es nur wollen.

Koerber-Becker: Man muss es einfach ausprobieren und selbst feststellen, was geht und wo es schwierig wird. Wenn man dann einmal pro Woche das Auto vermisst, dann ist das nicht wirklich viel. Wir haben es nicht vermisst, weil wir es konsequent ausprobieren wollten.

In den drei Wochen haben Sie sicherlich sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht ...

Koerber-Becker: Positive Erfahrungen macht man zum Beispiel in spannenden Gesprächen mit anderen Leuten, die selbst viel mit dem Fahrrad machen oder die man davon überzeugen kann, den Alltag mit dem Rad auszuprobieren. Es war auch schön, viel mit den Kindern zu radeln und zu merken, wie sie Spaß daran haben. Wir werden jetzt als Familie auch Sommerurlaub mit dem Fahrrad machen. Negative Erfahrungen habe ich vor allem im Straßenverkehr gemacht. Es kommt immer wieder vor, dass Autofahrer nicht den nötigen Abstand einhalten oder dass man als Radlerin aufgefordert wird, auf den Gehweg auszuweichen – den Gehweg, wohlgemerkt, nicht den Radweg. Die vielen Stellen, an denen es in der Stadt im Argen liegt, waren mir in der Theorie natürlich bekannt. Jetzt weiß ich bei einigen auch aus eigener Erfahrung, wie ätzend es sein kann, sie selbst fahren zu müssen – zum Beispiel in der Zeller Straße stadteinwärts morgens im Berufsverkehr. Es gibt auch einige Stellen, an denen ich mit den Kindern nicht fahre.

Werden Sie jetzt öfter auf das Fahrrad steigen als vorher?

Koerber-Becker: Mein Fazit fällt komplett positiv aus. Unser Auto ist seit einer einzigen Fahrt, die mein Mann während der drei Wochen machen musste, nicht bewegt worden. Ich radle noch mehr als vorher, außer wenn ich als Mama-Taxi unterwegs bin. Die Entscheidung hängt inzwischen auch noch weniger als vorher vom Wetter ab. Ich bin während der drei Wochen nur einmal nass geworden. Das lag aber daran, dass meine Regenkleidung nichts getaugt hat. Die Konsequenz daraus war für mich, mir anständige Regenkleidung zu kaufen.

Aktion „Stadtradeln“

Im Zeitraum vom 5. bis zum 26. Mai haben in Würzburg 1208 Menschen in 91 Mannschaften – darunter zehn Mitglieder des Stadtrats – an der Aktion „Stadtradeln“ teilgenommen. Dabei haben sie über 215000 Kilometer umweltfreundlich auf zwei Rädern zurückgelegt und rund 31 Tonnen CO2 eingespart.
 
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