Afrika liegt ihm am Herzen. Dort zu helfen auch. Fast 30 Jahre war Dietrich Binder Dermatologe in Würzburg. Seit der Aufgabe seiner Praxis vor zwölf Jahren unterstützt der 74-Jährige vielfach humanitäre Projekte in Ostafrika – von Würzburg aus und auch vor Ort. Immer wieder wird er dabei gebeten, medizinische Ausrüstung zu beschaffen. Der jüngste „Hilferuf aus Afrika“ war eine Herausforderung: Ein Krankenhaus in Tansania brauchte ein fahrbares Röntgengerät. Binder hatte Glück und Erfolg: Die Missionsärztliche Klinik des Klinikums Würzburg Mitte hatte ein gewünschtes Gerät ausrangiert und stellte es als Spende zur Verfügung.
Dabei half eine glückliche Fügung: Durch den Zusammenschluss der „Missio“ und des Juliusspitals zum Klinikum Würzburg Mitte im vergangenen Jahr war das Röntgengerät, ein sogenannter C-Bogen, frei geworden. Auf Binders Anfrage hin fackelte die Klinik nicht lange mit der Spende – trotz des immensen Restwertes des zehn Jahre alten Gerätes mit einem einstigen Neupreis von 60 000 Euro.
Klinik hilft Klinik
„Die Missioklinik sieht es als christlich-caritativ geprägtes Haus als ihre Aufgabe an, mit dieser Spende einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der Gesellschaft zu leisten“, sagt Dominik Landeck, Kaufmännischer Direktor des Klinikums Würzburg Mitte. Sehr zur Freude von Binder: „Die Klinik hat mich schon öfters unterstützt.“ So stattete sie erst im vergangenen Jahr ein Krankenhaus im Südwesten Äthiopiens mit knochenchirurgischen Instrumenten aus.
Das jetzt gespendete Röntgengerät wird künftig im Matyazo Health Center, einem Krankenhaus im Westen Tansanias, eingesetzt – vor allem im chirurgischen Bereich. In dem Krankenhaus werden jährlich über 1200 Operationen durchgeführt und ebenso viele Kinder geboren. „Solch ein Gerät aufzutreiben, noch dazu ohne Gegenleistung, ist nicht ganz einfach“, freut sich Binder über den Erfolg. Das Gerät mit gut einer halben Tonne Gewicht tritt demnächst seine Schiffsreise nach Afrika an.
Jährlich nach Äthiopien
„Gefahndet“ nach dem Röntgengerät hatte die „Neukirchener Mission“, eine Hilfsorganisation, die Binder ebenso unterstützt wie auch andere Organisationen. Seit seiner ersten Reise nach Äthiopien vor sechs Jahren wirkt Binder aktiv bei den Hilfsprojekten mit und reist seitdem jährlich ein- bis zweimal nach Äthiopien. In der ersten Zeit ging es vor allem darum, Brunnen zu bauen, beziehungsweise aufgegebene Brunnen wieder zu aktivieren.
In den vergangenen Jahren konzentrierte sich Binder zunehmend darauf, Ausstattung für medizinische Einrichtungen zu organisieren und zu finanzieren. „Aktuell geht es um ein gerade entstehendes Medical Center am südäthiopischen Omo River.“ Zudem greift der Würzburger Familien und deren Kinder unter die Arme, um diesen eine Perspektive zu ermöglichen.
Hilfsbereitschaft als „Erfüllung“
Warum macht er er das Ganze? Was treibt ihn an? Binders Antwort fällt kurz und knapp aus: „Es erfüllt mich einfach.“ Dabei resultiert seine Hilfsbereitschaft eher aus einem Zufall: „Auf den Ratschlag meiner Tochter hin machte ich meine erste Reise nach Äthiopien aus bloßem Interesse für die dortige Kultur“, erzählt er. Die Menschen, die er dort kennenlernte, ihre Bräuche sowie ihre Art zu Leben, faszinierten ihn: „Es ist ein langer, weiter Weg bis in den äußersten Süden Äthiopiens. Wenn man dann aber dort ist, war es all den Aufwand wert. Eine solch einzigartige Schönheit findet man kaum woanders.“
Doch auch die Not vieler Menschen hinterließ bei Binder einen bleibenden Eindruck: ,,Was in manchen Regionen als Wasser bezeichnet wird, ist im Grunde nur braune, zähe Flüssigkeit“, berichtet er. „Also beschloss ich, den Brunnenbau zu unterstützen, damit die Menschen dort sauberes Wasser haben“, erzählt Binder von seinem ersten Engagement.
Allerdings sei nicht nur die Trinkwasserversorgung ein Problem. Wegen traditioneller Verpflichtungen sei vielen Frauen und Mädchen der Zugang zu schulischer Bildung verwehrt. „Teilweise müssen sie ohne Schuhwerk und bei unglaublicher Hitze kilometerweit durch die Gegend ziehen, um dann mit Wasser befüllte Behältnisse zurück zu ihrem Dorf zu befördern“, berichtet Binder. Ein Teufelskreis. Haben die Menschen Zugang zu Wasser, haben die Wasserträger keine Zeit für die Schule.
Dank Brunnenbau mehr Mädchen in der Schule
Auch hierfür fand „Humedica“ mit Binders Unterstützung eine Lösung: Errichtet man die Brunnen direkt neben schulischen Einrichtungen, kann die Tradition gewahrt bleiben – und die Mädchen haben gleichzeitig Zugang zu Schulbildung. Das Ergebnis: „Zuvor saßen in den Klassenräumen ausschließlich Jungen. Nachdem der Brunnen errichtet war, bestand die Klasse zu über einem Drittel aus Mädchen. Es war unglaublich“, schildert Binder den Erfolg.
Was plant der „Entwicklungshelfer“ weiter? „Es ist mein Ziel zu helfen, einen Krankenhaus-Verbund aufzubauen und gezielt Personal zu schulen.“ Denn wenn die Krankenhäuser in einigen Jahren in staatlichen Besitz übergehen sollen, müssen sie selbstständig und nachhaltig fortbestehen, ohne auf Unterstützung von Hilfsorganisationen angewiesen zu sein, erklärt Binder die Marschroute. „Das wird noch ein langer, weiter Weg bis dahin“, weiß er. Und dafür wird er noch oft im Flieger nach Afrika sitzen.