Was tun, wenn die Grippe am Wochenende zuschlägt, und alle Hausarztpraxen geschlossen haben? Die Zeiten, als eine Stunde später der Hausarzt vor der Tür stand, sind lange schon vorbei, zumal das Versorgungsnetz gerade auf dem Land immer dünner wird. Und den zuständigen Bereitschaftsarzt zu erreichen, wird angesichts der immer größer werdenden Zuständigkeitsbereiche zunehmend schwierig. Die Notaufnahme im Krankenhaus ist ebenfalls die falsche Anlaufstelle.
Mit der Bereitschaftspraxis an der Ochsenfurter Main-Klinik haben rund 50 niedergelassene Ärzte aus der Region vor Jahren schon eine Lösung entwickelt. Trotzdem taucht die Praxis im neuen Bereitschaftskonzept der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) nicht mehr auf. Die Ärzte wollen aber an der erfolgreichen Einrichtung festhalten.
Neuland in der fläschendeckenden Versorgung
<%LINK href="https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Internisten-Kliniken-Notfallaerzte;art736,7559239" text="Im Juli 2013 hatten KVB, Main-Klinik und das Ochsenfurter Ärztenetz MainArzt Neuland betreten.
"%> Nach der seit langem bestehenden Praxis am Würzburger Juliusspital war es die erste Bereitschaftspraxis in einer ländlichen Region Unterfrankens, berichtet Christian Pfeiffer, Allgemeinarzt in Giebelstadt, Vorstandsbeauftragter der KVB für Unterfranken und einer der Gründerväter.
Vorausgegangen war eine Umstrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdiensts. Die Dienstgruppen Giebelstadt, Röttingen, Marktbreit und Ochsenfurt waren zusammengefasst worden. Es entstand ein Zuständigkeitsbereich, der von Kleinrinderfeld und Reichenberg im Nordwesten bis an die Südspitze des Landkreises Würzburg und die angrenzenden Gemeinden des Landkreises Kitzingen reichte.
Fahrdienst für Hausbesuche
Um angesichts der großen Strecken die Versorgung zu sichern und den Patienten eine feste Anlaufstelle zu bieten, wurde die Bereitschaftspraxis in den Räumen des Medizinischen Versorgungszentrums an der Main-Klinik eingerichtet. Weiterer Kooperationspartner war das Ärztenetz MainArzt, das die Trägerschaft und die Verwaltung der Bereitschaftspraxis übernommen hat. Ein Arzt stellt dort nach einem festen Turnus am Wochenende die hausärztliche Versorgung sicher. Ein zweiter Arzt übernimmt den Fahrdienst für medizinisch erforderliche Hausbesuche.
Für Hausarzt Christian Pfeiffer ist es ein Erfolgsmodell, weil die großzügig bemessene und technisch gut ausgestattete Praxis seinen Kollegen ein gutes Arbeitsumfeld bietet, und weil Patienten eine feste Anlaufstelle haben, ohne sich mühsam nach der Praxis des jeweils diensthabenden Bereitschaftsarztes erkundigen zu müssen.
Notaufnahme entlastet
Die Notaufnahme der Main-Klinik werde ebenfalls spürbar entlastet, sagt Klinik-Geschäftsführer Christian Schell, weil Patienten, die eigentlich ein Fall für den Hausarzt sind, an die Bereitschaftspraxis verwiesen werden können. Außerdem entstünden kaum zusätzliche Kosten, weil die Räume des Medizinischen Versorgungszentrums ohnehin am Wochenende ungenutzt wären. Lediglich eine Kostenpauschale von 1,50 Euro pro Patient für Verbrauchsmaterialien müssen die Bereitschaftsärzte an die Klinik zahlen. Weitere 1,50 Euro gehen an das Ärztenetz MainArzt, das dafür die Abrechnung der Leistungen mit den Kassen übernimmt.
Ein Modell, das Schule gemacht hat: Inzwischen, so Christian Pfeiffer, sei die Kassenärztliche Vereinigung dazu übergegangen, in ganz Bayern ein flächendeckendes Netz aus 110 Bereitschaftspraxen aufzubauen, die jeweils an eine Klinik angegliedert sind. Allerdings mit der Folge, dass die Main-Klinik in diesem Netz nicht mehr auftaucht. Um eine gleichmäßige örtliche Verteilung zu erreichen, ist die nächste Bereitschaftpraxis erst in Kitzingen.
An Wochenenden durchgehend geöffnet
Trotzdem wollen die Bereitschaftsärzte, ebenso wie Main-Klinik und MainArzt, an der Einrichtung festhalten, allerdings mit veränderten Öffnungszeiten. Weil die Sprechstunden am Mittwoch- und Freitagnachmittag kaum in Anspruch genommen wurden, sollen diese gestrichen werden. Dafür wurden die Öffnungszeiten an Wochenenden und Feiertagen von fünf Stunden samt Mittagspause auf neun Stunden ausgedehnt, durchgehend von 9 bis 18 Uhr.
„Es ist eine Struktur, die wir kennen, und es war bisher eine Praxis, die sich auch von der Inanspruchnahme gelohnt hat“, beschreibt Christian Pfeiffer die Vorteile. Durchschnittlich rund 30 Patienten pro Tag haben die Praxis bisher an den Wochenenden in Anspruch genommen, sagt MainArzt-Geschäftsführer Heiner Redeker – insgesamt rund 4000 pro Jahr. Seit Schließung des Krankenhauses in Uffenheim kämen außerdem zunehmend Patienten aus dem mittelfränkischen Grenzgebiet hinzu.
Technisch gut ausgestattet
Auch der Marktbreiter Hausarzt Klaus Grillmeier, der den Bereitschaftsdienst koordiniert, schätzt die Vorzüge der Ochsenfurter Praxis. Die Räume seien großzügiger und die technischen Möglichkeiten besser als in standardisierten Praxen. So stehe in Ochsenfurt beispielsweise ein Ultraschallgerät zur Verfügung, und auch die Inanspruchnahme von Klinikgeräten sei dank der guten Zusammenarbeit kein Problem.
Die Kassenärztliche Vereinigung dulde den Ochsenfurter Alleingang, sagt der Vorstandsbeauftragte Christian Pfeiffer. Wie lange, das hänge davon ab, wie gut die Praxis von den Patienten angenommen wird. Wenig Zweifel am weiteren Erfolg hat Alexander Schraml, Vorstand des Landkreis-Kommunalunternehmens, dem auch die Main-Klinik angehört. „Seit fünf Jahren hat sich gezeigt, dass das ein tragfähiges Konzept ist“, sagt er. Durch die veränderten Öffnungszeiten werde die Bereitschaftspraxis nun sogar noch attraktiver.