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WÜRZBURG
Hilfe in der Arzt-Not: Nicht alle Patienten finden hin
Hausärztin und Patient       -  „Bitte mal ruhig ein- und ausatmen!“ Ein typischer Satz bei der hausärztlichen Untersuchung.
Foto: dpa/ Benjamin Ulmer | „Bitte mal ruhig ein- und ausatmen!“ Ein typischer Satz bei der hausärztlichen Untersuchung.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:38 Uhr

Wohin sollen sich die Patienten aus Würzburg und der Umgebung wenden, wenn sie, außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten, am Mittwochnachmittag, am Freitagnachmittag oder am Wochenende einen Arzt brauchen? Das wissen offenbar nicht mehr alle Betroffenen. Drei Monate nach dem Umzug der Allgemeinen Ärztlichen Bereitschaftspraxis von den bisherigen Räumen in der Domerschulstraße hin in Räume des Juliusspitals beobachten die Verantwortlichen eine gewisse Verunsicherung.

„Die Patienten kommen nicht in der Menge wie sonst“, bilanziert Ernst Schlereth, der Regionalleiter Nordbayern der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB). Üblicherweise ließen sich in einem Vierteljahr rund 3000 Patienten in der Bereitschaftspraxis behandeln; aktuell hätten dorthin nur 2000 Menschen gefunden. Dies liege sicher am überstürzten Umzug im Sommer, vielleicht auch an der zeitweise nicht optimalen Beschilderung, vielleicht aber auch an der nicht ausreichenden Information der Bevölkerung, heißt es.

Hausärzte mussten umziehen, Fachärzte nicht

Möglicherweise ist die Verunsicherung in Würzburg aber auch der Tatsache geschuldet, dass sich die Bereitschaftspraxis zeitgleich mit dem Umzug aufgespalten hat. Boten von 2010 bis 2017 Hausärzte und Fachärzte gemeinsam in der Praxis in der Domerschulstraße ihre Dienste an, sind die Bereitschafts-Hausärzte sowie Internisten seit September in der Praxis im Juliusspital zu finden, während einige Fachärzte – ein Urologe, ein Chirurg, ein HNO-Arzt und ein Orthopäde – weiterhin in den bisherigen Räumen am Dom ihren fachärztlichen Bereitschaftsdienst anbieten. Dr. Wynfried Batzner, Obmann der Bereitschaftsdienstgruppe Würzburg, legt dabei Wert auf die Feststellung, dass die allgemeinärztliche Bereitschaft eine vom Gesetzgeber verlangte Notwendigkeit sei, eine fachärztliche Bereitschaft jedoch nicht.

„Das eine ist Pflicht, das andere Kür“, bestätigt Batzner. Daraus erklärt sich auch, dass die Hausärzte, wie vom Gesetzgeber verlangt, ihre Bereitschaftspraxis an eine Klinik angliedern und also umziehen mussten. Die Fachärzte, deren Bereitschaftsdienste eben keiner gesetzgeberischen Pflicht unterliegen, blieben. „Auf die Dauer ist die Trennung nicht optimal“, findet Batzner. Auch Dr. Christian Pfeiffer als Regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung gibt an, dass „eventuell nachjustiert“ werden müsse.

Auskunft bundesweit: Servicetelefon 116117

Aber ist nicht für Patienten die Aufspaltung von einer in zwei Bereitschaftspraxen insofern problematischer als früher, weil sie eigentlich schon wissen müssen, woran sie leiden, bevor sie die eine oder die andere Praxis aufsuchen können? „Man muss es sich so merken: In der allgemeinen ärztlichen Bereitschaftspraxis im Juliusspital sind wir für all das zuständig, wofür auch der Hausarzt zuständig ist“, sagt Batzner. Brauche der Patient weitere Untersuchungen, so stünden die Einrichtungen im Juliusspital zur Verfügung. Im Zweifelsfall empfiehlt Batzner, vor dem Arztbesuch die bundesweit gültige Servicetelefonnummer Tel. 11 61 17 anzurufen. Dort werde dem Patient der für ihn zuständige Arzt genannt.

Warum aber verlangt der Gesetzgeber die Angliederung von Bereitschaftspraxen an Kliniken? Hintergrund ist eine einerseits bayernweite, andererseits bundesweite Entwicklung, denen die regionalen Bereitschaftsärzte folgen müssen.

Weil einerseits im Freistaat Hausärzte gerade auf dem Land mit der Pflicht zu allgemeinärztlichen Bereitschaftsdiensten überlastet gewesen seien, andererseits in die Notaufnahmen der Kliniken zu viele Patienten mit banalen Erkrankungen gekommen seien, arbeite die Kassenärztliche Vereinigung Bayern schon seit Jahren darauf hin, Bereitschaftspraxen an Kliniken anzudocken, sagt KVB-Sprecherin Birgit Grain. Die Zentralisierung führe dazu, dass einzelne Ärzte weniger Dienste leisten müssten. Auch der Umstand, dass zusätzlich Klinikärzte freiwillig Bereitschaftsdienste leisteten, reduziere die Dienstzeit der überlasteten Hausärzte.

„Die Notaufnahme wird spürbar entlastet“

Der Weg, den Bayern mit der sukzessiven Verlagerung der Allgemeinen Ärztlichen Bereitschaftsdienste in die Kliniken gehe, ist laut Dr. Wolfgang Krombholz, dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, die „einzige Chance, das ambulante System und den Bereitschaftsdienst trotz des prognostizierten Ärztemangels und einer steigenden Anzahl von allgestellten Ärzten dauerhaft aufrecht zu erhalten“. Diese Auffassung teilt der Bund.

Das bundesweit geltende Krankenhausstrukturgesetz sieht eben die von Bayern bereits teilweise vollzogene Angliederung der Bereitschaftspraxen an Krankenhäuser grundsätzlich vor. Im Lauf des Jahres 2018 soll die Strukturreform in allen Teilen Unterfranken abgeschlossen sein.

Zumindest das Juliusspital (jetzt: Klinikum Würzburg Mitte) bewertet die Verlagerung der Bereitschaftspraxis in Räume der Klinik durchweg positiv. „Weil leichte Fälle nicht mehr auflaufen, wird die Notaufnahme deutlich spürbar entlastet“, bestätigt Monika Huth, zuständig für Unternehmenskommunikation im Klinikum Würzburg Mitte. Zuvor seien in der Notaufnahme der Klinik auch öfter Patienten „mit einem Spreißel im Finger, mit einem banalen Husten, der Bitte um die Pille danach oder mit lediglich dem Wunsch nach Krankschreibung“ aufgetaucht, heißt es.

Bereitschaftsdienste in Unterfranken

Wo gibt es in Unterfranken (außer Würzburg) außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten ambulante ärztliche Versorgung?

Bereitschaftspraxis Erlenbach am Klinikum Erlenbach, Krankenhausstraße 41, 63906 Erlenbach am Main. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag: von 17 bis 19 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 13 und von 15 bis 19 Uhr.

Bereitschaftspraxis Kitzingen an der Klinik Kitzinger Land, Keltenstraße 67, 97318 Kitzingen. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag: von 16 bis 20 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 13 und von 16 bis 20 Uhr.

Bereitschaftspraxis Haßberge an der Klinik Haßfurt, Hofheimer Straße 69, 97437 Haßfurt. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag: von 18 bis 21 Uhr; Mittwoch, Freitag: von 16 bis 20 Uhr, Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 20 Uhr

Bereitschaftspraxis Lohr am Main am Klinikum Main-Spessart Lohr; Grafen-von-Rieneck-Straße 5, 97016 Lohr am Main. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag: von 16 bis 22 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 22 Uhr.

Bereitschaftspraxis Ochsenfurt an der Main Klinik, Am Greinberg 25, 97199 Ochsenfurt. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag: von 17 bis 19 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 12 und von 17 bis 19 Uhr.

Bereitschaftspraxen Schweinfurt am Krankenhaus St. Josef, Ludwigstraße 1, 97421 Schweinfurt. Öffnungszeiten Mittwoch, Freitag: von 16 bis 20 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 9 bis 20 Uhr.

Kinder- und Jugendärztliche Bereitschaftspraxis Main-Rhön am Leopoldina Krankenhaus, Gustav-Adolf-Straße 6-8, 97422 Schweinfurt. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag: von 16 bis 19.30 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag: von 10 bis 14 Uhr und von 15 bis 19.30 Uhr.

 
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