Überraschende Wende an der „Dauerbaustelle“ Hochhaus Augustinerstraße 9: Die neuen Besitzer wollen das seit 2005 leer stehende Baudenkmal nicht sanieren, sondern abreißen und durch eine Rekonstruktion ersetzen. Das sei eine weitaus sinnvollere Lösung als der bislang genehmigte Teilerhalt zur Sanierung, begründet Joachim Spatz, Mitbesitzer und FDP-Stadtrat, die Pläne. Der Bauantrag wurde bereits eingereicht. Am 24. März beschäftigt sich die Stadtbildkommission mit dem Vorhaben.
Neues Gebäude soll „Hans-Löffler-Haus“ heißen
Das neue Gebäude soll in Erinnerung an den Oberbürgermeister, in dessen Amtszeit das Hochhaus 1930 entstand, „Hans-Löffler-Haus“ heißen. „Nach langem Überlegen und Abwägen“ habe man sich für die Neubau-Variante entschieden, erklärt Spatz im Gespräch mit der Redaktion. Denn diese habe eine weitaus bessere „Stadtbildwirkung“ als die unter dem Vorbesitzer genehmigte Sanierungsversion. Beim Sanieren würde das Haus oberhalb des fünften Stockwerks erneuert, unter anderem mit einer nicht originalen Dachvariante. Zudem würde die geforderte Dämmung auch die Proportionen des alten Gebäudes verändern.
Die geplante Rekonstruktion dagegen „sieht so aus, wie das, was einst gebaut worden ist“, verspricht Spatz. So werde das neue Haus unter anderem das markante Kranzgesims mitsamt der Bullaugen unterm Dach tragen und Sprossenfenster haben. „Gekrönt“ wird das Gebäude laut Entwurf von einem großen Walmdach mit lichtdurchlässigen Flächen. Dadurch wächst die Höhe von derzeit 32,6 Meter (ohne Antennen-Aufbauten) auf 34,7 Meter. Die Außenfarbe soll im lachsfarbenen Ton möglichst original sein. Zudem wolle man alte Türen und die Gedenktafeln wieder integrieren.
Sanierung hätte auch nicht den Denkmal-Status bekommen
Natürlich bekomme die Rekonstruktion nicht den Status eines Denkmals, doch auch die Sanierungsvariante hätte diesen verloren, meint Spatz. Die Rekonstruktion jedenfalls sei nach Auffassung der Bauherren weitaus näher am Original als ein nur zum Teil erhaltenes und saniertes Gebäude. Auf Nachfrage erklärt Spatz, dass Abriss und Neuaufbau nicht von vorneherein geplant gewesen sei: „Das war beim Kauf noch nicht klar." Auch hätten wirtschaftliche Überlegungen beim Entscheid Erhalt oder Rekonstruktion keine Rolle gespielt.
Standpunkt: Ist Retro die Lösung?
Wie berichtet, gehört die 87 Jahre alte Immobilie der „Hans-Löffler-Haus-Augustinerstraße GmbH“. Dahinter stehen die Unternehmerfamilie Barlian als Hauptfinanzier des Hochhaus-Projektes, die Familie Seissiger sowie der Stadtrat und Unternehmensberater Joachim Spatz. Sie haben das Hochhaus sowie das Nachbargebäude Nummer 11 Ende vergangenen Jahres von der Reichenberger Informica Real Invest AG erworben. Zum Kaufpreis wie zu den geplanten Investitionen gibt es von Frank Barlian lediglich die Information: „Nicht billig.“
Nachbaranwesen als Kontapunkt zum Hochhaus
Das Nachbaranwesen Nummer 11 spielt bei den Plänen eine wichtige Rolle, es lässt das Projekt-Hochhaus zu einem großen Komplex werden. Es wird abgerissen und durch einen modernen Glas-Beton-Bau mit Flachdach ersetzt, genauso hoch wie die benachbarten Mehrfamilienhäuser. Der Bau soll bewusst einen Kontrapunkt zum historisierenden Hochhaus setzen soll. Eine umfangreiche Fassadenbegrünung soll das Stadtklima positiv beeinflussen.
Äußerlich getrennt, bilden das Hochhaus und der Nachbar-Neubau innerlich eine Einheit. In beiden Häusern ist im Erdgeschoss jeweils Gastronomie vorgesehen, darüber Praxen und überwiegend Wohnungen. Einen Teil davon will man verkaufen. Zudem gibt es Anbauten im hinteren Bereich der beiden Häuser. Beim Hochhaus sollen diese „staffelartig“ bis zur Dachkante hochgezogen werden. Zwischen den Häusern soll die Zufahrt zur zweigeschossigen Tiefgarage erfolgen.
Grundwasserfragen sind bereits geklärt
„Grundwassertechnisch“ sei alles geklärt, betont Spatz. Ein wichtiger Aspekt. Denn unter anderem wegen ungeklärter Grundwasserfragen und Nichtberücksichtigung von Belangen des Denkmal- und Ensembleschutzes kippte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2011 die Pläne für einen Neubau an gleicher Stelle. Damals sollte das alte „Ämterhochhaus“ dem modernen „Tricyan Tower“ weichen. Geklagt hatten Nachbarn mit Unterstützung des Verschönerungsvereins.
Für die aktuellen Pläne hat Spatz bislang „keinen Gegenwind“ ausgemacht, sondern eher „positive Resonanzen“. Gespräche führe man mit vielen Beteiligten, darunter Nachbarn und Denkmalschützern. Was passiert, wenn die Pläne keine Mehrheit im Stadtrat oder bei der Stadtbildkommission finden? „Das ist eine hypothetische Frage“, antwortet Spatz. „Wichtig ist, wie es ausschaut. Und da haben wir gute Argumente.“