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Bergtheim
Abwasserzweckverband Obere Pleichach kämpft weiter
Die Fischer KG fordert Ersatzzahlungen vom AZV. Bei rund einer Millionen Euro liegt die vorgeschlagene Vergleichssumme. Die AZV hat nun ihre Entscheidung getroffen.
Die Kläranlage der vier Mitgliedsgemeinden (links) und die Biogasanlage der Fischer-KG (rechts) bilden baulich eine Einheit. Der lange Bau mit dem Folientunnel in der Mitte ist für die Klärschlammtrocknung gebaut worden. Sie ist seit Jahren nicht mehr im Betrieb. Foto: Irene Konrad
| Die Kläranlage der vier Mitgliedsgemeinden (links) und die Biogasanlage der Fischer-KG (rechts) bilden baulich eine Einheit.
Irene Konrad
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:56 Uhr

Die Debatten beim Zweckverband Abwasserbeseitigung Obere Pleichach (AZV) sind oft leidenschaftlich. So war es auch in zwei Sitzungen über das Vergleichsangebot im Gerichtsstreit mit der Biogasanlagen Fischer KG. Letztlich lehnten die zwölf Verbandsräte den Vergleich mit 19:21 Stimmen knapp ab. Gegenstand des Rechtsstreits ist eine defekte Anlage zur Trocknung von Klärschlamm und die Frage, wer die dadurch entstandenen, finanziellen Einbußen zu tragen hat. 

Vergleichssumme liegt bei einer Millionen Euro

Der Vergleich ist am 18. Juli von Richterin Schömig beim Landgericht Würzburg vorgeschlagen worden. Kläger Hermann Fischer hat ihn noch im Gerichtssaal angenommen. Für den AVZ mit seinen vier Mitgliedsgemeinden Bergtheim, Hausen, Oberpleichfeld und Unterpleichfeld hatte ihn Verbandvorsitzender Bernd Schraud unter Vorbehalt mit einer Widerspruchsfrist bis zum 17. August angenommen.

Es geht um die Summe von rund einer Millionen Euro. Wenn der AZV diesen Betrag zahlt, wäre ein langer Gerichtsstreit um einen Erbbaurechtsvertrag vom Tisch. Den hatte das Unternehmen Entro als hundertprozentige Tochtergesellschaft des AZV beim Verkauf ihrer Biogasanlage an Hermann Fischer zum 1. Januar 2013 für die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen. Er endet also im Jahr 2043.

Vertrag wird von AZV als ungünstig betrachtet 

Seit Jahren wird um diesen Vertrag im AZV gestritten. Er wird inzwischen von allen Verbands- und Aufsichtsräten des AZV als "sehr, sehr ungünstig für uns" betrachtet. Unterschrieben hatte ihn der damalige AZV-Vorsitzende Fredy Arnold.

Im Dezember 2006 ist die Biogasanlage in Betrieb gegangen. Sie erzeugt neben Strom auch Wärme. Diese Wärme wurde zur Klärschlammtrocknung genutzt. Deshalb bestand Anspruch auf einen KWK-Bonus nach dem EEG-Gesetz. KWK steht für Kraft-Wärme-Kopplung. Sofern die Wärme weiterhin genutzt wird, bestünde der Bonus-Anspruch maximal bis zum Jahr 2026.

Klärschlamm kann nicht mehr getrocknet werden

Mit dem Verkauf an die Fischer KG im Jahr 2013 ist der KWK-Bonus auf den neuen Inhaber übergegangen. Die Entro GmbH verpflichtete sich, die Abwärme der Biogasanlage abzunehmen und wollte damit weiterhin Klärschlamm trocknen.

Weil die Trocknungsanlage seit 2012 nicht mehr funktioniert, steht die Entro GmbH seitdem vertraglich in der Pflicht, dem Landwirt den entgangenen KWK-Bonus in Höhe von monatlich 7 000 Euro zu zahlen. Ob sie der AZV bis zum Jahr 2026 (Ende der EEG-Laufzeit) oder 17 Jahre länger bis zum Jahr 2043 (Ende des Erbbauvertrags) zu leisten hat, ist unklar.

Fischer KG fordert Ersatzzahlungen ein

Ende Juli 2015 hat der AZV Obere Pleichach diese Zahlung eingestellt. Damals war das Ratsgremium davon ausgegangen, dass der 2012 geschlossene Erbbaurechtsvertrag schwebend unwirksam ist. Eine Anwaltskanzlei war zu diesem Urteil gekommen. Unter anderem deshalb, weil der damalige Vorsitzende Arnold den endgültigen Vertrag dem Ratsgremium nicht mehr zur Genehmigung vorgelegt hatte.

Im Juni 2017 reichte die Fischer KG Klage ein. Damals waren seit Einstellung der Zahlung im Juli 2015 gut 228.000 Euro aufgelaufen. Der Kläger stellt weiterhin die Abwärme der Biogasanlage bereit und habe damit laut Erbbaurechtsvertrag Anspruch auf Ersatzzahlungen für den entgangen KWK-Bonus.

Aus Sicht der Richterin muss AZV Verpflichtungen bis 2043 einhalten

Ein Urteil des Bundesgerichts im Jahr 2017 bestätigt, dass Bürgermeister beziehungsweise Vorsitzende von Zweckverbänden voll vertretungsberechtigt sind. Die Zustimmung eines Gremiums ist nicht erforderlich. Dieses Urteil ist für Richterin Schömig im vorliegenden Fall ausschlaggebend. Der Erbbaurechtsvertrag sei gültig geschlossen worden. In den Augen der Richterin müsse der Abwasserzweckverband bis 2043 seine Verpflichtungen einhalten.

Die Vergleichssumme von  rund einer Millionen Euro resultiert aus einer Berechnung. Es ist die Hälfte der Summe, die aufgrund der Boni-Ausgleichszahlungen bis zum Ende der Erbpacht zusammen kommen würde. Das Gericht errechnete dafür 2,15 Millionen Euro.

Verbandsräte hoffen auf Ausweg 

Nachdem der Vergleich nun nicht zustande kommt, wird es am 26. September eine Urteilsverkündung geben. Verbandsvorsitzender Schraud ist davon überzeugt, dass Richterin Schömig den AZV auf die monatliche Zahlung des entgangenen KWK-Bonus verpflichten wird. Sie habe diese Richtung ihrer Entscheidung deutlich erkennen lassen.

Obwohl die Hälfte der Verbandsräte den Vergleich angenommen und gern einen Schlussstrich gezogen hätte, überwiegte knapp die Meinung, dass noch manches möglich ist. Vielleicht kann die Wärme doch noch genutzt werden? Vielleicht reduziert sich nach einer anwaltlichen Prüfung die Höhe der monatlichen Schadensersatzzahlungen? Vielleicht gibt es in den nächsten 25 Jahren weitere EEG-Gesetze vom Staat?

"Wir hätten mit der Zustimmung zum Vergleich unsere Flexibilität aufgegeben", begründet Christoph Hammer sein Nein. Nie und nimmer hätten sie da zustimmen können, sind sich Alois Fischer und Heiko Schneider aus Unterpleichfeld einig. Sie hätten sonst den Erbbauvertrag mit all seinen Nachteilen für den AZV legitimiert und so "die Herrschaften reingewaschen, die uns diesen Vertrag eingebrockt haben".

 
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