
Wie viele Nächte er in den vergangenen 18 Jahren im Tourbus verbracht hat, vermag er gar nicht zu sagen. Die Erinnerung daran ist jedenfalls eine tolle, sagt der Würzburger Bassist Michael Ende bei einem Gespräch mit dieser Redaktion. "Wir sind als Band zusammengewachsen und teilen viele Erlebnisse", erklärt er.
Zu den Höhepunkten mit der Letzten Instanz gehören Konzerte auf großen Festivalbühnen wie Wacken, Mera Luna und Summerbreeze. Auch die Touren in Russland und China bleiben Michael Ende in bester Erinnerung, "ich glaube für die Chinesen waren wir einfach total außergewöhnlich und das zog sie an", sagt er und grinst. Was die russischen Fans angeht: "Sie waren super aufgeschlossen und nett. Die Situation mit dem Ukrainekrieg finde ich derzeit ganz schlimm. Ich weiß, dass gerade viele junge russische Leute nicht dahinter stehen."
Songs wie "Der Garten", "Flucht ins Glück" oder "Wir sind eins" gehören zu den größten Hits der Letzten Instanz. 2016 landete ihr Album "Liebe im Krieg" sogar auf Platz vier der Albumcharts. „Wir kommen aus einer Subkultur, sind viel in der Gothic-Szene unterwegs, deshalb wird man im Radio sonst kaum gespielt“, so der Bassist. Umso toller dieser Erfolg.

Viele Nachrichten von treuen Fans zum Abschied
Doch nun will sich der gebürtige Oberfranke, der seit über zwei Jahrzehnten in Würzburg lebt, seiner eigenen Musik widmen und verlässt die Letzte Instanz. Zum Leidwesen vieler treuer Fans, wie er schildert: "Ich habe viele Nachrichten auf Social Media bekommen, das ist natürlich auch eine schöne Bestätigung für die vergangenen Jahre." Natürlich sei die Entscheidung auch mit Wehmut verbunden, "aber ich freue mich sehr auf das, was kommt".
Mit dem Duo Inverted, gemeinsam mit Schlagzeuger Andy Horst, hatte er schon in den vergangenen Jahren andere Wege betreten und Erfolg gehabt: 2018 kam Michael Ende beim Deutschen Rock- und Pop-Preis in Siegen in der Sonderkategorie "Bester Bassist" mit Inverted auf Platz eins, zudem wurde Inverted als Fusionband mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. „Eine schöne Anerkennung, die uns bestärkt, unsere musikalische Vision weiter zu verfolgen“, sagte er damals.
Nun aber möchte der Bassist einfach als Michael Ende ("Wenn ich schon diesen tollen Namen habe.") musikalisch und kreativ sein ganz eigenes Ding machen, "auch wenn ich weiß, dass ich jetzt wieder recht weit unten anfange".
Hat Corona mit der Entscheidung zu tun?
Ob Corona mit der Entscheidung zu tun hat? "Ein bisschen vielleicht schon", sagt er. Die Corona-Zeit habe ihn als Bassisten schwer getroffen, "von etwa 30 Live-Auftritten mit der Letzten Instanz und Inverted haben genau vier stattgefunden". Durch seine feste Teilzeit-Stelle als Coach beim Verband für Christliche Popularmusik und als Lehrbeauftragter an der Hochschule in Ansbach sei er zum Glück nicht ganz so hart getroffen worden wie manch anderer Musiker-Kollege.

Zugute kam ihm auch das eigene Tonstudio, "denn es kamen einige Aufträge für Produktionen herein". So arbeitete der 51-Jährige beispielsweise für Künstler wie Orange Blue, Leo Sayer, die Nürnberger und Hofer Symphoniker. Die Corona-Zeit nutzte er auch, um an neuen, eigenen Projekten zu arbeiten.
Da entstand zum Beispiel sein Disinfection-Funk - sein Corona-Song -, für den viele Alltagsgeräusche zum Einsatz kamen, wie zum Beispiel das Sprühgeräusch einer Desinfektionsflasche. In andere Kompositionen hat er eine röhrende Kaffeemaschine oder das Fließen des Wassers aus dem Hahn beim Hände waschen eingearbeitet: "Ich bin neugierig, was man mit diesen Geräuschen für Beats und Rhythmen auf die Beine stellen kann."
Mit offeneren Augen durch die Welt
Seitdem, meint Michael Ende, gehe er mit offeneren Augen durch die Welt und "mir fallen Geräusche auf, die ich vorher gar nicht wahrgenommen habe". Durch seinen kleinen Sohn sei er auch darauf gekommen, "wie gut dass Fallen eines Lego-Turms klingt". Jedenfalls, so kündigt Ende an, sollen seine elektronischen Kompositionen funkig werden und nicht zu vergessen "den Bass als Instrument in Szene setzen".
Das neue Stück "On a funkalactical journey" - zu hören auf YouTube - geht jedenfalls sofort ins Ohr, funkig und groovig, und zeigt im Video einen Michael Ende, der den Rhythmus der Bassdrum mit dem Basketball dribbelt. "Wenn du Basspieler wie Marcus Miller, Charles Berthaud oder Stanley Clarke magst und elektronische Beats, dann ist das die perfekte Musik für dich", hat Ende auf Englisch unter das Video getextet.
Der Bass, zu dem Michael Ende als Jugendlicher mehr zufällig seine Liebe entdeckte, sei noch immer -im Vergleich zur Gitarre, dem Klavier oder dem Schlagzeug - ein verkanntes Solo-Instrument, erklärt er. "Dabei steckt in ihm so viel Geniales drin und genau das möchte ich herausholen und zeigen." Vielleicht, so der Musiker, der früher mal Religionspädagogik studierte, werde er auch mal eine Zeile singen, "aber im Wesentlichen sind es instrumentale Stücke, die eine Geschichte erzählen".

Noch in diesem Jahr soll es ein eigenes Album mit den neuen Kreationen geben und der Musiker und Produzent hofft, damit auch bald auf die Bühne zu kommen. "Auf der Bühne bin ich eine Rampensau und das fehlt mir seit dem Abschied von der Letzten Instanz schon", gibt er offen zu.
Bühnenluft schnuppert er dennoch - im Moment als Gastmusiker, wenn er als Bassist in eine bestehende Formation für ein Konzert dazu gebucht wird. Derzeit zum Beispiel bei den Nürnberger Symphonikern. "Auch das ist eine spannende Arbeit, weil ich mich immer wieder in kurzer Zeit in neue Stücke einarbeiten muss."
Die Letzte Instanz wird für Michael Ende trotz Abnabelung und neuer Wege präsent bleiben, "es sind intensive Freundschaften entstanden und mit Sicherheit werde ich auch mal einfach als Besucher auf ein Konzert gehen und die Stimmung genießen", sagt er. Da werden sich seine Fans bestimmt freuen.
Aktuelle News gibt es auf der Homepage des Musikers: www.michael-ende.com
