Nach drei Monaten ist nun Schluss, mit dem Monatswechsel gibt es kein 9-Euro-Ticket mehr. Ab September gelten so im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr wieder die alten Preise. Während sich viele Menschen über überfüllte Bahnsteige und Züge beschwerten, waren auch viele froh über das kostengünstige Angebot, quer durch Deutschland reisen zu können. Auch an den Bahnhöfen in und um Würzburg wurde das Ticket fleißig genutzt. Ein Stimmungsbild.
Prof. Oliver Bertsche (47) aus Würzburg hat teils gute, teils regelrecht abenteuerliche Erfahrungen mit dem Ticket gemacht
"Ich war oft mit dem 9-Euro-Ticket unterwegs. Auf den kurzen Strecken nach Bad Kissingen, Bamberg oder Kulmbach lief das immer relativ problemlos, da waren die Züge pünktlich, auch wenn sie alle voll waren. Die Fahrt nach Salzburg und zurück würde ich so nie wieder machen. Das hat an einem Mittwoch hin sechs Stunden und am Sonntag zurück fünf Stunden gedauert, und das war, sagen wir mal, sehr abenteuerlich. Ich musste in Ingolstadt und München umsteigen, da herrschten unglaubliche Zustände auf den Bahnsteigen. Das Bahnpersonal war total überfordert. In Ingolstadt war der Bahnsteig so voll, dass man kaum aus dem Zug aussteigen konnte. Auf der Rückfahrt habe ich gesehen, dass das dort wohl die Regel war. Das hat zu fast panikartigen Zuständen auf dem Bahnsteig geführt, weil nichts mehr vorwärts ging. Und auch die Rückfahrt war sehr abenteuerlich. Das waren schlimme Bilder in München, weil es für den Zug beim Umsteigen eine kurzfristige Gleisänderung gab. Da sind hunderte Menschen mit Gepäck losgestürmt. Und jeder war sich nur noch selbst der Nächste. Solche Bilder habe ich noch nie gesehen."
Mike Protasiuk (32), Hotelfachmann aus Würzburg, würde das Ticket nur noch für den Nahverkehr nutzen, nicht mehr für die Bahn
"Ich habe das Ticket sehr viel im Nahverkehr, also in der Stadt für Straßenbahn und Bus genutzt. Das hat gut funktioniert und war in Ordnung, einfach ein- und aussteigen, und man musste sich um nichts kümmern. Zugverkehr war kritisch. Wir sind nach Stuttgart gefahren, da kam der Zug hier in Würzburg schon so voll an, dass der Zugführer uns nicht mehr mitnehmen wollte. Der hat uns direkt angeschrien: Kein Zustieg mehr, da kommt mir keiner mehr rein. Dann hat er im Zug aber einen gesehen, der sein Fahrrad dabei hatte, und den hat er wieder rausgeworfen, weil der Fahrradtransport im 9-Euro Ticket nicht inbegriffen war. Dann war doch noch Platz für uns, allerdings haben wir uns im Zug gestapelt und wir waren ewig unterwegs, weil die Türen nie zugingen. Wir standen immer wieder. Für den Nahverkehr würde ich das Ticket nutzen, aber solange sich bei der Bahn nichts ändert, würde ich nicht mehr damit mit der Bahn fahren. Zurück sind wir dann auch mit dem ICE gefahren."
Volker Reuß (73), Rentner aus Ochsenfurt-Tückelhausen, hat das 9-Euro-Ticket gemeinsam mit seiner Frau Lisa und Freunden in vollen Zügen ausgekostet
"Wir waren von Anfang an jede Woche einmal unterwegs, jetzt in dieser Woche fahren wir sogar dreimal. Frankfurt, Bamberg, Bayreuth München, Regensburg, Nürnberg, Erfurt... – wir haben unsere Heimat besser kennengelernt und sind dahin gekommen, wo wir sonst vielleicht nicht hingefahren wären. Wir haben auch immer einen Sitzplatz gekriegt, manchmal in der ersten Klasse. Einmal hat uns der Schaffner wieder rausgeschickt. Es war eine super Idee. Wenn das Ticket 29 oder 49 Euro kosten würde, würden wir auch fahren, vielleicht nicht jeden Monat. Wir gehen ja nicht mehr zur Arbeit, aber wir würden auch jederzeit nach Würzburg mit dem Bus oder dem Zug fahren. Allerdings fahren in Tückelhausen, wo wir wohnen, nicht viele Busse. Wir müssten also trotzdem mit dem Auto zum Bahnhof.
Pia Brenner (21), Studentin aus Würzburg, ist traurig, dass das Angebot ab September wegfällt
"Bei mir hat sich das 9-Euro-Ticket wirklich gelohnt. Als Studentin musste ich auch keine Extrasumme zahlen, da die Universität es mit dem Semesterbeitrag verrechnet hat. Ich komme ursprünglich nicht aus Würzburg, weshalb ich öfter nach Hause zu meiner Familie nach Baden-Württemberg fahre. Normalerweise zahle ich für eine Fahrt mit dem BW-Ticket-Young 21 Euro. An einem Wochenende bin ich beispielsweise vier Mal Zug gefahren und ohne das 9-Euro-Ticket hätte ich an den drei Tagen insgesamt über 60 Euro gezahlt. Die meisten Studierenden haben ohnehin nicht viel Geld, somit haben wir schon von dem Angebot profitiert. Ich bin sehr traurig darüber, dass das Ticket ab September wieder wegfällt. Hoffentlich wird ein anderes äquivalentes Angebot kommen."
Johanna Martin (20), Barista aus Pennsylvania, hat Deutschland erkundet
"Ich habe das 9-Euro-Ticket viel genutzt. Ich bin nach Berlin gefahren, nach Erfurt, nach Köln, um meine Cousins und Freunde zu besuchen. Ich wohne diesen Sommer in Nürnberg bei meiner Tante. Das 9-Euro-Ticket habe ich jeden Monat gekauft. Ich hatte keine hohen Erwartungen, also war es total okay, dass ich oft stehen musste, dass die Züge so voll waren. Aber ich könnte es verstehen, dass es ärgerlich wäre, wenn man den Zug zur Arbeit oder Schule nimmt und es so voll ist. Für mich war es perfekt, weil ich nur im Juni, Juli und August hier war. Ich hätte die Reisen zu Freunden auch ohne 9-Euro-Ticket gemacht. Aber heute bin ich einfach nach Frankfurt gefahren, um die Stadt zu sehen. Das hätte ich ohne das 9-Euro-Ticket nicht gemacht. Gerade warte ich auf den nächsten Zug nach Nürnberg. Aber vielleicht schaue ich mir noch Würzburg an. Ich bin gerne spontan. Das ist auch das Gute am 9-Euro-Ticket: Es erlaubt mir, spontan zu sein."
Edith Gunkel (73), Rentnerin aus Ückeritz an der Ostsee, hat das 9-Euro-Ticket zum Reisen genutzt
"Ich habe das 9-Euro-Ticket von der Ostsee nach Würzburg benutzt, von Würzburg nach Heilbronn, von Heilbronn nach Stuttgart und dann in Stuttgart ummi-dummi, das ist schwäbisch. Jetzt fahre ich wieder zurück. Würzburg ist Zwischenstation, damit ich nicht so lang unterwegs bin. Das ist ein bisschen viel, 1000 Kilometer. Jetzt gehe ich noch ein bisschen bummeln, dann übernachte ich bei einer Freundin und dann geht's weiter. Ich hatte keine schlechten Erlebnisse. Man sollte alles so nehmen, wie es kommt, dann wird es nämlich gut. Ich finde das 9-Euro-Ticket für uns Rentner sehr gut. Man weiß nicht, wie oft man die Gelegenheit bekommt, einen Menschen noch zu sehen. So kann man sich nochmal austauschen. Das gibt tolle Erlebnisse und die Straßenbahn wird zum Kommunikationspunkt. Unterwegs habe ich eine Frau aus Heilbronn kennengelernt. Bei der durfte ich jetzt spontan übernachten. Das war so ein genussvoller Tag. Wir haben so viele Verbindungen gefunden, das ist die Spontaneität wert. 29 Euro für so ein Ticket wäre ganz angenehm. Das Geld liegt nicht mehr auf der Straße."
Tobias Scheder (18), FSJler aus Höchberg, würde ein vergleichbares Ticket auch in Zukunft gerne nutzen
"Meine Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket waren hauptsächlich positive. Meine längste Reise mit dem Ticket war von Würzburg über Berlin zur Müritz an der Mecklenburgischen Seenplatte und zurück. Das sind rund 650 Kilometer und ich habe zwischen acht und zehn Stunden gebraucht. Auf dem Weg waren die Züge meist leer und klimatisiert, was im Hochsommer natürlich besonders wichtig ist. Lediglich in und um Berlin wurden die Züge allmählich voller, sodass ich hier zeitweise ohne Sitzplatz auskommen musste. Auch die vermeintlich längeren Fahrtzeiten der Regionalbahnen im Vergleich zum Fernverkehr habe ich während der Reise nicht als besonders störend oder schlimm empfunden. Und auch die vermehrten Umstiege waren kein allzu großes Hindernis. Pünktlich waren die Züge zwar nicht immer, den Anschlusszug habe ich trotzdem meist erreicht. Generell war ich mit dem 9-Euro-Ticket sehr zufrieden, da es den Zugang zum ÖPNV vor allem auch bei tarifzonenübergreifenden Reisen und Fahrten sehr erleichtert und vereinfacht hat. Sollte es etwas Vergleichbares auch in Zukunft weiterhin geben, wäre eine Reise mit dem ÖPNV definitiv eine gute und kostengünstige Alternative zum Auto."
Mich stört jedoch, dass manch einer die Verschwendung von Steuergeldern für das neun-Euro-Ticket beschimpft, wenn es für „touristische“ Fahrten genutzt wurde.
Ich möchte vergleichsweise gerne wissen, wieviele Euro vom Steuerzahler hätten gespart werden können, wenn man den Tankrabatt eingespart hätte. Oder hätte der Tankrabatt auch nur an Pendler oder für ähnlich „sinnvolle“ Aktivitäten gezahlt werden sollen?
Sicher hat während der Pfingstferien und Sommerferien der ein oder andere Urlauber und Ausflügler davon profitiert.
Es sollten Berufspendler entlastet und der ein oder andere Berufspendler den ÖPNV schmackhaft gemacht werden. Was ist daraus geworden? Ein Freizeit und Urlaubsticket und genervte Berufspendler die auf das Auto umgestiegen sind.
Der einfachste weg wäre gewesen wenn die Regierung einfach die Pendlerpauschale erhöht hätte.
Für mich wäre es für Berufspendler , Studenten und Schüler und solche welche es wirklich
benötigen sinnvoll gewesen . Aber nicht das jeder Urlaub auf Kosten der Allgemeinheit macht und das auch noch zu diesen stark verbilligten Preis. Und sich dann noch über
volle Züge usw. beschwert . Man kann sicherlich für Normal - Reisende in Deutschland ein
Ticket für Bahn , Bus und ÖPNV zum Sonderpreis monatlich machen , aber bitte nicht
für 9 € .
Treten Sie doch an die Flugreisenden heran. Immerhin verursacht die Fliegerei (die ich selbst manchmal betreibe) Umweltschäden für die die Weltgemeinschaft aufkommen muss. Oder prangern Sie doch die Touris an, die so viel Wasser verbrauchen und Müll produzieren, das die Kapazitäten mehr als ausgeschöpft sind.