Mehr als 16.000 Menschen waren Ende des Jahres 2015 in Unterfranken in staatlichen Unterkünften für Asylbewerber untergebracht. Das waren sechs Mal so viele wie noch zwei Jahre zuvor. Die Schutzsuchenden mussten nicht nur kurzfristig versorgt, sondern viele von ihnen auch langfristig in unsere Gesellschaft, ins Schulsystem und den Arbeitsmarkt integriert werden. "Wir schaffen das" - hat sich das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel bewahrheitet? Wir haben Menschen aus Unterfranken gefragt. Geflüchtete und Einheimische sagen fünf Jahre später, was in den verschiedenen Bereichen gut und was schlecht lief, was die größten Herausforderungen waren - und was ihre Wünsche für die Zukunft sind. Alle Interview finden Sie hier.
Was ein Richter sagt
Jürgen Reiher, 56 Jahre, ist Jugendrichter und Leiter der Strafabteilung am Amtsgericht Würzburg.
Wesentlicher Faktor dürften gruppendynamische Prozesse unter mehrheitlich männlichen Geflüchteten sein, denen es aufgrund schwieriger sozialer Umstände an einer geregelten Alltagsstruktur (häufig mangels Arbeitserlaubnis) mit positiven Zukunftsaussichten fehlt. In manchen Fällen wird diese Situation zusätzlich durch Konsum von Alkohol und Betäubungsmitteln sowie durch Gewalterfahrungen während der Flucht verschärft.
Als unabhängige neutrale Richter enthalten wir uns politischer Bewertungen.
Wünschenswert wäre, dass sich junge Flüchtlinge mehr auf die Hilfen zur Erziehung nach dem Kinder- und Jugendschutzgesetz durch die Jugendämter einließen. Die Jugendgerichtshilfe der Jugendämter arbeitet mit den Jugendrichtern der Gerichte in der Region vorbildlich zusammen, es könnten individuelle Hilfepläne erstellt werden, bevor weitere Straftaten begangen werden.
Was eine Geflüchtete sagt
Ola Khsara, 24 Jahre, geboren in Syrien, ist Studentin der Humanmedizin in Würzburg. Sie ist als Dolmetscherin beim BAMF und Integrationshelferin bei der Diakonie in Würzburg tätig.
Wenn Jugendliche ohne ihre Eltern hier ankommen und ihnen die Erziehung ihrer Eltern fehlt, machen einige Dummheiten. Viele Geflüchtete leiden außerdem unter der Unklarheit. Sie wissen nicht, ob sie in ihr Heimatland abgeschoben werden. Psychische Erkrankungen, Traumata, das, was sie in ihrem Heimatland und auf ihrer Flucht erlebt haben, spielt eine Rolle. Wenn dann noch verschiedene Nationalitäten auf engstem Raum in einer Unterkunft zusammenleben, kann es zu Konflikten kommen.
Für mich bedeutet es, dass wir zusammen leben und zusammenarbeiten, damit wir beide - Deutsche und Ausländer - alle Hürden und Herausforderungen gemeinsam überwinden.
Ein sicheres Leben. Eine sichere Arbeitsstelle. Und eine Gesellschaft, in der Integration gelingt.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article214574120/Gewalttaten-Deutsche-haeufiger-Opfer-von-Asylzuwanderern-als-umgekehrt.html