Mehr als 16.000 Menschen waren Ende des Jahres 2015 in Unterfranken in staatlichen Unterkünften für Asylbewerber untergebracht. Das waren sechs Mal so viele wie noch zwei Jahre zuvor. Die Schutzsuchenden mussten nicht nur kurzfristig versorgt, sondern viele von ihnen auch langfristig in unsere Gesellschaft, ins Schulsystem und den Arbeitsmarkt integriert werden. "Wir schaffen das" - hat sich das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel bewahrheitet? Wir haben Menschen aus Unterfranken gefragt. Geflüchtete und Einheimische sagen fünf Jahre später, was in den verschiedenen Bereichen gut und was schlecht lief, was die größten Herausforderungen waren - und was ihre Wünsche für die Zukunft sind. Alle Interview finden Sie hier.
Was eine Ehrenamtliche sagt
Martina Edelmann, 59 Jahre, Kulturreferentin der Gemeinde Veitshöchheim (Lkr. Würzburg), ist seit Oktober 2015 Ehrenamtskoordinatorin von "Veitshöchheim hilft" und Ansprechpartnerin für anfangs 150 Ehrenamtliche und 400 Geflüchtete in der Notunterkunft.
Als die ersten Busse mit Geflüchteten, einige Tage früher als gemeldet, an der Notunterkunft eintrafen, war diese noch nicht fertig eingerichtet. Vieles funktionierte noch nicht. Anfangs fehlte es an allem, von Windeln bis zum fließenden Wasser. Es war chaotisch. So war klar, dass sofort ehrenamtliche Hilfe nötig war. Allerdings musste diese mit den Unterkunftsverantwortlichen abgestimmt und koordiniert werden. Es ist uns gelungen, für die über 400 Menschen, die in „unserer NUK“ wohnten, ein kleines Stückchen neue Heimat zu schaffen. Die guten Kontakte zu den Ehemaligen bestätigen dies.
Ein richtiger und wichtiger Satz im richtigen Moment ausgesprochen.
Kritische Offenheit, Respekt und Verständnis – von allen und für alle.
Was eine Geflüchtete sagt
Tamam Ali, 43 Jahre, stammt aus aus Syrien. Ihre beiden Kinder, 16 und 20 Jahre alt, und ihr Mann kamen 2017 per Familiennachzug nach Deutschland. Ihr Mann arbeitete vor ihrer Flucht als Ingenieur, zeitweise auch in Deutschland. Nun sucht er immer noch einen Job. Alis 80-jährige Mutter ist noch in Syrien.
Die größte Herausforderung für mich - und ich denke auch für alle anderen - ist, die Sprache und neue Kultur zu lernen.
90 Prozent meiner Bekannten (Flüchtlinge) haben entweder eine Arbeit, eine Ausbildung oder ein Studium hier in Deutschland oder sie lernen noch die deutsche Sprache. Ich finde, das ist schon ein Erfolg. Ich denke, dass diese Aussage fast verwirklicht wurde.
Ich wünsche mir, dass mein Sohn und meine Töchter eine Zulassung bekommen, um an der Uni zu studieren und mein Mann in seinem Bereich als Ingenieur arbeiten darf. Ich wünsche mir, hier in Deutschland leben zu können und irgendwann Syrien ohne Angst besuchen zu können.