
Die Freien Turner Würzburg (FTW) sind ein Verein mit Geschichte. In den letzten 125 Jahren kämpften sich die Freien Turner durch etliche Höhen und Tiefen - und stehen bis heute für "Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und verurteilen jegliche Diskriminierung entschlossen", wie der Wertekanon ganz oben auf der Vereinshomepage informiert. "Bei uns sind alle Menschen willkommen - nur diejenigen nicht, die die Werte unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht leben."
1899 wurde der Verein gegründet und Teil der Würzburger Sportlandschaft. Eine breite Palette vielfältigster Sportangebote für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Bildungshintergrund haben sich im Laufe der Zeit entwickelt und auch für ausgefallene Sportarten wie Ultimate Frisbee hat der Verein offene Strukturen.
Ursprünglich entstanden die Freien Turner deutschlandweit durch eine Arbeiter- und Handwerkerbewegung, die sich mit den Ansichten der "Deutschen Turnerschaft", die Sport als "militärische Ausbildung und Wehrertüchtigung" verstanden, nicht mehr identifizieren konnten.

Die Freien Turner machten sich nach ihrer Gründung für sportliche Verbindungen stark, nahmen an Turnieren teil und organisierten Verbandsspiele. Außerdem bekamen sie eine Wiese in der Mergentheimer Straße, auf der sie in Eigenleistung ein Sportheim und einen Sportplatz bauten. Beides wurde 1931 eingeweiht.
Unter den Nazis enteignet und aufgelöst
Doch die Zeiten änderten sich: Mit der Machtergreifung Adolf Hitlers wurden die FTW als "marxistische Organisation" gekennzeichnet, enteignet und aufgelöst. Auch dass sich vor allem Mitglieder der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Verein engagierten, trug zum Verbot des Vereins bei. Der Vorsitzende Josef Oestreicher wurde in "Schutzhaft" genommen und der Sportplatz sowie das Vereinsheim von der Hitlerjugend besetzt.
Nach der Eroberung Würzburgs durch die amerikanischen Truppen 1945 brannte das Vereinsheim durch eine Benzinexplosion vollständig aus. Ein Jahr später, am 11. Mai 1946, gründete sich der Verein nach 13 Jahren Verbot in einer Grombühler Gaststätte neu. Den Vorstandsvorsitz übernahm erneut Josef Oestreicher, die Satzung von 1912 wurde ebenfalls wieder aufgenommen und mit neuer Kraft starteten die Freien Turner im Würzburg der Nachkriegszeit.

Das Vereinsleben wurde vielfältiger: Fußball, Radrennen, Gewichtheben und Ringen standen in dieser Zeit auf dem Trainingsplan. Sogar bei einem Rennen vom ADAC, an dem Kleinstrennwagen mit 100-ccm-Sachs-Motoren von Kindern über die Aschenbahn sausen, nahmen die Freien Turner teil. Die amerikanische Militärregierung und der Stadtrat behielten sich Einsicht in die Akten vor, und 1952 gestand die Ehefrau eines früheren SS-Truppführers, ihr Mann hätte schon seit vielen Jahren eine Vereinsfahne der FTW, die er schließlich dem Verein zurückgab.
Wolfgang Conrad wird erster unterfränkischer Tischtennis-Meister der FTW
Jahr um Jahr prägten neue Ereignisse das Leben dieses vielfältigen Vereins. Tischtennisabteilungen wurden gegründet, immer wieder kämpfte der Verein mit sinkenden Mitgliederzahlen, konnte aber auch Siege verbuchen wie etwa 1968 bei der Bayerischen Meisterschaft im Gewichtheben oder 1978, als Wolfgang Conrad der erste unterfränkische Tischtennis-Meister der FTW wurde.
Von Geldnöten und Renovierungsarbeiten, Niederlagen, aber auch Aufstiege in höhere Ligen, neu gegründeten Abteilungen wie der Electronic-Dart-Abteilung, Einbrüchen, dem Sponsoring durch Beate Uhse, dem seit 1983 stattfindenden "Vatertagsturnier" und plötzlich steigenden Mitgliederzahlen: die Geschichte der FTW war und ist stets vielfältig, bunt und voller Überraschungen.

Anfang der 2000er waren die Mitgliederzahlen niedrig, die Schulden hoch – es war Zeit für neuen Wind. Und den brachte der am 3. Juni 2007 gewählte Vorstand mit: Markus Schüll (Erster Vorstand) und Burkard Pechtl (Zweiter Vorstand) sind seitdem im Amt. Sie seien keine "Hüter des Gesetzes" und "reden den Abteilungen null rein", denn die Abteilungen "wissen selber am besten, wie sie sich organisieren wollen und was sie brauchen", sagt Burkard Pechtl heute. "Dass das Vereinsheim immer offen ist", meint Schüll, sei ein wichtiger Teil eines gemeinschaftlichen und verbindenden Vereinslebens.
Das gibt es bis heute, zudem hat der Vorstand den Mitgliedern Raum gegeben, sich auszuleben: Über Frauen-Lacrosse und Taekwondo, Flag Football und Ultimate Frisbee, American Football und Pilates, Aikido und Basketball, ein Integrationsprojekt "Sport ohne Grenzen", das den BFV-Sonderpreis erhielt, Kinderturnen und eine Frauentanzgruppe – die Angebote des FTW sind bis heute vielfältig.