Würzburg sieht rot. Das kommt zwar ab und an vor, wenn ein Aufregerthema die Bürger erzürnt. Doch wer an diesem Freitag etwas Rotes im Stadtbild entdeckt, soll sich nicht aufregen, sondern mitfeiern. Vor genau 110 Jahren, am 17. November 1907, gründete sich der FC Würzburger Kickers. Und aus diesem Anlass starten die Rothosen die Aktionswochen „Würzburg sieht rot“.
In denen ist unter anderem Vereinsmaskottchen „Kalle vom Dalle“ in der Stadt unterwegs. Und diesen Freitag werden 110 Eintrittskarten bei „Guerilla-Aktionen“ verteilt. Mehr verrät Sprecher Fabian Frühwirth nicht, aber die Kickers waren schon immer für Überraschungen gut.
Das zeigt allein ein Blick in die jüngere Vergangenheit, die zweifelsohne zu den bewegteren Zeiten in der Vereinsgeschichte zählt: 2015 gab's unerwartet gleich im ersten Anlauf den Aufstieg in die Dritte Liga und den Profifußball – und ein Jahr später die noch größere Überraschung mit dem Aufstieg in die Zweite Liga, was bekanntlich mit einer bösen Überraschung endete.
Nach einer überragenden Vorrunde (Platz sechs) und auf Augenhöhe mit zahlreichen Ex-Bundesligisten gelang den Kickern vom Dallenberg in der Rückrunde kein einziger Sieg mehr. Offensichtlich hatten sie sich den Standardspruch von Aufstiegswunder-Macher-Trainer Bernd Hollerbach „Wir wissen, wo wir herkommen“ zu sehr zu Herzen genommen. Sie landeten wieder in der Dritten Liga, in der sie derzeit gegen einen weiteren Abstieg spielen. Das allerdings noch immer vor relativ großer Fankulisse mit durchschnittlich über 5200 Zuschauern pro Heimspiel.
„Profifußball in Würzburg nur mit einem neuen Stadion.“
Und selbst bei ihrer Zukunftsplanung sind die Kickers für eine Überraschung gut: Nachdem monatelang der Ausbau der Flyeralarm Arena zur Diskussion stand und die Stadt die Pläne samt Beteiligung an einer Stadiongesellschaft vorantrieb, verkündete der Verein im März dieses Jahres, das vor 50 Jahren bezogene Stadion am Dallenberg zu verlassen und ein neues für etwa 20 000 Zuschauer zu bauen. Ungeachtet der bislang bescheidenen Saisonbilanz ist dieser Plan weiterhin aktuell.
Das bekräftigt Vereinschef Daniel Sauer gegenüber der Redaktion: „Fakt ist, dass Profifußball in Würzburg nur dann bundesweit dauerhaft auf Augenhöhe konkurrieren kann, wenn es ein neues Stadion gibt.“ Man verfolge das Vorhaben Stadionneubau weiter – „ungeachtet sportlicher Momentaufnahmen“.
„Wir sind dabei, die Grundlagen zu schaffen, um mittelfristig Lösungsansätze aufzuzeigen, wie solch ein Stadion, das einen Mehrwert für die ganze Region bietet, realisiert werden kann“, sagt Sauer. Das Stadion – geschätzte Kosten etwa 36 Millionen Euro – will der Verein selbst bauen. Wie er das finanzieren will, darüber hat er sich bislang nicht geäußert. Unter der Hand ist von einem Beteiligungsmodell zu hören. Für die nötige Infrastruktur will die Stadt aufkommen, die auch die laufende Standortsuche für ein neues Stadion in die Hand genommen hat. Damit beschäftigt sich derzeit ein Frankfurter Planungsbüro.
Fußball am Dallenberg ist Männersache
Ob das neue Stadion beim nächsten großen Kickers-Jubiläum im Jahr 2032 steht, wird sich weisen. Und was wünscht sich Vereinschef Sauer fürs 125-jährige Bestehen der Rothosen? Dass sie dann in der Bundesliga spielen? Seine Antwort: „Dass sich der Verein strukturell weiterentwickelt hat, sich die Würzburger Kickers im deutschen Profifußball etabliert haben und im Nachwuchsbereich nachhaltig etwas entstanden ist, wovon die ganze Region profitiert."
Vielleicht gibt's dann eine weitere Überraschung und Fußball ist bei den Kickers nicht allein Männersache. Zum 100-jährigen Jubiläum gab's zwar erstmals in der Vereinsgeschichte eine Frauenmannschaft. Doch diese ist schon wieder Geschichte. Nach Aussage von Sprecher Frühwirth habe man im vergangenen Sommer zwar nochmals einen Aufruf gestartet, doch das Interesse spielfreudiger Frauen hielt sich in Grenzen. Zur Meldung eines Teams für den Spielbetrieb hat es nicht gereicht.