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Würzburg
100 Jahre Frauen in der Politik
Zu einem etwas anderen Neujahrsempfang luden die AWF-Frauen ins Würzburger Rathaus. Mit Musik und Tanz repräsentierten sie zehn beeindruckende Politikerinnen.
Beim Neujahrsempfang der Arbeitsgemeinschaft Würzburg Frauen und Frauenorganisationen e.V. (AWF) im Würzburger Ratssaal schlüpften zehn Politikerinnen in die Rollen von Katharina von Kardorff-Oheimb, Marie Juchacz, Elisabeth Selbert, Hildegard Hamm-Brücher, Margot Honecker, Ulrike Meinhof, Petra Kelly, Angela Merkel, Sara Wagenknecht und  Ekin Deligöz.
Foto: Daniel Peter | Beim Neujahrsempfang der Arbeitsgemeinschaft Würzburg Frauen und Frauenorganisationen e.V. (AWF) im Würzburger Ratssaal schlüpften zehn Politikerinnen in die Rollen von Katharina von Kardorff-Oheimb, Marie Juchacz, ...
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:21 Uhr

Bunt und kurzweilig würde es im Ratssaal werden - also dort, wo es sonst oft um kommunale Politik geht, versprachen die Frauen der Arbeitsgemeinschaft Würzburg Frauen und Frauenorganisationen e.V. (AWF). Sie hatten nicht zu viel versprochen. Die Revue "10 aus 100" sorgte am Samstag für tosenden Applaus und Standing Ovations. Zu Recht. Die Politikerinnen-Show war mittels Videos, Musik von Yvonne Guillon und Tänzen von Lisa Kuttner und Bettina Schmitz nicht nur sinnlich, sondern spannend und durchdacht.

Die vergangenen 100 Jahre brachten etliche politisch aktive Frauen hervor. Streitbare Frauen. Unbeugsame Frauen. Provokateurinnen, die für gesellschaftliche Schocks sorgten. Wen sucht man aus, um "100 Jahre Frauenwahlrecht" zu repräsentieren? Die Frauen der AWF erarbeiteten ein stimmiges Konzept. In (fast) jeder Partei fanden sie eine bemerkenswerte Politikerin - von Hildegard Hamm-Brücher (FDP) bis zu Sarah Wagenknecht (Linke). Mit Ulrike Meinhof ließen sie aber auch eine außerparlamentarisch Oppositionelle auftreten.

Komprimierter Rückblick

Der komprimierte Rückblick auf "100 Jahre Frauen in der Politik" zeigte: Wofür Frauen kämpfen, wurde mit den Jahrzehnten nicht einfacher. Mut freilich war einst, als Frauen noch unter der Knute des Mannes standen - politisch, gesellschaftlich wie privat - in noch höherem Maße erforderlich als heute. Frauen wie Katharina von Kardorff-Oheimb (Darstellerin: Stephanie Böhm), 1920 eine der ersten weiblichen Abgeordneten im Reichstag, brachen Tabus. Und wie hatte sich wohl Marie Juchacz (dargestellt von Petra Pohl) gefühlt, als sie am 19. Februar 1919 als erste Frau eine Rede in einem deutschen Parlament hielt?

Unglaublich viel Kampfgeist war nötig, um einen so schlichten Satz wie: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" durchzusetzen. Elisabeth Selbert (Darstellerin: Lisa Kirchner) ist es zu verdanken, dass dieser Artikel am 18. Januar 1949 in den Entwurf für das neue Grundgesetz aufgenommen wurde. Knapp 20 Jahre davor hatte Selbert über das Thema "Zerrüttung als Ehescheidungsgrund" promoviert. In ihrer Dissertation kritisierte sie das Schuldprinzip, das Frauen bei der Scheidung häufig rechtlos stellte. Erst 1977 flossen ihre Erkenntnisse in die Eherechtsreform ein.

Ungerechtigkeit motiviert Frauen, politisch zu kämpfen

Es war und ist meist das intensive Erleben von Ungerechtigkeit, das Frauen motiviert, politisch zu kämpfen. So wäre Hildegard Hamm-Brücher (Darstellerin: Barbara Zellfelder-Flecken) wohl nie die "Grande Dame" der deutschen Politik geworden, hätte sie nicht die Schrecken der Naziherrschaft erlebt. Die preußische Protestantin, die als Teenager erfuhr, dass sie nach den Rassegesetzen "Halbjüdin" ist, und deren Großmutter sich umbrachte, um der Deportation zu entgehen, stritt lebenslang für Freiheit.

Heute gilt Sarah Wagenknecht als kompromisslose Freiheitskämpferin. Mit der herrschenden Politik geht die Linke hart ins Gericht. Darstellerin Johanna Tröscher-Fischer flocht in ihren Beitrag Wagenknechts berühmte Aussage von den staatlichen Repräsentanten, die sich von Bankern und Managern "wie dumme Tanzbären am Nasenring durch die Manege ziehen" lassen, ein. Was nicht nur für männliche Politiker gilt. Auch Frauen tappen in die Lobbyismusfalle.

Keine leichten Rollen

Mit Ulrike Meinhof (Darstellerin: Heike Richartz) ließen die AWF-Frauen eine Geschlechtsgenossin auftreten, die irgendwann an dem Punkt war, "an dem Reden nicht mehr reichte". Die Journalistin entschloss sich, mit Waffen zu kämpfen. Sie wurde zur "Staatsfeindin Nummer 1" erklärt. 1976 tötete sie sich selbst nach langer Isolationshaft in Stammheim. Auch Petra Kelly(Darstellerin: Barbara Lehrieder), Ikone der bundesdeutschen Friedensbewegung und Mitbegründerin der Grünen, starb keines natürlichen Todes. Ihr Lebensgefährte Gert Bastian erschoss sie im Alter von 44 Jahren.

Wie harmlos klingt im Vergleich zu Meinhof und Kelly die Biografie einer Angela Merkel (Darstellerin: Karin Strempel). Selbst die junge Grünen-Politikerin Ekin Deligöz (Kerstin Celina) muss sich nicht in dem Maße durchsetzen, wie es Marie Juchacz tun musste.

 
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Kommentare
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  • dinsingsakul@posteo.de
    Die Revue "100 Jahre Frauenwahlrecht" der AWF war großartig: Sowohl inhaltlich spannend und hochinteressant, als auch von der Darstellung und Inszenierung her sehr gelungen.

    Vielen Dank an alle, die sich für diesen beeindruckenden Vormittag im Ratssaal eingebracht und engagiert haben!
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