Am Straßenrand fotografieren Touristen einen Zug von gut 300 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, ein paar schwingen die Hüften. Obwohl am Vormittag des 1. Mai noch kaum Leute in der Würzburger Innenstadt flanieren, herrscht gute Stimmung zwischen Hauptbahnhof und unterem Markt, wo die Gewerkschafter demonstrieren – mit Transparenten, bunten Fahnen und Luftballons und den Rhythmus-Trommlern und -Pfeifern von "Samba Osenga".
"Auf die Straße für ein solidarisches und gerechtes Europa!", hatte der DGB republikweit appelliert, "Europa. Jetzt aber richtig!" war sein Motto zum 1. Mai. Am unteren Markt versammelten sich die Demo-Teilnehmer zur Kundgebung – und nicht nur sie. 900 Besucher seien dagewesen, sagt der Würzburger DGB-Sekretär Viktor Grauberger. An Biertischen, zwischen Verkaufs-, Parteien- und Gewerkschaftsständen lauschten sie kämpferischen Rednern.
DGB: 900 Besucher kamen zu Kundgebung auf dem unteren Markt
Peter König, Ver.di-Sekretär für den Einzel-, Groß- und Außenhandel zürnte mit "profitgierigen Unternehmern" und ihren "geistlosen Sonntagsöffnungen" im Einzelhandel. Ein Skandal sei, dass Kommunen immer mehr verkaufsoffene Sonntage erlaubten. König versicherte, dass Ver.di dagegen auch vor Gerichte ziehen werde. Die Gewerkschaft organisiert mit den Kirchen eine Kampagne zum Erhalt des Ladenschlussgesetzes und gegen weitere Sonn- und Feiertagsarbeit im Einzelhandel.
Für die Jugend der IG Metall forderte Babett Wirsching, Bildung dürfe nicht abhängig sein vom Bankkonto. Jeder Mensch müsse freien Zugang zu guter Bildung haben, unabhängig von seiner Herkunft.
Der Hauptredner der Kundgebung, der 2. Bevollmächtigte der Würzburger IG Metall Norbert Zirnsak, widmete sich unter anderem den Verhältnissen im Gesundheitswesen und in der Pflege. "In der privaten Pflege herrschen schlimme Zustände", rief er, "Zustände, die an moderne Sklavenmärkte erinnern". Die Beschäftigten in der Pflege würden europaweit ausgebeutet. In der privaten Pflege arbeiteten sie häufig ohne Schutz, ihre Rechte würden missachtet, ihre Löhne seien miserabel. Die Pflege sei "am Rande des Menschenwürdigen". Zirnsak forderte vom Freistaat, das Volksbegehren "Stoppt den Pflegenotstand" umzusetzen, für mehr Personal und gute Pflege in den Krankenhäusern.
Gewerkschaften wollen vor der Kommunalwahl "genau hinschauen"
Zirnsak kündigte an, die Gewerkschaften würden "genau hinschauen", wer zur Kommunalwahl im kommenden März "gute Konzepte für eine gesunde Natur und für Solidarität und Respekt anbietet". Sie würden "die unterstützen, die gemeinsam mit uns daran arbeiten, sozialen Fortschritt für Würzburg zu erreichen".
Scharf griff er die AfD an. Die Partei stehe für eine Umverteilung von unten nach oben. Sie hofiere das Kapital, ihr Programm sei "marktradikal", mit Steuererleichterungen für Vermögende, "die von den lohnabhängigen Beschäftigten zu finanzieren" seien.
In der EU reichten die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten in "europäischen Unternehmenskonstrukten bei weitem nicht aus". Es sei an der Zeit, "die Deregulierung auf den Arbeitsmärkten Europas zurückzudrängen". Die Reichen müssten "sich endlich an der Finanzierung des Gesamtwesens beteiligen".
Solidarische Grüße schickte er an die Gewerkschaften in Chemnitz, Duisburg und Plauen, wo am 1. Mai die AfD und Neonazis aufmarschierten. Dieser Tag sei "der internationale Feiertag der Arbeiterbewegung". Die Gewerkschaften erteilten "allen Umdeutungsversuchen unseres Tages eine klare Absage".
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Es wurde über Jahrzehnte durch Beharrlichkeit und den Glauben an den Gemeinschaftssinn vieles erreicht auch wenn das eine oder andere verbesserungswürdig ist, so sollten wir das erreichte doch hoch schätzen und nicht immer nur negativ Beispiele als Hauptthema hervorheben