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STADTLAURINGEN
Zwischen Bibern, Bauern und Behörden
Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.
Foto: Nike Bodenbach | Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.
Nike Bodenbach
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:56 Uhr

Solche Stämme schleppt der da rein“, sagt Landwirt Herbert Haßfurter und zeigt auf einen armdicken Ast von einem guten Meter Länge.

Was der Biber da veranstaltet, schon Wahnsinn sei das. Wie stabil der Damm ist und wie schnell der das wieder aufbaut, wenn wir was weggemacht haben, schon toll“, meint Georg Bauer vom Bauhof und zieht mit einer riesigen Harke ein paar Äste beiseite. „Meine Wiese hat er mit einem eineinhalb Meter hohen Damm unter Wasser gesetzt, das Ding hat mir auch irgendwie gefallen“, sagt „Biberberater“ Konrad Liepold.

Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.
Foto: Nike Bodenbach | Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.

Der Biber ist ein nerviger Zeitgenosse, wenn wegen seiner Dämme die Äcker vollaufen – aber dank seiner ausgeklügelten Baukunst und entspannten Beharrlichkeit eben auch ein sympathischer. Wie kann man die Waage halten zwischen Naturschutz und landwirtschaftlichen Interessen? Bei einer Versammlung im Frühjahr hatten die Bauern schon über „Vernässung“ und unbrauchbares, stinkenden Gras geschimpft.

Eine persönliche Abneigung gegen das Tier hat hier jedenfalls keiner, auch wenn es bei diesem Treffen um die Probleme geht, die der Nager verursacht: der zweite Bürgermeister von Stadtlauringen, Winfried Reß, Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde, Landwirt Haßfurter, Bauhofmitarbeiter Bauer und Biberberater Liepold wollen diskutieren, wie viel Biber(dämme) die Landwirte an der Lauer nördlich von Stadtlauringen aushalten müssen. Liepold ist dabei so eine Art Diplomat zwischen Bibern, Bauern und Behörde. Seit Mai ist er im Amt, er behält vor Ort die Lage im Blick, gibt Tipps zu Entschädigungen und Programmen. Ein gutes Ehrenamt für einen, der gleichzeitig Landwirt und Biberfreund ist.

Eine Markierung zeigt, wie hoch der Biber das Wasser aufstauen darf

Biberdämme bei Stadtlauringen (Stand August 2016)
Foto: Grafik Main-Post/ Jutta Glöckner | Biberdämme bei Stadtlauringen (Stand August 2016)

Ein Nagerpaar mit drei Jungen gibt es hier auf jeden Fall, die Frau von Bauer Haßfurter hat die Kleinen gesehen. Die Alten haben einen mächtigen Damm mit angrenzender Burg und einen etwas kleinere Damm ein paar Meter weiter flussabwärts errichtet. Die Tiere bauen ihre Burgen so, dass der Eingang unter Wasser liegen muss. Mit diesen Bauwerken hat man sich hier arrangiert. An einem Baum vor dem Damm gibt es eine Markierung, ein blauer Kreis mit einem waagerechten Strich drin. Die Verabredung zwischen dem Bauhof und dem Amt: Der Biber darf das Wasser bis zu einen Meter unter den Strich aufstauen. Sauer taucht den Zollstock ins Wasser: „Hier, wieder nur noch 85 Zentimeter.“

Mangerich ist einverstanden, dass Sauer ein bisschen harkt. Binnen Minuten sinkt der Wasserpegel wieder, legt abgenagte Eichenstämme frei, die früher einmal neben und nicht in der Lauer standen. Dass das ein Kampf gegen Windmühlen ist, wissen die Männer trotzdem. „In einer Stunde ist der schon wieder am Werk“, prophezeit Sauer. Er habe ja Zeit. Auch wenn sie wollten, den großen Damm dürften sie gar nicht wegmachen, weil auch eine Burg dabei ist. Die steht neben dem Biber selbst gesetzlich unter Naturschutz.

Baumeister Biber baut zu viel       -  Biber
Foto: Felix Heyder (dpa) | Biber

Anders sieht es ein Stück weiter flussabwärts Richtung Stadtlauringen aus. „Hier versucht sich wohl einer anzusiedeln“, sagt Liepold. Bei Bibern werden die Jungtiere nach einiger Zeit von den Eltern aus der Burg vertrieben und müssen sich eigene Reviere suchen. Ständig tauchen jetzt neue Dämme auf, die Tiere sind fix. Ein ganz neuer Damm an einer Engstelle der Lauer hat schon viele Quadratmeter überflutet. Bürgermeister Reß ist sauer: „Es kann ja nicht sein, dass sich der Biber wieder ansiedeln soll und die anliegenden Bauern das alleine bezahlen.“ Vor kurzem ist hier offenbar ein Landwirt beim Silieren mit seiner Maschine eingebrochen.

Mancher Biberdamm darf ausnahmsweise weggemacht werden

Mangerich erlaubt deshalb in diesem Fall, den Damm wegzumachen. Auch an einer Stelle hinterm Zeltplatz Lauergrund haben die Bauhofmänner mit Erlaubnis schon einen Damm abgetragen. Die Hoffnung: Dem mutmaßlich jungen Biber wird's hier zu doof und er wandert wohin, wo er weniger stört. Wie realistisch das ist? Von Bibers beinahe fränkisch-knorrigen Sturheit war ja bereits die Rede.

Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.
Foto: Nike Bodenbach | Bauhof-Mitarbeiter Georg Bauer, Biberberater Konrad Liepold und Johannes Mangerich von der Unteren Naturschutzbehörde auf einem der Biberdämme.

„Zehn, 15, 20 Meter steht das Wasser in den Feldern drin“, meint Bauer Haßfurter. Das Gelände steigt neben der Lauer hier nur ganz zaghaft an, dann geht das schnell. Dazu reichen die Felder sehr nah ans Wasser, teilweise bis unmittelbar ans Ufer. Landwirte fahren mit schweren Maschinen bis an die Kante. „Wenn er da abschmiert, was hat er dann verdient?“, fragt der Biberberater ratlos. Genau für solche Fälle gebe es schließlich Ausgleichsfonds, genau so solle es eben nicht aussehen.

„Die Biber sind kaum mehr aufzuhalten“

Ob die Landwirte den Kampf überhaupt gewinnen können, ist fraglich. So richtig glaubt der Biberberater aber wohl nicht dran: „Das ist kaum mehr aufzuhalten. Wenn man die machen lässt, wird sich alle zwei Kilometer einer ansiedeln.“ Liepold ist deshalb durchaus dafür, in Ausnahmefälle auch mal einen Biber „herauszunehmen“, was in diesem Fall nicht Umsiedlung bedeutet. Das Gesetz erlaubt den Abschuss an bestimmten Stellen bereits jetzt, etwa vor Kläranlagen und anderen technischen Anlagen. Die Zeiten, in denen Biber aufwendig über weite Strecken in ein neues Revier chauffiert wurden, sind angesichts der Vermehrung vorbei.

In Stadtlauringen ist man davon aber offensichtlich noch weit entfernt. Zumindest Georg Sauer vom Bauhof scheint das sportliche Duell mit dem Biber auch ein bisschen Spaß zu machen – selbst wenn er noch keinen gesehen hat, sein Kollege aber schon. „Die Äpfel von den Bäumen an der Rangenmühle, die hat er alle weggeputzt, der weiß was gut ist. Schon toll.“

 
 
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