Als am 10. Juni der Plan von OB Sebastian Remelé, das Walther-Rathenau-Gymnasium mittelfristig zu schließen und die kommunale Walther-Rathenau-Realschule mit der staatlichen Schonunger Realschule zu verschmelzen, publik wurde, dauerte es nicht lange, bis sich ein Proteststurm von Seiten der Schüler, Lehrer und Ehemaligen erhob, die leidenschaftlich für den Erhalt der Rathenau-Schulen kämpfen. Grundlage der Überlegungen Remelés sind Erkenntnisse aus dem von der Modus Wirtschafts- und Sozialforschungs GmbH erstellten Schulentwicklungsplan. Die Überlegungen zu den Gymnasien stehen im dritten Teil unserer Serie im Mittelpunkt.
Sinkende Schülerzahlen
Modus hat die Entwicklung der Schülerzahlen in den vier Gymnasien in Schweinfurt und dem in Gerolzhofen unter die Lupe genommen. Zwischen 2009/10 und 2015/16 ergibt sich für Schweinfurt ein Rückgang von 4118 Schülern auf 3180. Aus Sicht von Modus ist der Grund dafür zum einen der demografische Wandel, zum anderen der Wechsel von neunjährigem Gymnasium auf achtjähriges Gymnasium, weswegen es 2010/11 zwei Abiturjahrgänge gab.
Für Remelé ist in der Argumentation pro Schließung vor allem dieser Rückgang an Schülern entscheidend. Kritiker können das nicht nachvollziehen, verweisen darauf, dass allein 2010/11 520 Schülerinnen und Schüler weniger zu verzeichnen sind – sonst schwanken die Zahlen zwischen 77 und 146 pro Schuljahr.
Stabile Zahlen in den nächsten Jahrzehnten
Modus prognostiziert für die nächsten 20 Jahre auch weitgehend stabile Zahlen für die Gymnasien, ein weiterer drastischer Rückgang wird nicht befürchtet. Gleichwohl kommen hier wieder systemimmanente Probleme mit den statistischen Berechnungsmethoden zum Tragen – es gibt Varianten, da liegt die gymnasiale Schülerzahl 2030 bei 2849, sie könnte aber auch auf 3526 steigen. Welcher Zahl soll man nun Glauben schenken? Worauf soll man sich verlassen? Auf die schlimmste oder die beste Variante?
Gar nicht berücksichtigt in den Modus-Berechnungen wurde die nun vom Kultusministerium beschlossene Freigabe der Mittelstufe plus für alle bayerischen Gymnasien ab 2018/19. In den Probeschulen wurde diese sanfte Rückkehr zum G9 von 70 Prozent der Schüler gewählt, es darf also davon ausgegangen werden, dass dies auch in der Wälzlagerstadt so sein wird und die Schülerzahlen an den Gymnasien im Vergleich zum Ist-Stand eher wieder steigen als sinken.
Unterschiedliche Auswirkungen
Der Rückgang der Schülerzahlen zwischen 2009 und 2015 hat sich in den einzelnen Gymnasien sehr unterschiedlich ausgewirkt. Am stärksten schrumpfte das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium – von 1678 auf 1139, ein Rückgang von 32,1 Prozent. Gleichwohl gibt es kein Signal des Freistaats, diese Schule aufgrund der demografischen Entwicklung zu schließen. Das kommunale Rathenau-Gymnasium ging von 721 Schülern auf 531 zurück, das waren 29,1 Prozent weniger. Im direkt neben dem Walther-Rathenau-Gymnasium gelegenen Olympia-Morata-Gymnasium sanken die Zahlen von 749 auf 631 (minus 12,5 Prozent).
Steigerung in Gerolzhofen
Im Celtis-Gymnasium, für das der Landkreis der Sachkostenträger ist, gab es einen Rückgang von 970 auf 879 (minus 9,4 Prozent). In Gerolzhofen, auch hier ist der Landkreis Sachkostenträger, stiegen die Schülerzahlen von 303 auf 318 (plus fünf Prozent). Das einzige Gymnasium in Stadt und Landkreis Schweinfurt, bei dem es seit gut zehn Jahren eine vom Stadtrat verfügte Begrenzung der fünften Klassen auf maximal drei gibt, ist das Rathenau-Gymnasium. Der Frage, welchen Einfluss diese Beschränkung der Eingangsklassen auf die Schülerzahlen am Rathenau hatte, geht der Schulentwicklungsplan nicht nach. Ob mehr Kinder in den Rathenau-Schulen angemeldet worden wären, wenn es keine Begrenzung geben würde, ist unklar.
Modus beschäftigt sich in seiner Analyse für jede weiterführende Schulart auch mit den Übertrittsquoten aus den Grundschulen. Für die Gymnasien in Schweinfurt liegt sie bei 35 Prozent, in der Modus-Grafik ist das nur etwas unter dem bayerischen Durchschnitt von 39,1 Prozent. In Coburg mit ebenfalls vier Gymnasien und Bayreuth gehen 48 Prozent der Grundschüler ins Gymnasium, in Bamberg sogar 55 Prozent. Dass man in etwa zehn Prozent unter dem bayerischen Schnitt in Sachen Gymnasiums-Übertrittsquote liegt, hat die SPD-Fraktion im Stadtrat immer wieder kritisiert.
Schließung wirklich beste Lösung?
Als bevorzugte Option aufgrund der ermittelten Zahlen schlägt Modus vor, das Walther-Rathenau-Gymnasium zu schließen und später die frei werdenden Räume dahingehend zu nutzen, dass die Walther-Rathenau-Realschule mit der staatlichen Schonunger Realschule in den Rathenau-Räumen verschmolzen wird. Aus Sicht von Modus wären die restlichen drei Schweinfurter Gymnasien sowie die Schulen in Gerolzhofen und das Internat in Gaibach selbst bei steigenden Schülerzahlen in der Lage, die nötigen Räume bereitzustellen. Offen ist allerdings die Frage, wie mit dem so genannten Pavillon Süd am Humboldt-Gymnasium umgegangen werden soll, der saniert werden müsste.
Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, die bisher nicht in Erwägung gezogen wurde. Das wirtschaftswissenschaftliche Profil des Rathenau und das sozialwissenschaftliche Profil des Olympia-Morata-Gymnasiums könne man „unter Beibehaltung der Besonderheiten der Angebotsstrukturen der jeweiligen Gymnasien am aktuellen Standort“ zusammenführen, schreibt Modus. So könnte der „Gymnasialstandort Schweinfurt durch ein größeres Gymnasium mit breiterem Angebot unter einem Dach an Attraktivität gewinnen“, so Modus.
Gegebenenfalls „könnte das Gebäude des Olympia-Morata-Gymnasiums dann aufgegeben werden.“ Voraussetzung wäre aber eine Fusion zwischen Rathenau-Realschule und Schonunger Realschule in einem gemeinsamen Neubau, bei dem auch die Staatliche Berufsschule III mit eingebunden wäre.