
Dass die Stadt Gerolzhofen in das höchst attraktive Förderprogramm der EU-Innenstadt-Förderinitiative ("React-EU") aufgenommen wurde, darüber wurde in der Main-Post schon mehrfach berichtet. Insgesamt 36 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union fließen an bayerische Städten, Märkten und Gemeinden. Zu ihnen gehört Gerolzhofen. Der Stadtrat beschloss nun am Montagabend einstimmig, welche konkreten Maßnahmen mit dem Geld umgesetzt werden sollen.
Die EU-Förderinitiative zielt insbesondere auf solche Projekte zur Belebung der Innenstädte, die schnell umsetzbar und wirksam sind. Gerolzhofen will Maßnahmen mit einer Gesamtsumme von 408.000 Euro umsetzen. Bei einem Fördersatz von 90 Prozent müssen dafür nur 40.800 Euro an Eigenmitteln eingesetzt werden. Einen Haken hat das Förderprogramm allerdings: Die Stadtverwaltung muss zügig arbeiten. Denn alle geförderten Maßnahmen müssen bis 30. Juni 2023 bereits vollständig umgesetzt und auch abgerechnet sein. Bei noch nicht fertiggestellten Maßnahmen könnten die Fördermittel in voller Höhe zurückgefordert werden.
Ein Maßnahmen-Katalog
Bürgermeister Thorsten Wozniak, Tourismus-Chefin Beate Glotzmann und der Stadtteilmanager Daniel Hausmann stellten dem Stadtrat den geplanten Maßnahmen-Katalog vor. Die Gesamtsumme von 408.000 Euro verteilt sich auf folgende Projekte:
Nutzungskonzept für das Betty-Stumpf-Haus (30.000 Euro): Das nach seiner letzten Bewohnerin genannte Betty-Stumpf-Haus in der nordöstlichen Ecke des Marktplatzes ist das mit Abstand denkmalpflegerisch wertvollste Gebäude in Gerolzhofen. Es befindet sich im Eigentum der Stadt. Mehrere Versuche, das Haus an Privat zu verkaufen, scheiterten unter anderem deshalb, weil der Aufwand, das Gebäude für eine private Wohnnutzung umzubauen, enorm wäre.
Für eine Nutzung als "Kulturhaus" mit reinen Verwaltungsräumen hingegen wären die baulichen Hürden wohl nicht so hoch. Deshalb hat bei der Stadt ein Umdenken eingesetzt. Man denkt jetzt darüber nach, ob nicht das Stadtarchiv, das an seinem jetzigen Standort im Bürgerspital aus allen Nähten platzt, im Betty-Stumpf-Haus eine neue Heimat finden könnte. Auch die Verwaltung der Volkshochschule könnte eventuell hier einziehen. Und im Erdgeschoss des Hauses könnte vielleicht im noch gut erhalten gebliebenen ehemaligen Gastraum der früheren Brauerei mit seinen Wandbemalungen und der Stuckdecke ein Kultur-Café eingerichtet werden.
Einheitliche Möblierung in der Altstadt (70.000 Euro): Sitzbänke, eventuell auch Liegen, und Mülleimer in einheitlichem Design sollen die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiter steigern. Zu diesem Bereich zählen auch die Alleen und die Wege entlang des Volkachbachs.

Aufwertung des Spitalgartens (50.000 Euro): Der Spitalgarten als ideale Open-Air-Fläche im Herzen der Stadt soll künftig schnell und unkompliziert für Freiluft-Veranstaltungen nutzbar sein. Die Erweiterung der Ausschankmöglichkeiten (inkl. Kühlschränke) muss verbessert werden, auch eine feste Beleuchtung des Gartens und der Bühne, ein gewisser Grundstock an Biertischgarnituren und eine kleine mobile Lautsprecheranlage sind Teile der geplanten Investition.
Buntes Licht auf die Gebäude
Austausch der Gebäudestrahler (20.000 Euro): Gerolzhofen ist bekannt für seine einzigartige Giebelbeleuchtung, die an den Gebäuden der Hauptverkehrsachse angebracht ist. Die Glühbirnen wurden bereits vor einigen Jahren auf LED-Technik umgerüstet. Nun sollen auch die große Strahler nachgerüstet werden, die zum Beispiel die Amtsvogtei, die Stadttürme, das Rathaus und die Stadtpfarrkirche anleuchten. Sie sollen mit bunten LED-Beleuchtungskörpern ausgestattet werden, damit die Farbe des Lichts per App verändert und so bei Bedarf eine wechselnde Lichtstimmung in der Altstadt erzeugt werden kann.

Erstellung eines digitalen Leerstands-Katasters (30.000 Euro): Mithilfe des digitalen Leerstands-Katasters sollen die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, zum einen eigene leerstehende Flächen öffentlich anzuzeigen, aber auch sich über leerstehende Flächen zu informieren.
Machbarkeitsstudie Gründerhaus (30.000 Euro): Die Machbarkeitsstudie soll die möglichen Potentiale für ein Coworking-Space/Gründerhaus in Gerolzhofen herausarbeiten. Dabei sollen zum einen die Zielgruppe definiert und direkt angesprochen werden und zum anderen soll die Akzeptanz in der örtlichen Wirtschaft abgefragt werden. Wenn das Potential abgefragt ist, sollen in der Studie auch geeignete Räumlichkeiten und ein mögliches Betriebskonzept vorgeschlagen werden.
Testphase für ein Coworking-Space (40.000 Euro): Im Anschluss an die Machbarkeitsstudie für ein Gründerhaus soll der Betrieb und die Akzeptanz eines solchen Coworking-Space im Probebetrieb getestet werde. Die Testphase sollte dabei mindestens zwei Monate dauern. Im Anschluss daran soll die Testphase ausgewertet werden, um anschließend möglicherweise in den "Dauerbetrieb" zu wechseln.
Post-Corona-Konzept für die Altstadt (35.000 Euro): Aufgrund der Corona-Pandemie ist es unumgänglich, dass das bisherige Integrierte Handlungskonzept aus dem Jahr 2009 für die Altstadt evaluiert wird. Denn viele Maßnahmen aus diesem Konzept sind inzwischen abgearbeitet oder spiegeln nicht mehr den aktuellen Bedarf wider. Das neue Konzept soll dann die Basis für zukünftige Maßnahmen sein, besonders unter dem Blickwinkel des 2017 abgeschlossenen Stadtmarketingprozesses.
Neues Personal (93.000 Euro): Die Stadt wird für die Umsetzung des Förderprogramms React-EU einen eigenen Projektmanager oder eine Projektmanagerin einstellen. Dieses städtebauliche Innenstadtmanagement soll alle Aktivitäten begleiten, den digitalen Fortschritt fördern und das digitale Leerstandsmanagement organisieren.
Unterstützung der Fraktionen
Thomas Vizl (Geo-net) signalisierte "volle Unterstützung" für die geplanten Projekte. Die Altstadtbeleuchtung sei ein Alleinstellungsmerkmal, allerdings gebe es offenbar dadurch Probleme für die Insektenwelt und nachtaktive Vögel. Man solle diesen Aspekt bei der Beschaffung der neuen LED-Strahler berücksichtigen.
Für die Fraktion der Freien Wähler begrüßte Günter Iff die Maßnahmen. "Dies bringt einen Mehrwert, der teilweise sofort spürbar ist." Es seien dadurch viele positive Impulse zu erwarten. 2. Bürgermeister Erich Servatius betonte, dass auch die SPD-Fraktion dem Ganzen "vollumfänglich" zustimme.