Die beiden Männer fassten einen Plan: Im Raum Stuttgart oder Ulm wollten sie einen geeigneten Jungen suchen, ihn in ein Hotel, eine öffentliche Toilette oder einen Wald bringen, ihn gemeinsam vergewaltigen und dann töten. Formuliert ist der Plan in aller Grausamkeit im Spätsommer 2022 in einem Chat im Messengerdienst "Telegram", der im Landgericht Schweinfurt vorgelesen wird. Detailliert wurde da geschrieben und besprochen, was man denn so mit dem Kind anstellen wolle.
Und sie rückversicherten sich immer wieder über die Ernsthaftigkeit der Aussagen. "Für dich ist das vielleicht nur eine Fantasie. Aber ich meine es ernst", hatte der eine Mann im Chat beteuert, und der andere soll geantwortet haben: "Ich meine es auch ernst."
Prozessauftakt am Landgericht Schweinfurt: Was der Angeklagte beteuert - und einräumt
An diesem Montag, zum Auftakt des Prozesses vor dem Landgericht Schweinfurt, beteuert einer der Männer, ein 39-Jährige aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld, dass das damals alles nur reine Fantasie gewesen sei. In einer Erklärung räumt sein Verteidiger zwar ein, sein Mandant habe kinderpornografisches Material besessen und verschickt. Auch den Chat mit den Plänen mit dem Mann aus dem Raum Stuttgart habe es gegeben.
Eine Verabredung zum Mord aber, wie es die Staatsanwaltschaft dem 39-Jährigen vorwirft, habe sein Mandant nie ernsthaft beabsichtigt: "Er wollte kein Kind töten, kein Kind vergewaltigen." Das Geschriebene habe lediglich dazu gedient, sich gegenseitig "aufzustacheln, aufzuheizen, aufzugeilen", sagt der Verteidiger.
Lange Anklageschrift: Chat über sexuelle Vorlieben mit vermeintlichem Jugendlichen
Zwölf Seiten umfasst die Anklageschrift. Und es dauert lange, bis die Staatsanwältin sie vorgelesen hat, während der Angeklagte, ein unscheinbarer Mann mit Fußfessel, nach unten schaut. Detailliert ist aufgeführt, wie der 39-Jährige über Telegram kinderpornografische Dateien ausgetauscht haben soll. Wie er mit einer Person, die sich als 16-Jähriger ausgab, gechattet haben und sexuelle Vorlieben abgefragt haben soll. Wie er einem Chatpartner im Juli 2022 vorgeschlagen haben soll, "einen geeigneten Jungen auf einem Spiel- oder Fußballplatz zu suchen und diesen dann irgendwohin mitzunehmen".
Und wie er schließlich mit dem Mann aus dem Raum Stuttgart mutmaßlich tödliche Pläne schmiedete, die nur nicht zustande gekommen sein sollen, weil die Wohnung des anderen Mannes inzwischen durchsucht worden war. In dem Chat seien "übelste und grausamste Fantasien dargestellt, die ich so in der Intensität noch nie erlebt habe", sagt ein erfahrener Kriminalbeamter am Montag vor Gericht.
Polizei findet mehr als 3500 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten
Aufmerksam geworden waren die Schweinfurter Beamten durch einen Hinweis aus Münster, wo ein anderer Mann, mit dem der 39-Jährige über den Onlinedienst "Knuddels" kommunizierte, ins Visier der Polizei geraten war. Mehr als 3500 Bilder und 170 Videos mit kinderpornografischem Material – teils mit brutalen Gewalthandlungen – fand die Polizei schließlich im März 2023 auf den Datenträgern des 39-Jährigen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld.
Am ersten Verhandlungstag wird angedeutet, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft zu sein scheint, Auflagen hatte und offenbar unter Führungsaufsicht stand. Doch nur sechs Monate nach seiner Haftentlassung habe er wieder angefangen, sich Bilder zu beschaffen, sagt der Ermittler vor Gericht. Die Beamten fanden in seiner Wohnung heimlich angefertigte Aufnahmen von Jungen auf dem Weg zur Schule bei dem Mann, ebenso wie Spielkonsolen und Spielzeug. "Wir hatten ernsthaft Bedenken, dass der Angeklagte sich da einen Buben reinlockt", erklärt der Zeuge.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist dem Beamten ein neu bepflanztes Blumenbeet auf dem Anwesen des Angeklagten. "Es sah aus wie ein Grab", erinnert sich der Ermittler im Zeugenstand. Angesichts der Tötungsabsichten in dem entdeckten Chat handelte er sofort: Ein Leichenspürhund sollte kommen – und schlug an. Gefunden wurde jedoch nichts. Auch auf einen Sohn, den er den Chats zufolge regelmäßig missbraucht haben soll, und mehrere Missbrauchstaten gegenüber anderen Kindern, mit denen der 39-Jährigen im Internet geprahlt hatte, hab es keine realen Hinweise gegeben.
Chatpartner einschlägig vorbestraft und jetzt in Stuttgart angeklagt
Sein Chatpartner, vorgeführt aus der Forensischen Psychiatrie Weißenau in Ravensburg, räumt ein, den Angeklagten zu kennen und mit ihm geschrieben und telefoniert zu haben. Auch, dass sie kinderpornografisches Material austauschten, bestätigt er. Ob über Fantasien gesprochen wurde? Dazu möchte er sich nicht äußern, sagt der ebenfalls 39-Jährige, dem kommende Woche in Stuttgart der Prozess gemacht werden soll.
Auch der Chatpartner sei einschlägig vorbestraft, sagt ein Ermittler aus dem Raum Stuttgart vor Gericht in Schweinfurt aus. Und er sei aktiv auf der Suche nach Kindern gewesen, habe sich bei Babysitter-Diensten angemeldet. Der Beschuldigte selbst beteuert im Zeugenstand: Von seiner Seite aus seien die Pläne nicht ernstgemeint gewesen.
Der Prozess wird am Dienstag um 9 Uhr fortgesetzt.