zurück
Schweinfurt
Wohnen im Alter – aber wie?
Gemeinsam statt einsam – das wünschen sich die Menschen für ihren Lebensabend. Die Wege dahin sind vielfältig und nicht immer leicht. Ein Info-Tag lieferte Denkanstöße.
Gemeinschaft im Alter erleben, statt alleine zu sein. Das wünschen sich viele ältere Menschen. Eine Senioren-WG (wie auf unserem Symbolbild) oder ein anderes, auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittenes Wohnkonzept, ist oft die Lösung. Wie aber kann das gelingen, was ist zu beachten? Beim Info-Tag des Seniorenbeirates wurden Wohnmodelle vorgestellt und  damit gemachte Erfahrungen geteilt.
Foto: dpa/Roland Holschneider | Gemeinschaft im Alter erleben, statt alleine zu sein. Das wünschen sich viele ältere Menschen. Eine Senioren-WG (wie auf unserem Symbolbild) oder ein anderes, auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittenes ...
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:20 Uhr

"Es wird eng für Senioren, bezahlbarer Wohnraum wird Mangelware." Norbert Holzheid, Vorsitzender des Seniorenbeirates der Stadt, brachte so die Situation von immer mehr älteren Menschen auf den Punkt, die sich mit der Frage, wo und vor allem wie sie im Alter leben wollen oder müssen auseinanderzusetzen haben. Um Antworten auf solche Fragen zu finden oder sich zumindest einen Überblick über Angebote und Möglichkeiten im Hinblick auf Wohnen im Alter zu verschaffen, hatte der Seniorenbeirat zum Info-Tag eingeladen.

Wohnmodelle für ältere Menschen, das ist weit mehr als sich ein Seniorenheim oder eine altengerechte Wohnanlage auszusuchen. "Generationenübergreifendes und zukunftsweisendes Wohnen", so das Motto des Vormittags im Kolping-Hotel in Schweinfurt, hat viele Gesichter . Ein halbes  Dutzend Referenten hatte zum Teil weite Anfahrten auf sich genommen, um Beispiele, Umsetzungen und Fördermöglichkeiten für Seniorenwohnprojekte vorzustellen. Die Veranstaltung, in Kooperation mit Stadt, Landkreis, Schweinfurter Wohlfahrtsverbänden, dem freien Altenring und der Koordinationsstelle Wohnen im Alter durchgeführt,  beleuchtete vor allem neue und teilweise auch experimentelle Wohnformen im Alter.

Der Wunsch nach Selbstbestimmung und guter Nachbarschaft

Solche Seniorenwohnprojekte, ob als Genossenschaft oder als Verein organisiert, ermöglichen ein selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Leben. Im neuen Stadtteil Bellevue ist ein solches Projekt angedacht. Das bekräftigte auch Bürgermeisterin Sorya Lippert in ihrem Grußwort. Man müsse sich genau anschauen, was auf den neuen Flächen möglich ist und herausfinden, was zu den Schweinfurtern passt. Auf jeden Fall müsse man sich rechtzeitig Gedanken über das Wohnen in diesem Lebensabschnitt machen und "nicht warten bis man 90 ist".  Neben reinen Wohngemeinschaften älterer Menschen skizzierte Lippert auch Modelle wie das generationenübergreifende Wohnen oder "Wohnen für Hilfe". Letzteres bringt die Generationen noch stärker zusammen, ergänzen sie sich doch, indem sie ihre Fähigkeiten in eine Wohngemeinschaft aus Menschen verschiedener Generationen einbringen.        

Gemeinsame Philosophie aller innovativen Wohnideen älterer Menschen ist der Wunsch nach mehr Gemeinschaft und möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben zu führen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. "Aber es muss passen", so Brigitte Herkert von der Koordinationsstelle für Wohnen im Alter. Manchmal sind die Kinder ein Ankerpunkt, so Herkert.  Die sind aber oft auch weit weg. Zwischen Wohnen mit gesicherter Betreuung und einem selbstbestimmten und aktiven Leben im Alter ist es ein weites Feld. Die demographische Entwicklung führe zu einem stärkeren Bedarf an Betreuung und Pflege, die Vielfalt der Wohmodelle für ältere Menschen wächst.    

Auch mit Mitte 50 ist es nicht zu früh, sich Gedanken zu machen

Ein solches Modell stellte Ulrike Stahl vom Freien Altenring in Schweinfurt vor. Am Bergl gibt es ein Seniorenwohnprojekt – bislang das einzige in Schweinfurt – in dem mehrere Generationen unter einem Dach leben. "Die Altersspanne reicht von 56 bis 89", so Stahl. Vor fünf Jahren sei man eingezogen, es ging darum, sich gegenseitig zu helfen,  Gemeinschaft zu leben statt Einsamkeit zu spüren und den dort lebenden Menschen das Gefühl zu geben "zu sich nach Hause zu kommen". 

Stahl riet eindrücklich dazu, sich am besten schon mit Mitte 50 Gedanken über sein persönliches Leben im Alter zu machen. Man müsse noch flexibel genug sein, neue Beziehungen knüpfen zu können, sich auf Gemeinschaft einzulassen. "Gemeinschaft entsteht nur aus dem Wir", so Stahl. Deshalb sei es auch von zentraler Wichtigkeit, dass die Mitbewohner neben dem eigenen Wohnbereich auch den Gemeinschaftsraum nutzen. "Man muss andere Menschen kennen lernen wollen, für Menschen, die nur ihre Ruhe haben wollen, ist es schwierig." Auch die andere Seite, nämlich Hilfe annehmen zu können, wenn man welche braucht, falle älteren Menschen nicht immer leicht.    

Zum Älterwerden gehört auch die Frage 'Wie will ich wohnen?'. Gedanken darüber machten sich unter anderem Bürgermeisterin Sorya Lippert, der Vorsitzende des Seniorenbeirats Norbert Holzheid und Ulrike Stahl vom Freien Altenring Schweinfurt (vorne von rechts). Moderiert wurde das Forum von Brigitte Herkert von der Koordinationsstelle für Wohnen im Alter (am Mikrofon).
Foto: Helmut Glauch | Zum Älterwerden gehört auch die Frage "Wie will ich wohnen?". Gedanken darüber machten sich unter anderem Bürgermeisterin Sorya Lippert, der Vorsitzende des Seniorenbeirats Norbert Holzheid und Ulrike Stahl vom ...

Gleichgesinnte und eine verbindliche Rechtsform finden

Ähnliche Erfahrungen hat Barbara Krause von der MARO Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen gemacht. Sie hat im Raum Regensburg generationenübergreifende Wohnprojekte realisiert, lebt selbst seit zehn Jahren in einem.  Sozial verlässliche Nachbarschaften seien das, was solche Projekte ausmache. Je größer die Stadt, desto anonymer lebt der Mensch. "Gemeinschaft kommt nicht von allein", so Krause. Solche Wohnprojekte seien auch immer wieder mit Arbeit verbunden. Nicht nur Beziehungsarbeit der miteinander Lebenden, sondern auch eine Menge Bürokratie. Hat man Gleichgesinnte gefunden, muss eine Rechtsform gewählt werden, mit deren Hilfe man das Projekt auf die Beine stellt. Als Genossenschaft oder Verein sei es viel leichter Interessen durchzusetzen. Krause favorisiert die Genossenschaft, die arbeite ohne Rendite, garantiere lebenslanges Wohnrecht. Und natürlich braucht es Geld, um Teil einer solchen Genossenschaft zu werden. Wichtig sei auch einen Architekten zu finden, der ein "auf Gemeinschaft ausgelegtes" Konzept erarbeitet, denn die Balance zu finden zwischen dem Wunsch nach Privatsphäre und der Möglichkeit Gemeinschaft leben zu können, sei enorm wichtig für das Gelingen solcher Wohnprojekte.      

Jochen Kapelle vom Nürnberger Verein WIN e.V. referierte über die Arbeit eines generationsübergreifenden Wohnprojekts, Renate Rupprecht berichtete vom Leben in der Villa Kunigunde in Bamberg. 

Nicht immer einfach, aber immer spannend

Fazit des Tages: Wer sich entschieden hat, wie er sein Leben und Wohnen im Alter gestalten will, sollte am besten noch heute damit anfangen, diese Pläne Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen. Und: Jedes Wohnprojekt ist letztlich anders, entsteht und entwickelt sich mit den Menschen, die es angeschoben haben. "Es ist nicht immer einfach, aber spannend, wenn man sich darauf einlässt." Worte von Barbara Krause, denen die anderen Referenten wohl auch zustimmen würden. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Helmut Glauch
Barbara Krause
Genossenschaften
Rechtsformen
Sorya Lippert
Stahl
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top