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Schweinfurt
Woche der Ausbildung in Schweinfurt: Berufsberater wollen der Jugend die Qual der Qual nehmen
Viele Jugendliche haben Schwierigkeiten, sich nach ihrem Schulabschluss für einen Beruf zu entscheiden. Wie die Agentur für Arbeit Schweinfurt Licht ins Dunkel bringt.
Händeringend suchen Betriebe nach Auszubildenden. Bis zum Start des Ausbildungsjahres im Herbst erwartet die Arbeitsagentur Schweinfurt, dass es ungefähr doppelt so viele Ausbildungsplätze wie Interessierte geben wird.
Foto: Sebastian Kahnert | Händeringend suchen Betriebe nach Auszubildenden. Bis zum Start des Ausbildungsjahres im Herbst erwartet die Arbeitsagentur Schweinfurt, dass es ungefähr doppelt so viele Ausbildungsplätze wie Interessierte geben wird.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 02.04.2025 02:38 Uhr

Theresa Koch legt Kochlöffel, Pinsel und Brille auf den Tisch. Ihr Kollege Thomas Schlereth zieht den sprechenden Hut von Harry Potter hervor. Zaubertricks haben die beiden Berufsberater der Schweinfurter Agentur für Arbeit zwar nicht auf Lager, aber sehr kreative Ideen, um bei Jugendlichen Licht in den Informationsdschungel der Berufswahl zu bringen. Spielerisch erarbeiten sie mit den 13- bis 14-Jährigen, wo ihre Ressourcen liegen und wie sie diese stärken können.

"Den jungen Menschen stehen heutzutage zig Wahlmöglichkeiten offen", sagt Teamleiter Thomas Schlereth. Nicht nur was die breit gefächerte Palette an Ausbildungsberufen betrifft, im Bundesgebiet sind es 360, im Raum Schweinfurt immerhin 180 Berufe, die man erlernen kann, sondern auch bei der hohen Zahl an Ausbildungsangeboten. Das kann überfordern.

"Unser Ziel ist es, die jungen Menschen so zu informieren, dass sie den für sie passenden Beruf und Ausbildungsplatz finden", sagt Bereichsleiter Mario Fürst.

Dazu dient auch die bundesweite "Woche der Ausbildung". Viele Unternehmen öffnen hier ihre Türen und lassen hinter die Kulissen blicken. Die Agentur für Arbeit in Schweinfurt nimmt die Themenwoche zum Anlass, um ihre Aktionen und Aktivitäten in der Beratung von Schülerinnen und Schülern vorzustellen.

Doppelt so viele Ausbildungsplätze wie Interessierte

Spätestens mit dem Start des letzten Schuljahres beginnt für Jugendliche die Suche nach dem richtigen Beruf. Mussten sie sich vor 15 Jahren noch sputen, um überhaupt eine Ausbildungsstelle zu bekommen, haben sie heute die Qual der Wahl. Bis Ende März hatten die regionalen Unternehmen 3633 Ausbildungs- und duale Studienplätze gemeldet, denen 2258 Interessierte gegenüberstehen. Rein rechnerisch kommen damit auf 100 Stellen 62 Personen. 

"Die Schere klafft weiterhin sehr weit auseinander", sagt Bereichsleiter Mario Fürst. Nahezu über alle Branchen hinweg suchten Betriebe händeringend nach Auszubildenden. Das liege zum einen an den geburtenschwachen Jahrgängen in den Schulen, zum anderen an den ausscheidenden Babyboomern in den Betrieben. Was die Berufsberater aber auch feststellen: "Der Trend, lieber weiter auf die Schule zu gehen, wird jedes Jahr größer", so Teamleiter Thomas Schlereth. Er nimmt eine große Verunsicherung bei den Jugendlichen wahr, die Berufswahlentscheidung werde deshalb hinausgeschoben. Das Sich-nicht-festlegen-Können betreffe mittlerweile nicht nur Gymnasiasten und Realschüler, sondern genauso die Mittelschüler.

Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Schweinfurt.
Foto: Katja Beringer | Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Schweinfurt.

Eine Befragung unter Jugendlichen im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung kam 2022 zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit vom Berufswahlinfoangebot überfordert ist. Die Jugendlichen aus dieser Orientierungslosigkeit zu holen, ist Ziel der Berufsberater der Agentur für Arbeit. Das Team begleitet die Mädchen und Jungen in den letzten beiden Jahren vor dem Schulabschluss intensiv beim Einstieg ins Berufsleben. Es gibt Kennenlerntermine, Berufswahlseminare, Einzelgespräche, Elternabende, digitale Veranstaltungen, Stellenbörsen, Ausbildungsmessen und, und, und.

"Da steckt ein immenser Aufwand dahinter", verweist Bereichsleiter Fürst auf 961 Termine, die seine Berufsberater im vergangenen Jahr in den Schulklassen absolviert haben. Hinzu kamen 40 Elternveranstaltungen und 16 Berufswahlseminare. Insgesamt wurden 5902 Jugendlichen beraten und 44.447 Vermittlungsvorschläge unterbreitet.   

Die Agentur für Arbeit in Schweinfurt betreut 37 Mittelschulen, 16 Realschulen, zwei Wirtschaftsschulen, 15 Gymnasien, das Bayernkolleg und sechs Berufsschulen. "Unser Anspruch ist es, mit jedem Jugendlichen zumindest einmal persönlich gesprochen zu haben", sagt Teamleiter Schlereth.        

Leuchtturmprojekt in Bayern

Seit 2008 gibt es zudem das Berufsorientierungsnetzwerk, ein Gemeinschaftsprojekt der Agentur für Arbeit und der staatlichen Schulämter. Schülerinnen und Schüler gehen über einen Zeitraum von mehreren Monaten einen Tag pro Woche statt zur Schule in einen Betrieb, um den Praxisalltag kennenzulernen. "Das läuft sehr erfolgreich", sagt Schlereth. Dieses Praktikumsprojekt gibt es nur in Bayern und sie gilt als Leuchtturmprojekt.   

Die Agentur für Arbeit bietet zusätzlich Veranstaltungen in ihrem Berufsinformationszentrum an. Mit einer 3D-Brille können die Jugendlichen in die Berufswelt eintauchen und erhalten Tipps, auf welchen Plattformen sie sich informieren können. Auch die Betriebe greifen zu kreativen Mitteln, viele locken mit Zusatzleistungen – vom Tablet bis zum Führerschein. "Es wird sehr viel geboten", weiß Bereichsleiter Mario Fürst.  

Allerdings: In welchen Bereichen Azubis dringend gesucht werden und wofür sich junge Menschen interessieren, klafft oft weit auseinander. Das zeigt ein Blick auf die Top-10-Listen der Ausbildungsberufe. An erster Stelle stehen bei den Jungs Kfz-Mechatroniker, Fachinformatiker und Elektroniker, bei den Mädchen sind es Medizinische Fachangestellte, Kauffrau und Industriekauffrau. Die am häufigsten unbesetzten Ausbildungsstellen sind hingegen Kaufmann/-frau im Einzelhandel, Verkäufer, Maler und Lackierer.

"Wir werben bei allen kommenden Absolventinnen und Absolventen darum, unsere Angebote intensiv zu nutzen", appelliert Bereichsleiter Fürst an die Jugendlichen. "Auch die Weiterentwicklung nach der Ausbildung ist ein großes Thema", weiß Berufsberaterin Theresa Koch. Viele glaubten, mit der Berufswahl eine Lebensentscheidung zu treffen, die sich nicht mehr rückgängig machen lasse. Dem sei nicht so, betont Kollege Schlereth. Sein Appell an Jugendliche und Eltern: "Nutzen Sie unser Angebot der Berufsberatung. Wir sind in jeder Schule vertreten und beraten gerne bei der Entscheidungsfindung."

 
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