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Schweinfurt
Wirtschaft nach der US-Wahl: Angst vor Donald Trumps Zöllen? Oder auch eine Chance, innovativer zu werden?
Julian Müller-Kaler arbeitet bei einer Denkfabrik in Washington. In Schweinfurt spricht er über Horror-Szenarien, Unzufriedene und einen Verlierer der Trump-Politik.
Julian Müller-Kaler (links) und SPD-Abgeordneter Markus Hümpfer. Müller-Kaler arbeitet bei einer Denkfabrik in Washington. Bei einer SPD-Veranstaltung machte er sich Gedanken über die Auswirkungen der Trump-Präsidentschaft. 
Foto: Susanne Wiedemann | Julian Müller-Kaler (links) und SPD-Abgeordneter Markus Hümpfer. Müller-Kaler arbeitet bei einer Denkfabrik in Washington.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.01.2025 02:31 Uhr

Was könnte passieren? Wie geht es weiter? Welche Auswirkungen hat es auch auf Industrie und die Menschen hier vor Ort, wenn Donald Trump wieder an der Macht ist? Viele fragen sich das. Einer stellt sich solche Fragen beruflich: Julian Müller-Kaler. Der Politikwissenschaftler stammt aus Sommerach, lebt seit Jahren in den USA und arbeitet bei der Denkfabrik Stimson Center in Washington als Leiter des Programms für strategische Vorausschau.

Auf Einladung von SPD-Bundestagsabgeordneten Markus Hümpfer gibt er bei einer lockeren Gesprächsrunde ("Es ist immer schön, ein Heimspiel zu haben") Einblicke in die amerikanische Politik. Er hat aber auch Erklärungen dafür, warum Menschen überhaupt Populisten und Rechtsextreme wählen. Julian Müller-Kaler stellt auch mögliche Szenarien vor, was passieren könnte in der zweiten Ära Trump. Eines macht er am Anfang klar: "Trump hat ein Mandat von der amerikanischen Bevölkerung". Über 70 Millionen Stimmen habe noch kein Präsident auf sich vereinigen können.  

Warum Unzufriedene Systemsprenger wählen

Warum hat Trump so einen Erdrutschsieg erzielt? Müller-Kaler sieht Trump als Symptom, nicht als Ursache für einen kompletten Wandel in der Politik. Nicht nur in Amerika, auch in Europa. Das habe viel mit dem ökonomischen Transformationsprozess zu tun. "Das ist ein Nährboden für eine unfassbare Unzufriedenheit." Stelle sich jetzt jemand wie Trump als Außenseiter dar, der zum Beispiel gegen eine Elite vorgehen will, dazu das demokratische System generell infrage stellt, mache er Punkte.

Warnt jetzt noch die andere Seite vor dem Systemsprenger, verstärkt so dessen Außenseiter-Rolle, tut sie jemandem wie Trump einen Gefallen. Reaktion der mit dem System Unzufriedenen, die das Vertrauen in die Institutionen verloren haben: "Trump will das System zerstören, das mir Probleme bereitet. Dann ist er der, den ich wähle", erklärt Müller-Kaler eine Dynamik, die sich auch beim Zuspruch für die AfD beobachten lasse.  

Europa und die USA: Die Zoll-Politik von Donald Trump wird sich auch auf die Industrie in der Region auswirken. 
| Europa und die USA: Die Zoll-Politik von Donald Trump wird sich auch auf die Industrie in der Region auswirken. 

"Wenn Vertrauen nicht klar ist, stirbt die Demokratie", ist sich Müller-Kaler sicher. Deswegen sei es extrem wichtig für alle, die das Feld nicht Populisten oder der AfD überlassen wollen, das Vertrauen zurückzugewinnen. Wie? "Das fängt damit an, Fehler zuzugeben."

Trump setzt auf Zölle, für "alles, was von außen kommt". Ziel sei es, stärker in Amerika zu produzieren. Das könnte in den USA aber auch zu Preissteigerungen führen. Und durch Automatisierung nicht, wie erhofft, zu mehr Jobs führen. Welche Auswirkungen könnten sich jetzt für Deutschland und die Wirtschaft hier ergeben? "Die deutsche Industrie leidet am frühesten und am stärksten", befürchtet Müller-Kaler.

Die Globalisierung komme zu einem Ende, Deutschland habe aber immer von der Globalisierung profitiert. Jetzt komme noch die Automatisierung dazu, die einen Verlust von Arbeitsplätzen mit sich bringe. Auch wieder ein Punkt, der zu Unzufriedenheit führe. Und dadurch Populisten, die sich als Außenseiter und Systemsprenger geben, Zulauf verschafft. Müller-Kaler erzählt von einem Gespräch mit Bill Gates. Der Microsoft-Gründer geht davon aus, dass in drei Jahren 80 Prozent der Bürojobs von Künstlicher Intelligenz (KI) erledigt werden. 

Könnten die USA ein Ende des Handels mit China fordern? 

Müller-Kaler weist noch auf ein "Horror-Szenario" hin. In diesem stellen die USA Länder wie Deutschland vor eine Entscheidung: "Wir schützen euch, wenn ihr euch von China löst." Sprich keinen Handel mehr mit China betreibt.  Denn der Fokus der amerikanischen Politik werde nach seiner Einschätzung auf China liegen. 

Ein starkes Europa als Chance

Doch Risiken bergen auch immer Chancen. Europa müsse sich stärken, klare Interessen formulieren.  Erhebt die EU jetzt auch Zölle auf Waren aus der USA, könne das laut Müller-Kaler in eine Teufelsspirale und einen Handelskrieg führen.

Bei allem, was jetzt passiert, ist für Müller-Kaler wichtig, egal ob Verhandlungen über Frieden in der Ukraine oder sonstige politische Entscheidungen: "Europa muss mit am Tisch sitzen. Wer nicht am Tisch sitzt, landet auf der Speisekarte."

Und sein Rat für Deutschland? Weniger Bürokratie, weniger Verrechtlichung. Mehr Digitalisierung, ein System schaffen, dass Innovationen ermöglicht. Und so vorne bleiben. Jeder sollte sich aber auch klarmachen: "Uns geht es hier noch richtig gut. Wir haben viel geschafft und schaffen noch mehr."

 
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