
Der Spätfrost im April dieses Jahres trieb Weinbauern Schweißperlen auf die Stirn: Bei einigen Sorten seien bis zu 100 Prozent der Weinstöcke erfroren, sagt Winzer Albin Solf aus Donnersdorf. Außerdem machen Pilzkrankheiten zunehmend Probleme. Kommt es nun bei der Lese dadurch zu Verlusten? Wird es ein guter Weinjahrgang 2024? Ein Gespräch mit Winzern aus dem Steigerwald und dem Mainbogen.
Winzer Albin Solf aus Donnersdorf hat am 17. September mit der Lese begonnen. Der Zeitpunkt sei normal und habe sich durch den Frost kaum verzögert, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Dabei würden die Frostschäden an jedem Hang unterschiedlich stark ausfallen. Winzer Thomas Kraiß aus Handthal berichtet von nur fünf Prozent Frostschäden, und Winzer Martin Mößlein ist "heilfroh", dass seine Zeilitzheimer Weinlagen zu 90 Prozent vom Frost verschont blieben.
Annähernd normale Lesemenge nach fatalen Frostschäden
Anfangs sah es "katastrophal" um seinen Wein aus, sagt Solf. Doch die Reben erholten sich durch das gute Wetter im Lauf des Jahres. Das sonnige Wetter und die hervorragende Niederschlagsmenge boten den Trauben ideale Bedingungen. Dadurch seien die Ersatztriebe sehr zügig gewachsen. Diese 2. Generation sei von geringerer Menge als die ursprünglichen, erfrorenen Triebe. Doch gerade durch die geringere Menge an Trauben sei deren Qualität besonders gut, so Albin Solf.

Wäre die Traubenmenge nicht durch den Frost dezimiert worden, hätte der Winzer für eine bessere Qualität des Weins sowieso einen Teil der Trauben vor der Reife entfernt. Über 80 Grad Oechsle hat der Most des Müller-Thurgau aktuell, das bedeutet einen ausreichend hohen Süßegrad für einen Kabinettwein. Bei den Spätsorten wie Silvaner und Kerner warte er noch ein bis zwei Wochen mit der Lese. Durch das angekündigte gute Wetter würde sich der Zuckergehalt dieser Sorten bis dahin auf über 80 Öchsle erhöhen, sodass auch hier die Qualitätsklasse Kabinettwein erreicht werde. Die Ernte erwarte Solf also insgesamt trotz des Frostes gut.
Winzer Marco Geßner aus Garstadt erntet fast nur die erste Generation. Besonders sei in diesem Jahr, dass er eine eigentlich übliche Lesepause zwischen den früheren und späteren Sorten hatte. Der ausreichende Niederschlag habe für ein normales Pflanzenwachstum gesorgt. In den letzten Jahren seien die Sorten durch die Klimaerwärmung gleichzeitig und verfrüht reif gewesen.
Hoher Pilzdruck durch viel Niederschlag
Es war ein "herausforderndes" Jahr für Winzer Solf: Die Schwüle dieses Jahres und der Frost hätten auch den Pilzdruck erhöht. Obwohl er bei Bedarf Pflanzenschutz ausbrachte, waren einige Reben von Pilz befallen, sagt Solf. Der Echte und Falsche Mehltau seien dabei das größte Problem der Winzer, so auch Thomas Kraiß. Er habe seine Weinstöcke großzügig entblättert, um zu hohe Feuchtigkeit und damit Pilzbildung in der Traubenzone zu verhindern. Außerdem habe er häufiger Pflanzenschutz ausgebracht.

Albin Solf berichtet von guter Kommunikation seitens der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), deren Weinbaufax die Winzer bestens über die aktuelle Lage informiere und Pflegemaßnahmen empfehle. Auch Thomas Kraiß bestätigt einen guten Austausch mit der LWG. Diese betreibe Forschung und biete Fortbildungsveranstaltungen für die Winzer an.
Die Anlagen von Winzer Martin Mößlein sind vom Pilz verschont geblieben. Er habe seitens der LWG und des Weinbaurings Franken sehr gute Auskunft zur Pilzlage erhalten und konnte daher effektiv mit gezieltem Pflanzenschutz gegensteuern.
Pilz Esca sorgt für irreversibles Absterben der Reben

Ein Pilz, der nicht wie der Mehltau mit Pflanzenschutz zu bekämpfen ist, ist Esca. Dieser Pilz konnte sich hierzulande schnell verbreiten, weil die Pflanzen durch die Trockenheit gestresst sind, sagt Geßner. Er verstopft die Leitbahnen des Weinstocks, was diesen früher oder später absterben lässt. Es gibt keine Maßnahmen, um den Rebstock dann noch zu retten, es muss neu gepflanzt werden, so Kraiß.

Präventiv kann auf einen sanften Rebschnitt geachtet werden. Das bedeutet, dem Rebstock möglichst wenige Verletzungen zuzufügen, sodass der Pilz keine Eintrittspforten hat, sagt Geßner. Außerdem könnten gesunde Pflanzen absichtlich mit einem anderen Pilz besiedelt werden, um den Befall durch Esca zu verhindern. Vor allem bei älteren Weinbergen sei ein Pilzbefall bedauerlich. Die seien mit ihrem ausgeprägten Wurzelwerk gegen Trockenperioden durch den Klimawandel besser gewappnet als neu gepflanzte.
Weinqualität bedient Trends
Die kühleren Nächte und warmen Tage aktuell förderten noch einmal die Fruchtigkeit und Aromen des Weins. Der diesjährige Wein habe eine angenehme, harmonische Säure und bediene damit den generellen Trend hin zu frischeren, fruchtigeren Weinen, so Mößlein.

Geßner spricht von goldgelben "Bilderbuchtrauben" aus denen fein aromatische, leichtere Weine würden. Wie Kraiß strebt er einen Alkoholgehalt von elf bis 12 Prozent an.
Rückläufiger Weinkonsum in Deutschland
Im Allgemeinen ist laut dem Deutschen Weininstitut der Weinkonsum rückläufig: Etwa fünf Prozent weniger Wein werde in der Saison 2022/2023 im Vergleich zum Vorjahr konsumiert. Diesen Trend stellt auch Winzer Marco Geßner fest und führt das auf den generellen gesellschaftlichen Wandel weg von ausgiebigem Alkoholkonsum zurück. Sein Betrieb sei durch die Belieferung von Festivitäten noch gut aufgestellt. Der Vertrieb seines Weines in größeren Mengen an Privatpersonen gehe allerdings stark zurück. Wenn die Menschen dann aber Wein trinken würden, dann einen guten, regionalen und kein Massenprodukt, vermerkt der Winzer. "Die Weinbranche erlebt einen riesigen Wandel", so Geßner.
Winzer Mößlein bedauert diesen Rückgang und versteht angesichts der Cannabislegalisierung die Kritik am Alkoholkonsum nicht. "Wein vermittelt Lebensfreude", sagt er.