"Man kann sich nicht vorstellen, welche Gewalt Wasser haben kann", sagt Stefan Brach sichtlich angefasst. Der 54-Jährige sitzt am Wohnzimmertisch in Bergrheinfeld und blickt zurück auf eine aufwühlende Zeit. Anfang Oktober verbrachte er eine Woche lang im Ahrtal. Jene Gegend in Rheinland-Pfalz, die in der Nacht auf den 15. Juli einer verheerenden Überschwemmung zum Opfer fiel. Häuser, Brücken, Autos: Eine bis zu sieben Meter hohe Flutwelle riss Vieles mit und kostete mehr als 130 Menschen das Leben.
Weil zahllose Menschen ihre Häuser und Wohnungen an die Flutwellen verloren haben, entschloss sich der Bergrheinfelder Stefan Brach, zu helfen. Als Heizungsbauer wurde er über die Facebook-Gruppe "Heizungsbauer aus Leidenschaft" sowie über die Website "Handwerkerhelfen.de" aufmerksam. Die Plattformen sammeln Hilfsangebote von Fachhandwerkern und koordinieren konkrete Hilfsanfragen. Und von diesen, weiß Brach, gibt es im Ahrtal derzeit reichlich: "Dort sieht es überall aus wie auf einer Baustelle, das ist schon heftig."
Urlaub genommen, um im Hochwassergebiet zu helfen
Kurzer Hand entschloss sich der Bergrheinfelder also nach Rheinland-Pfalz zu fahren und nahm sich hierfür eine Woche Urlaub. Sein Arbeitgeber, das Schweinfurter Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik-Unternehmen "Greb", unterstützte sein Vorhaben, stellte ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung und schickte Brach sogar einen Auszubildenden, den 20-jährigen Kai Sittler, mit. "Das war schon echt ein guter Zug", sagt Brach, der sich über die große Rückendeckung und Unterstützung freute.
Im Ahrtal angekommen wurde den beiden Männern dann das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe bewusst. Zerstörte Häuser, eingestürzte Brücken, mitgerissene Bahnschienen. Zwar war die Flut längst weg, als Brach und Sittler dort ankamen, geblieben ist jedoch eine verwüstete Gegend mit zahlreichen Schicksalen. "Und das in einer sonst so wunderschönen Region", sagt Brach.
Über die Koordinierungsstelle der Hilfsorganisation kamen Brach und sein Azubi bei einer Familie in Bad Neuenahr-Ahrweiler unter, deren Haus selbst stark vom Hochwasser betroffen war. "Das Erdgeschoss war komplett abgesoffen, oben konnten wir aber schlafen", so Brach, der sich über die Gastfreundschaft und die Dankbarkeit der Menschen im Katastrophengebiet sichtlich freute. Warmes Wasser gab es nicht, zum Duschen ging es in ein benachbartes Haus.
"Die brauchen dringend eine Heizung"
Eine Woche lang halfen die Heizungsbauer ehrenamtlich, das Material wurde über Spenden finanziert. "Man konnte wirklich überall helfen, mal haben wir in einem Erdgeschoss neue Leitungen verlegt, mal haben wir in einem Keller eine neue Heizung eingehängt. Vielen seien die Heizungen "einfach abgesoffen", erzählt Brach. Das Ziel sei gewesen, vorwiegend unversicherten Geschädigten zu helfen, "die in der Scheiße sitzen, die kalte Jahreszeit steht an, die brauchen dringend eine Heizung", so Brach.
Und natürlich, weiß der 54-Jährige, hätten die Menschen dort auch Redebedarf. "Dann unterhältst du dich zum Beispiel mit einer älteren Dame, die weint und erzählt, dass sie aus dem Fenster die reißende Flut beobachtete, in der einfach Autos vorbeischwammen, das ist schon richtig hart", sagt Brach mit Tränen in den Augen. Einige, mit denen Brach gesprochen habe, fühlten sich teilweise im Stich gelassen. Denn dort beschäftige die Menschen noch immer die Frage, warum nicht mehr Menschen früher hätten gewarnt werden können. Viele seien noch immer traumatisiert.
Bergrheinfelder Heizungsbauer will erneut ins Ahrtal fahren
Doch bei allem Leid und Schicksalsschlägen hätten viele Menschen im Ahrtal den Lebensmut noch nicht verloren. Für den Bergrheinfelder Heizungsbauer war die Woche im Hochwassergebiet jedenfalls eine gute und wertvolle Erfahrung. "Es hat mir so gut getan, dass ich den Menschen helfen konnte." Darauf sei er so stolz, sodass die Planungen für seinen nächsten Hilfsbesuch bereits weit fortgeschritten sind. Schon am 25. Oktober, erzählt Brach, wird er erneut ins Ahrtal reisen. Den Urlaub hierfür habe er bereits genommen.
Genau wie der Auszubildende Kai Sittler kann Stefan Brach eine Hilfsaktion im Ahrtal nur weiterempfehlen. Schließlich verschwinde das Thema nach und nach wieder aus den Medien, die Hilfe werde dort jedoch nach wie vor dringend benötigt. "Von jedem, der irgendwas zum Wiederaufbau beitragen kann, egal ob Zimmermann, Schreiner, Verputzer, Elektriker."