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Stammheim
Wenn der Fahrer zum Paddel greift
Schwimmautos auf dem Main und Altmain sorgten jüngst beim Treffen in Stammheim für viel Aufsehen an der Mainschleife. Das Spektakel warf aber auch viele Fragen auf.
Wenn der Fahrer zum Paddel greift       -  Für viel Aufsehen sorgte an Pfingsten das 59. internationale Schwimmwagentreffen in Stammheim mit zwei Ausfahrten auf dem Altmain beziehungsweise auf dem Main. Im Vordergrund ist das äußerst seetaugliche Amphicar Model 770 zu sehen. Es konnte auch bei hoher Windstärke auf See nicht zum Kentern gebracht werden. 1962 gelang Engländern damit sogar die Durchquerung des Ärmelkanals.
Foto: Armin Martin | Für viel Aufsehen sorgte an Pfingsten das 59. internationale Schwimmwagentreffen in Stammheim mit zwei Ausfahrten auf dem Altmain beziehungsweise auf dem Main.
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 27.06.2019 02:10 Uhr

Es war ein Spektakel der besonderen Art, das bei Einheimischen und Touristen kürzlich an der Volkacher Mainschleife für großes Aufsehen sorgte: das 59. Pfingsttreffen der Deutschen Interessengemeinschaft für Schwimm- und Geländewagen. Das internationale Rendevouz der Wasserautos fand, wie berichtet, im Museum für Militär und Zeitgeschichte in Stammheim mit Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Tschechien statt. Das Programm beinhaltete zwei (Aus-)Fahrten zu Wasser im Konvoi, einmal auf dem Altmain von Astheim bis Gerlachshausen, zum anderen auf dem Main von Stammheim bis Volkach.

Das bekannteste Schwimmfahrzeug ist der VW Typ 166. In Stammheim waren neben anderen Amphibienfahrzeug-Prototypen 23 davon am Start, darunter der von Wolfgang Nertinger aus Mindelheim, dem Organisator des Treffens. Mit ihm unterhielten wir uns über diverse Fragen, die das Spektakel in der Reaktion und bei Lesern aufgeworfen hatte, bis hin zur Frage, ob man fürs Steuern eines Amphibienfahrzeugs im Wasser einen Bootsführerschein benötigt.

Frage: Herr Nertinger, bedürfen derartige Schwimmfahrten der Genehmigung durch die für Schifffahrt, Wasserrecht und Naturschutz zuständigen Ämter oder kann ich nach Belieben im See oder Fluss mit meinem Schwimmauto herumfahren?

Wolfgang Nertinger: Fahrten anlässlich größerer Treffen werden von uns bei den zuständigen Ämtern schon lange vorab angemeldet und meistens auch genehmigt. Die Fahrzeuge selbst sind als Motorboot zugelassen und dürfen auf allen für die Motor-Schifffahrt zugelassenen Gewässern schwimmen. Kleinere Flüsse, Seen, Baggerseen und dergleichen sind tabu für uns. Wir achten zusätzlich darauf, die Gewässer nur an den dafür bestimmten Stellen ein- und auszufahren und die Ufer- und Ruhewasserzonen zu meiden.

Wenn der Fahrer zum Paddel greift       -  Die Schwimmwagen-Armada auf dem Altmain passiert auf dem Weg nach Gerlachshausen gerade Nordheim (rechts) und Escherndorf.
Foto: Armin Martin | Die Schwimmwagen-Armada auf dem Altmain passiert auf dem Weg nach Gerlachshausen gerade Nordheim (rechts) und Escherndorf.

Besteht die Gefahr, dass bei den Wasserfahrten Benzin, Öl oder Kühlflüssigkeit in die Gewässer gelangen?

Nertinger: Nein, es gelten für uns die gleichen Vorgaben wie für Motorboote. Zum anderen wird dies durch die Bauweise verhindert.

Braucht man fürs Steuern eines Schwimmwagens im Wasser spezielle Instrumente?

Nertinger: Nein, aber es sollte die Ausrüstung wie in einem Motorboot an Bord sein (Schwimmwesten, Anker, Feuerlöscher usw.).

Benötige ich einen Motorbootführerschein?

Nertinger: Ja, wobei die Bestimmung besagt, dass nicht der mindestens 16 Jahre alte Fahrzeugführer den Motorbootführerschein selbst besitzen muss. Es genügt, wenn generell ein Inhaber des Motorbootführerscheines an Bord ist.

Wie schnell ist der VW Typ 116 zu Land und zu Wasser unterwegs?

Nertinger: Auf dem Lande fährt ein Schwimmwagen bis zu 90 km/h, im Wasser gute Schrittgeschwindigkeit bis 10 km/h.

Was ist zu berücksichtigen, wenn ein Schwimmwagen etwa bei hohem Wellengang kentern sollte?

Ein ob der Frage eher erheiterter Wolfgang Nertinger mit einem Augenzwinkern: Dann sollte man sich die Stelle gut merken und einen Taucher im Bekanntenkreis haben …

Im Ernst: Was ist aber, wenn der Motor doch einmal im Wasser ausfallen sollte?

Nertinger: Dann müssen wir eben zu dem seitlich am Wagen befestigten Holzpaddel greifen und mit Muskelkraft paddeln.

Was kostet der VW vom Typ 166 auf dem Liebhabermarkt?

Nertinger: Schwimmwagen wie diese gibt es selten zu kaufen. Es sind und bleiben Unikate und Liebhaberstücke. Die meisten bleiben in der Familie und werden vererbt. Wenn mal einer angeboten wird, dann erreicht er meist eine sechsstellige Summe.

Wie kommen die Besitzer an die Ersatzteile für die Schwimmautos wie den VW 166?

Nertinger: Wir sind alle „Selbstschrauber“. Verschleißteile wie Reifen werden manchmal von der DISG nachgefertigt. Manche Teile können auch von alten VW-Käfern verwendet werden. Ansonsten lautet die Devise: tauschen, suchen, suchen oder selber machen.

Wenn der Fahrer zum Paddel greift       -  Der VW Typ 166 führt beim internationalen Schwimmwagenteffen in Stammheim an Pfingsten den Konvoi der Schwimm- und Geländefahrzeuge an.
Foto: Armin Martin | Der VW Typ 166 führt beim internationalen Schwimmwagenteffen in Stammheim an Pfingsten den Konvoi der Schwimm- und Geländefahrzeuge an.

Wie viele fahr- und schwimmbereite VW Typ 166 gibt es Ihrer Einschätzung nach insgesamt noch weltweit?

Es werden so rund 300 originale Schwimmwagen vermutet, viele in Museen. Nicht alle davon sind fahr- und schwimmbereit.

Was können Sie uns über Ihren eigenen Schwimmwagen sagen?

Nertinger: Ich fahre meinen Schwimmwagen nun seit 22 Jahren sorgenfrei und hatte damals das Glück, einen fahrbereiten VW Typ 166 aus der Konkursmasse eines Autohauses zu erwerben.

Letzte Frage: Wie sind Sie zu diesem Hobby gekommen sind?

Nertinger: Den Virus Oldtimerfahrzeuge bekam ich mit meinem ersten Motorrad, einer 250er BMW.

Der VW Schwimmwagen Typ 166
Der bekannteste Schwimmwagen ist der von Ferdinand Porsche entwickelte Volkswagen Typ 166. Davon wurden von Herbst 1942 bis Sommer 1944 im Volkswagenwerk bei Fallersleben etwas mehr als 14000 Stück im Auftrag des nationalsozialistischen Regimes für die Deutsche Wehrmacht hergestellt.
An die Zeit der militärischen Nutzung erinnert noch der mit einer MG-Halterung ausgestattete Beifahrersitz. Er konnte umgelegt werden, um im Wasser treibend besser mit dem Maschinengewehr zielen zu können.
Der Schwimmwagen VW Typ 166 basiert zum einen auf dem Kübelwagen VW Typ 82. Porsche hatte zudem für die Entwicklung des Fahrzeugs auf die Technik eines schon in den 1920er-Jahren in Deutschland gebauten zivilen Schwimmwagens aufgebaut. So war der Volkswagen Typ 166 als schwimmfähiger Geländewagen mit Allradantrieb entstanden.
Besondere Merkmale sind die wannenförmige Karosserie, die herabschwenkbare dreiflügelige Schraube am Heck für den Schiffsantrieb und ein modifizierter Boxermotor mit 25 PS Leistung. (novo)
Wenn der Fahrer zum Paddel greift       -  Der VW Typ 166 ist ein äußerst see- und geländetaugliches Fahrzeug, wie man auch beim 59. internationales Schwimmwagentreffen an Pfingsten im Militärmuseum in Stammheim feststellen konnte.
Foto: Armin Martin | Der VW Typ 166 ist ein äußerst see- und geländetaugliches Fahrzeug, wie man auch beim 59. internationales Schwimmwagentreffen an Pfingsten im Militärmuseum in Stammheim feststellen konnte.
 
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