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Schweinfurt
Wegen Messerattacke vor Gericht: Angeklagter kann sich an nichts erinnern
Fünf Freunde wollten nur trinken, quatschen, "chillen". Am Ende lag einer von ihnen im Krankenhaus. Am Montag war Prozessauftakt für einen ungewöhnlichen Fall.
Das Amtsgericht in der Rüfferstraße 1 in Schweinfurt. 
Foto: Patty Varasano | Das Amtsgericht in der Rüfferstraße 1 in Schweinfurt. 
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 16.02.2024 05:22 Uhr

Mit einem außergewöhnlichen Fall hat es die Große Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt zu tun. Am letzten Tag des Juli 2021, gegen Abend, trafen sich fünf junge Kerle in Schweinfurt, wollten zusammen was trinken, quatschen, etwas rumhängen – auf Neudeutsch "chillen". Übers Handy hatten sie sich verabredet. Sie sind alle aus der Gegend, dennoch hatte einer von ihnen eigens ein Zimmer in einem Hotel angemietet, um nachts nicht mehr nach Hause fahren zu müssen.

Vom Treffpunkt an einem Supermarkt geht's mit einer Flasche Wodka in den Theaterpark. "Dort haben wir getrunken, uns unterhalten und Musik gehört", sagt ein 18-jähriger Beteiligter. Nach rund einer Stunde seien sie ins Hotelzimmer und hätten dort weitergemacht. Als ihnen die Zigaretten ausgehen, machen sich drei von ihnen auf den Weg zu einer nahen Spielothek, um Nachschub zu holen. Plötzlich, ohne jede Vorwarnung, dreht sich einer von ihnen, ein 20-jähriger Schüler, zu dem 18-Jährigen hin und sticht mit einem Messer auf ihn ein.

Das Opfer glaubt zunächst, es seien Faustschläge, tatsächlich sind es fünf bis sechs heftige Messerstiche in den Arm und den Brustbereich. "Dann bin ich auch schon gerannt", sagt der 18-Jährige. Sein Glück: Die Tat geschieht direkt vor dem St.-Josef-Krankenhaus. Dorthin flüchtet der 18-Jährige, nur etwa 30 Meter, und klingelt. "Die sind gleich mit einer Liege gekommen, dann hab' ich nur noch schwer Luft bekommen", sagt das Opfer der Messerattacke. Ab dann hat er keine Erinnerung mehr.

"Eher ein ruhiger Typ"

So schildert es der junge Mann an diesem Montag vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt. Er tritt auch als Nebenkläger auf, kann sich aber die Gewaltaktion des 20-Jährigen gegen sich und sein Leben nicht erklären. Er kennt ihn seit vier Jahren, seit eineinhalb Jahren hätten sie "öfters was miteinander gemacht, wir haben denselben Freundeskreis". Auch am Tatabend sei ihm nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen: "Er ist eher ein ruhiger Typ."

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Um lebensgefährliche Verletzungen ausschließen zu können, wird der Schwerverletzte in der Klinik "kurzzeitig intubiert und operiert", so der Staatsanwalt. Rechtlich wertet er die Tat als versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung. Er trägt aber keine Anklage vor, sondern eine Antragsschrift. Denn der 20-Jährige leide an einer katatonen Schizophrenie. Er habe als Heranwachsender zwar unmittelbar dazu angesetzt, einen Menschen heimtückisch zu töten – dies jedoch im Zustand der Schuldunfähigkeit. In dem Verfahren geht es deshalb nicht um eine mögliche Haftstrafe, sondern um die Unterbringung des 20-Jährigen in der forensischen Psychiatrie zum Schutz der Allgemeinheit.

Keine Erinnerung an die Tat

Der mutmaßliche Messerstecher entschuldigt sich bei dem 18-Jährigen. Seine beiden Verteidiger verlesen eine Erklärung von ihm, dass ihm die Tat sehr leid tue und er keine Erklärung dafür habe. Ihm fehle jede Erinnerung daran. Der 20-Jährige war ab 1. August 2021 zunächst in Untersuchungshaft und ist seit Ende September in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

Für das Sicherungsverfahren sind sechs Verhandlungstage angesetzt, der nächste am Donnerstag, 3. Februar.

 
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