
Das ist peinlich, ja auch doof. Da wachst du auf, splitterfasernackt, und neben dir liegt ein Mann, frei von Kleidern, genau wie du. Was ist hier nächtens passiert? Alain, der erfolgreiche Pariser Anwalt und sein Angestellter Nicolas, man würde sie heute "zwei alte weiße Männer" nennen, wissen es nicht.
Im Theater im evangelischen Gemeindehaus zeigt das Tourneetheater a.gon München die nahe an der Farce angesiedelte Komödie "Zwei Männer ganz nackt" (und sie sind dies tatsächlich immer wieder, ohne das dies irgendwie peinlich wirken könnte) von Sébastien Thiéry kurz nach der Premiere der Inszenierung von Stefan Zimmermann in Iserlohn. Und das mit großem Tempo und mitreißenden Schauspielern.
Rufus Beck, an den sich viele Theaterfreunde als Franz Moor in Schillers "Räubern" oder an eine Lesung beim Nachsommer erinnern, gibt den Jan, den die Situation sehr verunsichert und der dies mimisch erstklassig zeigt. Peter Kremer (Siska und auch viele Tatortfolgen) gibt den Nicolas, der sich nur schwer den Versuchen Jans entziehen kann, der offensichtlich ausmachen will, ob sein Bettgenosse tatsächlich schwul ist. Bockig, aber auch resignierend reagiert dieser auf die Situation. Ebenfalls großartig.
Von der Ehefrau am nächsten Morgen überrascht
Dass da etwas läuft, davon geht Jans Frau Catherine aus, nachdem sie die beiden überrascht hat. Das glaubt sie schon deshalb, weil sie der Gatte schon seit Jahren nicht mehr angerührt hat. Und da sind noch das benutzte Kondom und das fremde Haar auf der Couch. Judith Riehl spielt die Ehefrau resolut mütterlich, in die das Misstrauen schlagartig hineinfährt.
Steven Koop hat eine Einheitsbühne geschaffen. Einen großbürgerlichen Salon. Im Zentrum eine riesige rote Couch, eine Van Gogh-Kopie an der Wand, ein Hirschgeweih, eine Vase, in die Jan ein zweites Kondom versenkt. Die Versuche Jans aus der Nummer herauszukommen sind urkomisch. In seinem seidenen Gewand umtanzt Jan Nicolas verführerisch und dann holt er ein attraktives, leicht bekleidetes Callgirl (Chiara Pui) in die Wohnung, in der Hoffnung von seiner Ehefrau überrascht zu werden und sich als Hetero bewiesen zu haben. Aber vielleicht ist er ja "bi"?
Urkomisch, das alles. Das Publikum im fast vollbesetzten Gemeindehaus geht begeistert mit, kommt aus dem Lachen kaum heraus. Viel Beifall am Schluss.Keine Komödie ohne Happy End? Nur, wie die zwei nackten Männer in die Verstrickung gelangt sind, bleibt offen. Gut für Gespräche nach dem Theaterbesuch.