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Schweinfurt
Warum Kriegsgräber zum Frieden mahnen
Können Gräber für Frieden und Versöhnung stehen? Die Ausstellung "Von Stalingrad nach Rossoschka" im Bayernkolleg zeigt, warum Kriegsgräber auch Europa verkörpern.
Der Soldatenfriedhof in Rossoschka. Mehr als 61 000 Tote ruhen hier. 
Foto: Uwe Zucchi | Der Soldatenfriedhof in Rossoschka. Mehr als 61 000 Tote ruhen hier. 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:13 Uhr

„Wer an Europa zweifelt, der sollte Kriegsgräber besuchen.“ Dieser Satz von Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission, ist ein treffendes Motto für die Ausstellung "„Von Stalingrad nach Rossoschka“im Bayernkolleg. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Volkshochschule und Bayernkolleg wollen gemeinsam nicht nur zeigen, was Krieg bedeutet. Oder warum es wichtig ist, diese   Gräber zu pflegen und zu erhalten. Sie wollen auch deutlich machen, dass es in Europa nicht immer selbstverständlich war, in Frieden zu leben. Und dass Europa eine Antwort auf die schrecklichen Kriege ist. 

Längste Phase ohne Krieg in Europa 

"Wir gehen jetzt in das 75. Friedenensjahr. So eine lange Phase ohne Krieg hat es Jahrhunderte nicht gegeben", sagt Oliver Bauer,  Bezirksgeschäftsführer des  Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Vhs-Leiterin Jutta Cize erinnert sich daran, wie sie als Kind mit ihrem Vater auf einem Soldatenfriedhof stand und sich dachte: "Ich bin Europäerin. Ich möchte nie Krieg mit meinen Nachbarn führen."

Schulleiter Peter Rottmann  freut sich, dass die Ausstellung im Bayernkolleg zu sehen sein wird. Die Schüler seien sensibilisiert für das Thema Weltkriege. Nicht nur, was die reine Geschichte, die historische Dimension angehe. In vielen Familien gebe es immer noch Erinnerungen  an Männer, Vater, Brüder, Großväter, die nicht aus dem Krieg zurückgekommen sind. Für Rottmann ist die Ausstellung auch eine Chance, sich Gedanken zu machen, wie gefährdet Friede oder eben auch der Europagedanke sein kann.    

Führungen und Vortrag 

Die Volkshochschule, die die Zusammenarbeit aller Beteiligten initiierte, hat die Ausstellung in ihr Semesterprogramm eingebunden und zwei begleitende Führungen zu Kriegsgräbern in Schweinfurt und in Zusammenarbeit mit der Initiative gegen das Vergessen zu Zwangsarbeitern in Schweinfurt organisiert, heißt es in der Pressemitteilung. Bauer, Cize und Rottmann hoffen, dass auch Schulen aus der  Stadt oder der Umgebung sich so mit dem Thema Erinnerung und "Friedensarbeit", wie es im Untertitel der Ausstellung heißt, auseinandersetzen.  

Die Ausstellung ist zweigeteilt, erzählt Bauer beim Pressetermin. Ein historischer Teil beschäftigt sich mit derSchlacht um Stalingrad (Spätsommer 1942 bis zur deutschen Kapitulation  am 2. Februar 1943), dem Schicksal von Soldaten und Gefangenen. "Wir stellen Einzelschicksale vor."     

Teil zwei beschäftigt sich mit Bau und Geschichte der Kriegsgräberstätte Rossoschka. Mehr als 61 000 Tote liegen hier. Für Bauer eine ewige Mahnung daran, was Krieg bedeutet. Und eine Aufforderung zu Versöhnung und Verständigung. Der Volksbund hat so geholfen, dass in der Nachbarschaft eine russische Kriegsgräberstätte angelegt wurde. Bauer hält es für wichtig, solche Anlagen zu erhalten. "Wer da steht, versteht, was Krieg und Gewalt bedeuten."     

Immer noch werden Tote identifiziert 

 Der Volksbund begeht in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen, er kümmert sich um Pflege und Erhalt von mehr als 2,7 Millionen deutsche Soldatengräbern auf 832 Kriegsgräberstätten. In Osteuropa ist der Volksbund erst seit den 1990er-Jahren aktiv, zu Zeiten der Sowjet-Union sei das alles sehr schwer gewesen, so Bauer.  2018 wurden  bei Bauarbeiten im Gebiet des ehemaligen „Kessels von Stalingrad“ die Gebeine von rund 1800 deutschen Soldaten gefunden. Sie werden in Rossoschka begraben werden. In nicht wenigen Fällen können die Toten dank Erkennungsmarke zum Beispiel,  noch identifiziert werden. 

Völkerverständigung setzt der Volksbund übrigens auch ganz praktisch um: Seit 1953 gibt es internationale Workcamps und Jugendbegegnungen. Auch in Rossoschka arbeiteten deutsche und russische Jugendliche gemeinsam, um die Anlage zu pflegen.  Das ist in der Ausstellung zu sehen. 

'Von Stalingrad nach Rossoschka' ist der Titel einer Ausstellung, die im Bayernkolleg vom 26. Juni bis 26. Juli zu sehen sein wird. Im Bild (von links) Oliver Bauer, Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Jutta Cize, Leiterin der Volkshochschule und Schulleiter Peter Rottmann.
Foto: Susanne Wiedemann | "Von Stalingrad nach Rossoschka" ist der Titel einer Ausstellung, die im Bayernkolleg vom 26. Juni bis 26. Juli zu sehen sein wird.

Öffnungszeiten der Ausstellung: Montag bis Freitag 8 bis 16.30 Uhr, Ausstellungsort: Bayernkolleg, Florian-Geyer-Straße 13

Vortrag: „Kriegsgräber als Lernorte: Gräberpflege, Erinnerungskultur und Friedensarbeit“, Mittwoch, 26. Juni, 19 Uhr, Bayernkolleg, Anmeldung über die vhs, Tel.: 51 54 33 Eintritt frei.  Führungen: Friedhofsführung: Kriegsgräber. Dienstag, 2. Juli, 18 Uhr, Treffpunkt: Haupteingang des Schweinfurter Hauptfriedhofs. Anmeldung über die vhs erforderlich (Tel.:51 54 33) Gebühr 8 Euro. „Die Zwangsarbeiter in Schweinfurt“. Samstag, 20. Juli, 17 Uhr. Treffpunkt: Kreuzung Uferstraße/Obere Weide. Veranstalter: Initiative gegen das Vergessen. Kostenfrei, Spende erbeten, ohne Anmeldung.

 
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