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Schweinfurt
Warum gab es Streit und wer zog das Messer?
Es ist ein schwieriges Verfahren wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung. Zeugen müssten aus dem Ausland herbeizitiert werden. Kann das Auswärtige Amt helfen?
Vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt muss sich ein 40-Jähriger wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung verantworten.
Foto: Patty Varasano | Vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt muss sich ein 40-Jähriger wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung verantworten.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:57 Uhr

Auch nach dem zweiten Tag vor der 1. Großen Strafkammer, vor der sich ein 40-Jähriger verantworten muss, bleiben Fragen. Ihm wird vorgeworfen auf einer Geburtstagsfeier einen Mann niedergestochen und einen weiteren schwer an der Hand verletzt zu haben. Wie berichtet, eskalierte in der Nacht auf den 27. Mai 2020 eine Geburtstagsfeier in einer Landkreisgemeinde. Ein Mann wurde schwer verletzt, musste wegen drei Stichen an der Schulter und einem im Rücken, der auch die Lunge verletzte, im Krankenhaus operiert werden.

Zwei Brüder und deren Bekannter waren Mitte März nach Deutschland gekommen, um ein Auto zu kaufen. Der Aufenthalt verlängerte sich. Möglicherweise auch, um im Raum Schweinfurt auf Baustellen zu arbeiten. Der nun Angeklagte soll dabei eine Rolle zwischen Chef und Arbeitsvermittler eingenommen haben. Das Trio fand eine Bleibe in der gemieteten Doppelhaushälfte des Angeklagten. Doch es gab Streit. Wenige Tage vor der Geburtstagsfeier verkündete der Angeklagte den Dreien, es sei Zeit zu gehen. Dennoch feierte man gemeinsam.

Doch irgendwann wurde ein Küchenmesser zur Waffe und es floss Blut. Der Bekannte der Brüder, jener, der an der Hand verletzt wurde, hatte nach der Tat bei Vernehmungen der Kripo und gegenüber einer Ermittlungsrichterin den Angeklagten der Tat bezichtigt. Seine Verletzungen habe er sich zugezogen als er versucht habe, ihm das Messer abzunehmen und ihn vom weiteren Einstechen auf den bereits Verletzten abzuhalten. Der Bruder des Geschädigten sagte aus, geschlafen zu haben, nur vom Hörensagen zu wissen, wer der Täter sein soll. Er sagte der Ermittlungsrichterin gegenüber aber auch, dass der Angeklagte ihnen Geld geschuldet habe. Der Angeklagte, der ansonsten zum Tatvorwurf schweigt, behauptet, die Zeugen hätten sich abgesprochen, um sich an ihm, der sie aus dem Haus haben wollte, zu rächen.         

Seine beiden Verteidigerinnen beantragten ein Verwertungsverbot der von Kripo und Ermittlungsrichterin vorgenommenen Vernehmungen, da sie vor Ausstellung des Haftbefehls und ohne anwaltlichen Beistand stattfanden. Die ermittelnden Beamten, so entschied das Gericht, wurden dennoch als Zeugen gehört, inwieweit ihre Aussagen in das Urteil einfließen, bleibt abzuwarten.    

Auch die ehemalige Freundin wäre eine wichtige Zeugin 

Erschwert wird das Verfahren, da bisher weder die beiden Brüder, von denen der eine schwer verletzt wurde, noch der dritte im Bunde – sie befinden sich wieder in ihren Heimatländern – bisher auf die Aufforderung des Gerichts, sich als Zeugen zur Verfügung zu stellen, gemeldet haben. Möglicherweise gab es aber auch Übersetzungsfehler und die Zeugen wurden deshalb nicht ordnungsgemäß geladen. Die Vorsitzende Richterin will nun prüfen, ob man diese Zeugen mit Hilfe des Auswärtigen Amtes beibringen kann.

Wichtig wäre auch die Aussage der auch auf der Feier anwesenden damaligen Freundin des Angeklagten. Die ist wieder in ihrer Heimat. Ob eine Zeugenvernehmung mit ihr via Skype zustande kommt, ist unklar. Gegenüber einer Ermittlungsrichterin hatte sie kurz nach der Tat erklärt, die Messerstecherei selbst nicht beobachtet zu haben. Auf jeden Fall hatte sie an jenem Abend Streit mit dem Angeklagten, der sie mit falschen Versprechungen hierher gelockt habe. Die Beziehung befand sich in Auflösung.     

Der Angeklagte brachte den schwer verwundeten Mann ins Krankenhaus

Fest steht, dass der Angeklagte derjenige war, der dafür sorgte, dass der Schwerverletzte ins Krankenhaus kam. Er rief einen ihm flüchtig bekannten Arzt an. Der kam, fand den Niedergestochenen blass und blutend auf einem Bett vor und entschied, dass der Mann schnell ins Krankenhaus müsse. Da sich die Tat nur wenige Minuten vom Krankenhaus entfernt zugetragen hat, brachten Arzt, Angeklagter und ein weiterer Mann den Schwerverletzten mit dem Auto ins Krankenhaus.     

Der als Zeuge geladene Arzt berichtete auch von einem Mann, der vor dem Tatort im Auto sitzend einen weiteren Mann durch das geöffnete Autofenster hindurch mit dem Messer bedroht habe und dann weggefahren sei. Dabei habe es sich nicht um den Angeklagten gehandelt. Insgesamt habe er die Situation vor Ort als bedrohlich empfunden. Der Prozess wird fortgeführt, vorsorglich wurden mehrere zusätzliche Prozesstage angesetzt.      

 
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