"Wir haben die erste Schluckimpfung gegen Corona", sagt Ernst Böhm, der Wirt vom "Madenhäusle", und meint das natürlich nicht bierernst: Eine Runde Eierlikör im Waffelbecher trägt zur Aufheiterung seiner Kunden bei und stärkt damit die Abwehrkräfte gegen das Virus.
Die preisgekrönte Gaststätte an der Gustav-Adolf-Straße hat in der Coronakrise ebenfalls geschlossen. Mit Wirtshausmusik, Biergarten und geselligen Runden ist seit einem Monat erstmal Schluss. Das Wirtsehepaar hat, neben Gutscheinen, jetzt Essen "to go" im Angebot, wie manch kreativer Kollege. Da "Äs Madenhäusle" ein Mundartwirtshaus ist, nennt sich der Abholservice natürlich anders: An Sonntagen zwischen 11.30 Uhr und 15 Uhr bietet Köchin Sabine Böhm "Sabines Küchn für Daheim an", Anmeldungen sind per Mail oder telefonisch möglich. Da der Andrang groß ist, gibt's einen Aperitif für die wartenden Nutzer, die mal aus Volkershausen stammen, mal vom Chiemsee – und für "läggärn Schbarchldsolod" ebenso herbeigeeilt sind wie für "Broadn vom Strohschwein" oder das "Auenlandrind an ä Frühlingskräudäsössla midd Aadöbflsklöäss".
Ein Geldersheimer ist da, der bewusst Mitnahme-Angebote nutzt. Eine Kundin sieht die politischen Hintergründe der Krise kritisch ("die Pharmaindustrie!"), ein anderer Fan der Heimatküche hält die Ausgangsbeschränkungen in jedem Fall für sinnvoll. Alle Gourmets, darunter viele Stammgäste, vereint ein versöhnliches Mahl aus Madenhausen.
Situation in der Gastronomie war schon vor Corona nicht einfach
Auch der "Überlebensbaum" dient als Trostanker in der Coronazeit. Ernst hat den Kieferbaum bei einem Bekannten in der Scheune entdeckt, beim Vorbeiradeln. Nun steht der Baumstumpf auf der Terrasse, als eine Art von Osterbrunnen. Die Besucher dürfen Gedanken und Gedichtli, zu Corona oder dem Wirtshaus, auf Zettel schreiben und die Äste damit schmücken. "Einen Lebensbaum kennt jeder", meint der Bewahrer der frängischen Lebensart. Derzeit gehe es mehr ums "Überleben" - für Schwererkrankte im Wortsinn, im übertragenen Sinn aber auch für den Berufsstand: "Es soll sinnbildlich sein für alle Wirte in unserer Region." Die hätten es schon in normalen Zeiten nicht leicht, bestätigt Sabine Böhm, die lange Zeit im Kreisvorstand des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands aktiv war, Stichwort Bürokratie und steigende Auflagen. Zusätzlich zu den Soforthilfen würden sich die Böhms langfristige Erleichterungen in der Gastronomie wünschen, etwa einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.
Einstweilen ist Durchhalten angesagt, rund um den Überlebensbaum, wo nach jedem Zweig gegriffen werden darf: "Manches wird erst richtig wichtig, wenn es nicht mehr selbstverständlich ist", hat ein kulinarischer Philosoph festgestellt. "Wir halten zamm", steht auf einem anderem Zettel. "Durch die Krise gefüttert" freut sich ein Genießer, "dank Madenhäusle." Manch Poet hat vorbeigeschaut, im Dorf, wo schon Schwedenkönig Gustav Adolf durchgezogen ist, als Feldherr, aber auch Feinschmecker, im pest- wie pulverdampfgeplagten Dreißigjährigen Krieg. "Wir wünschen Euch für alle Zeit, Gesundheit und Zufriedenheit!", heißt es, oder: "Traditionen soll man pflegen, denn sie sind ein Segen". "Wir wünschen Euch stets eine Handbreit Suppe unterm Kiel!" lautet der wohl charmanteste Sinnspruch.
Ein neues Projekt ist schon in Aussicht: Nachdem Ministerpräsident Söder einen weiß-blauen Bayern-Mundschutz präsentiert hat, würde das Madenhäusle gerne einen Franken-Mundschutz beisteuern. Die passende rot-weiße Tischdecke hat Sabine Böhm schon in der Schublade entdeckt.