Zu behaupten, dass Ibo Ocak nur leicht gereizt war, wäre glatt untertrieben. Dem Geschäftsführer der Gewerkschaft "Nahrung-Genuss-Gaststätten" (NGG) der Region Unterfranken ist am Donnerstag in Gerolzhofen der Kragen geplatzt. Kurz, bevor es zur Kundgebung vor den Werkstoren der Firma Hiestand in der Albert-Einstein-Straße kam, wo sich gegen 10 Uhr rund 80 Mitarbeiter der Frühschicht versammelt hatten, um für mehr Lohn zu streiken, schnappte sich Ocak das Megaphon und brüllte: "Keine Fotos, keine Videos!"
Diese Aufforderung richtete sich nicht etwa an die Presse- und Rundfunkvertreter, die vor den Werktoren ihrer Arbeit nachgingen und auf den offiziellen Beginn des Warnstreiks warteten. Nein, sie galt den Hiestand-Mitarbeitern, die dem Vernehmen nach der Verwaltung angehörten und sich nicht an dem Warnstreik beteiligten. Sie hatten sich an der großen Glasfront im oberen Stock des Firmengebäudes versammelt, um das Streikgeschehen zu verfolgen. Ocak kippte das Megaphon in ihre Richtung und schrie hinein, er drohte mit rechtlichen Konsequenzen, sollten sie auch nur ein Foto oder einen Videoschnipsel aufnehmen.
Angst vor Diffamierung
Warum die Aufregung? Wie Ocak erklärte, befürchtete er, dass die Streikenden von den Nicht-Streikenden diffamiert werden könnten, indem Letztere Fotos oder Videos von den Teilnehmern der NGG-Kundgebung an die Konzernführung weiterleiten (die Gerolzhöfer Hiestand Deutschland GmbH ist Teil der Schweizer "Aryzta AG"). Ihr Streikrecht wahrzunehmen sei das gute Recht der Arbeitnehmer. "Jetzt haben die Beschäftigen endlich mal den Mut gefasst und gehen raus", sagte Ocak gegenüber der Main-Post. "Und jetzt werden sie unter Druck gesetzt."
Es ist das erste Mal in der 32-jährigen Gerolzhöfer Firmengeschichte von Hiestand, dass die Gewerkschaft zu einem Warnstreik aufgerufen hat. Der Grund: Zwei Verhandlungsrunden zwischen NGG und Aryzta sind ohne Ergebnis geblieben, die dritte Runde, die laut Ocak eigentlich für diesen Donnerstag angesetzt war, sei lapidar abgesagt worden.
Bislang kein Angebot der Gegenseite
Dann beruhigte sich die Lage etwas. Aber das hielt nur kurz, denn Ocak war in Rage. Die Stimmung war aufgeheizt, als er den Streikenden von den gescheiterten Verhandlungen mit der Firmenleitung berichtete: Nach zwei Verhandlungsrunden habe es bislang kein Angebot von der anderen Seite gegeben. Die für diesen Donnerstagvormittag terminierte dritte Verhandlungsrunde hat die von der Firmenleitung eingesetzte externe Verhandlungsführerin laut Ocak "aus dem Urlaub heraus" abgesagt, da es angeblich Terminüberschneidungen gegeben habe, "Sie sagte, sie habe sich im Kalender verguckt", so Ocak.
"Ich bin stocksauer", brüllte er ins Megaphon. Die Streikteilnehmer klatschten während Ocaks Rede immer wieder Beifall. Der Gewerkschafter verurteilte das in seinen Augen respektlose Verhalten der Aryzta-Geschäftsleitung aufs schärfste. Die Geschäftszahlen seien gut, trotz Corona-Krise. Seit Jahren hätten die Mitarbeiter zurückgesteckt, hart gearbeitet und einschneidende Entscheidungen der Geschäftsleitung mitgetragen. "Jetzt ist Schluss mit lustig", sagte er.
"Jedes Mal wird uns erzählt, dass nichts verdient ist und dass es nichts zu verteilen gibt", sagte der NGG-Geschäftsführer zu den rund 80 Mitarbeitern aus der Frühschicht des Tiefkühl-Backwaren-Herstellers. Um die Mittagszeit kamen noch Mitarbeiter aus der Spätschicht und der bereits beendeten Nachtschicht hinzu, so dass zeitweise rund 150 Beschäftigte dort versammelt waren. Insgesamt hat der Standort Gerolzhofen laut dem Betriebsratsvorsitzenden Ottmar Montag 355 Mitarbeiter.
4,5 Prozent mehr Lohn
Die NGG fordert für die Beschäftigten unter anderem eine Erhöhung der Gehälter und Löhne sowie der Ausbildungsvergütung um 4,5 Prozent. Hiestand gehört zu dem börsennotierten "Aryzta"-Konzern. Laut dem Gerolzhöfer Hiestand-Betriebsratsvorsitzenden Ottmar Montag fehlt den Konzern-Managern jeglicher Bezug zu Gerolzhofen und den Mitarbeitern dort, die Kommunikation liefe seit Jahren äußerst schlecht. Der Warnstreik solle nun ein deutliches Signal setzen.
"Lasst euch nicht abspeisen mit einer Nullrunde", forderte etwa NGG-Gewerkschaftssekretär Frank Jauch. "Wir stimmen heute mit den Füßen ab!" Zu dem Warnstreik war auch Frank Firsching gekommen, der Regionsgeschäftsführer Unterfranken des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Solidarisch mit den Hiestand-Mitarbeitern zeigten sich auch Betriebsratsvorsitzende anderer Unternehmen der Region, so waren etwa Ernst Valentin (Danone Ochsenfurt) und Thomas Hofmann (Rhön-Park-Hotel) vor Ort.
Aryzta hält Lohnerhöhung um 4,5 Prozent für nicht vertretbar
Seitens der kleinen Tarifkommission der NGG wurde der Aryzta-Firmenleitung ein neuer Verhandlungstermin für den 23. September dieses Jahres angeboten. Das bestätigt die Aryzta AG auf Anfrage dieser Redaktion, der Termin sei vereinbart worden, es geht also in die dritte Verhandlungsrunde. Der für Donnerstag, 3. September, angesetzte Termin "musste aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit einiger wesentlicher Gesprächspartner verschoben werden", heißt es von Seiten des Konzerns. Aryzta beschreibt die bisherigen Tarifverhandlungen übrigens im Gegensatz zur NGG als "konstruktiv". Wie Thomas Paarmann, Pressesprecher der "Aryzta Bakeries Deutschland GmbH", mitteilt, "stehen die Vertreter beider Seiten jederzeit in einem konstruktiven Austausch". In den ersten beiden Verhandlungsrunden habe noch keine Einigung zwischen den Tarifparteien erreicht werden können.
"Die nach wie vor bestehende Forderung der NGG nach einer Tariflohnerhöhung von 4,5 Prozent ist in der aktuell durch die Corona-Pandemie angespannten Situation mit erheblichen Umsatzeinbußen und der daraus resultierenden Kurzarbeit für zahlreiche Kolleginnen und Kollegen wirtschaftlich nicht zu vertreten", erklärt Paarmann. Derzeit wieder steigende Infektionszahlen in Deutschland ließen aktuell keine verlässlichen Prognosen für die weitere Entwicklung am Markt zu. "In Verantwortung für das Gesamtunternehmen haben wir daher vorgeschlagen, die Tariferhöhung für dieses Jahr auszusetzen." Nun steht die dritte Verhandlungsrunde an. "Wir sind sicher, am Ende eine einvernehmliche und für alle Seiten vertretbare Lösung zu erzielen", teilt Paarmann mit.
Und es gilt immer noch die 1,5 m Abstandsregelung, bei Streikenden und Demonstranten schein bar nicht.
Bilder sind schon weitergeleitet zu weiteren Strafverfolgung.
Und wie immer unsere Polizei war dabei und hat deeskalierende Gespräche geführt und wird sich hüten nur einen anzuzeigen, was für ein riesiger Schreibkram.
Welcher nötige Abstand, gelten bei Maskentragen andere Abstände wie 1,5 m?
Ich denke mal nicht, aber man kann sich ja seine eigenen Regeln machen, wie Maske ab weil die Brille beschlägt
80 x 150,-- Euro macht mal 12.000 Euro für die Staatskasse.
Oder gibts bei Hiestand kein Corona?
Und für die Gewerkschaft gleich nochmal 25.000 Euro obendrauf