Der Geduldsfaden bei den Verhandlungsführern der Gewerkschaft "Nahrung-Genuss-Gaststätten" (NGG) war gerissen. "Jedes Mal wird uns erzählt, dass nichts verdient ist und dass es nichts zu verteilen gibt", sagte Ibo Ocak, Geschäftsführer der NGG Region Unterfranken, am Donnerstagvormittag vor den Werkstoren der Firma Hiestand in Gerolzhofen. Dort hatten sich um 10 Uhr rund 80 Mitarbeiter aus der Frühschicht des Tiefkühl-Backwaren-Herstellers versammelt, um für mehr Lohn zu streiken. Um die Mittagszeit kamen noch Mitarbeiter aus der Spätschicht und der bereits beendeten Nachtschicht hinzu, so dass zeitweise rund 150 Beschäftigte dort versammelt waren. Es ist das erste Mal in der Firmengeschichte, dass am Standort Gerolzhofen gestreikt wird, Hiestand ist hier seit 1988 vor Ort. "Jetzt haben die Beschäftigen endlich mal den Mut gefasst und gehen raus", erklärte Ocak.
Die Stimmung war aufgeheizt, der NGG-Geschäftsführer war sichtlich in Rage, als er den Streikenden von den gescheiterten Verhandlungen mit der Firmenleitung berichtete: Nach zwei Verhandlungsrunden habe es bislang kein Angebot von der anderen Seite gegeben. Die für diesen Donnerstagvormittag terminierte dritte Verhandlungsrunde hat die von der Firmenleitung eingesetzte externe Verhandlungsführerin laut Ocak "aus dem Urlaub heraus" abgesagt, da es angeblich Terminüberschneidungen gegeben habe. "Ich bin stocksauer", brüllte er ins Megaphon. Die Streikteilnehmer klatschten während Ocaks Rede immer wieder Beifall.
Die NGG fordert für die Beschäftigten unter anderem eine Erhöhung der Gehälter und Löhne um 4,5 Prozent. Hiestand gehört zu dem börsennotierten "Aryzta"-Konzern. Laut dem Gerolzhöfer Hiestand-Betriebsratsvorsitzenden Ottmar Montag fehle den Konzern-Managern jeglicher Bezug zu Gerolzhofen und den Mitarbeitern dort, die Kommunikation laufe seit Jahren äußerst schlecht. Der Warnstreik solle nun ein deutliches Signal setzen. Seitens der kleinen Tarifkommission der NGG wurde der Firmenleitung ein neuer Verhandlungstermin für den 23. September dieses Jahres angeboten. Das bestätigt die Aryzta AG auf Anfrage dieser Redaktion, der Termin sei vereinbart worden, es geht also in die dritte Verhandlungsrunde. "Wir sind sicher, am Ende eine einvernehmliche und für alle Seiten vertretbare Lösung zu erzielen", teilt Thomas Paarmann, Pressesprecher der ARYZTA Bakeries Deutschland GmbH, mit.