
Vollsortimenter, Teil 2: Wer die Debatte um die örtliche Nahversorgung in Dittelbrunn nicht mitbekommen hatte, kam im Hambacher Pfarrheim auf den neuesten Stand, aus der Perspektive des Standorts der Tegut-Filiale. Die Bürgerversammlung war auch hier gut besucht, mit etwa 130 Gästen. Ein streikendes Saal-Mikro sorgte dafür, dass das Rednerpult Gegner wie Befürworter zur "Vortragsreihe" einlud. Günther Seitz fragte nach dem Sinn eines Tausend Quadratmeter-Markts in Dittelbrunn, der etwa 10 000 potentielle Kunden brauche, was in einer 7400 Einwohner-Gemeinde zum Verdrängungswettbewerb führen werde – mit Risiko für die Hambacher Nahversorgung? Bürgermeister Willi Warmuth zitierte Alexander Wilhelm (Tegut), wonach der dortige Markt "zufriedenstellend" laufe. Er selbst wolle ihn erhalten, so Warmuth. Das Problem: Tegut habe gefordert, zehn Jahre lang Konkurrenz fernzuhalten, andernfalls die Schließung in den Raum gestellt. Gefährdet sei der Standort somit nicht durch die Kunden, sondern die "Firmenphilosophie" des (hinter Tegut stehenden) Schweizer Migros-Konzern. Matthias Windsauer antwortete für den Gemeinderat, der für einen "offenen Brief" kritisiert wurde: Es gehe am Grund nicht nur um den Markt. "Ich sehe es als Gesamtkonzept."
Das Pflegeheim sei dort gut platziert, fand Monika Mattenheimer, es brauche aber Raum für seniorengerechte Wohnungen. Der Bürgerwille habe sich nicht geändert, der Gemeinderat solle beim Vollsortimenter seine Macht nicht ausspielen. Was mit Edeka geplant sei? Alle Firmen hätten ihr Konzept vorgestellt, so Warmuth, die Gemeinde stelle nun den Flächennutzungs- und Bebaungsplan auf. Bevor nicht Baurecht geschaffen sei, werde keine Firma konkret planen.
Die Filiale werde durch das Unternehmen in Frage gestellt ("Hambach ist Tegut völlig wurscht"). Der Gemeinderat müsse rechtzeitig die Weichen stellen und an Gewerbesteuer, Arbeitsplätze und Kaufkraft in der Kommune denken. Es sei kommunalrechtlich nicht möglich, dass sich eine Gemeinde verpflichte, bei Vertragsbruch hundert Prozent der Investitionen bis 2023 zurückzuzahlen. Peter Strzezyk forderte, die Strukturen in Hambach offenzulegen: Wo es die Firma Tegut als Lieferant gibt, ebenso die Familie Lachmann als Eigentümer und eine Betreiberin. Die genauen Hintergründe konnte und wollte der Bürgermeister nicht mitteilen, der die Trennung zwischen Politik und Privatwirtschaft betonte. Man habe das Gespräch gesucht. Ein Gesamtkonzept zur "Revitalisierung" liege bis heute nicht vor.
Welche Rolle spielt es, dass der Mietvertrag ausläuft?
Dieter Hofmann vermutete einen Zusammenhang des Tegut-Verhaltens mit einem Auslaufen des Mietvertrags. Der Hambacher Markt könne auch von anderen Firmen beliefert werden. Helmut Ankenbrand fragte sich, mit wem genau man verhandeln müsse. Irma Storch sah genügend Erweiterungsflächen in Hambach-Nord, als Alternative zu Dittelbrunn.
Migros sei eine seriöse Firma im Hintergrund, betonte Helmut Brand. Tegut brauche Sicherheit auf zehn Jahre. Das ansteigende Gelände am Grund sei schwierig, es würden auch nicht nur Vollarbeitsplätze geschaffen. Die Hambacher sollten nicht gezwungen werden, wegen jedem Liter Milch einkaufen zu fahren. Was, wenn der übergroße neue Markt in fünf Jahren das Segel streiche? "Es wird kein Kaufland und kein Marktkauf", betonte Warmuth, der Schweinfurter Rewe habe den Dittelbrunner Netto auch nicht gefragt, ob sie Konkurrenten seien. "Wir leben in freier Marktwirtschaft", assistierte Tobias Werberich: Nach dem Bürgerentscheid 2017 hätte Tegut freie Hand für ein Konzept gehabt. Jürgen Geyer forderte Vertrauen in den gewählten Gemeinderat, mit Verweis aufs Brexit-Chaos. Jede Firma würde genau kalkulieren und sich kein "Großer" in Hambach niederlassen.
Wie kann man die Nahversorgung sicherstellen?
Eine eindeutige Mehrheit fand der Antrag von Carsten Schmitt. Der Gemeinderat möge klären, wie die örtliche Nahversorgung für Hambach zu gewährleisten sei. "Ich unterstütze den Antrag, aber unsere Mittel sind begrenzt", kommentierte Warmuth. Dass Tegut eh schließe, diese Bürgermeister-Aussage sei absolut falsch, erklärte Martin Pfeiffer. Die Migros-Debatte sei eine Nebelkerze, der Gemeinderat wolle den Markt in Dittelbrunn. Dort gebe es aber neun Supermärkte in vier Kilometern Umkreis. Das Demokratieverständnis sei fragwürdig, der Gemeinderat hätte zumindest auf die Bürger zugehen und die "neue Situation" erklären müssen.
Die bis nach 22 Uhr wogende Redeschlacht um "Kirchturmdenken" versus "Gutsherrenart" rief Bürger auf den Plan, die das Thema erstmal für ausdiskutiert hielten: "Die Straßen sind schlimmer als in Litauen", fand Rolf Beck, das sei das Problem. Der Fußgängerüberweg an der Hauptstraße gilt weiterhin als Gefahrenstelle. Doris Brand erinnerte an die fällige Ringstraßensanierung, die Bushaltestelle sei stockdunkel. Helmut Niklaus vermisste die Tagesordnung des Gemeinderats im Amtsblatt, die soll wieder kommen. Auch ausreichend Stühle im Rathaus wurden angemahnt, für die Besucher, die mitunter schon am Ratstisch Platz nehmen.
Doris Brand erinnerte an die Ringstraßensanierung. Die sei geplant, so Warmuth, verzögere sich aber durch den Wegfall der Strabs.