Noch ist das massenhafte Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht nicht verboten. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in seinem Urteil am Donnerstag solange erlaubt, bis alternative Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei serienreif sind. Mit diversen Initiativen werden die sogenannten Bruderküken aber schon jetzt vor dem Vergasen oder Schreddern nach dem Schlüpfen bewahrt. Der Biohof Schleerieth bei Werneck hält unter anderem Legehennen der Rasse "Sandy", deren Bruderküken in Österreich aufgezogen werden.
"Das ist unser kleiner Beitrag zu dem Thema", meint Sabine Feddersen, die mit ihrem Partner Herbert Krückel seit Ende 2010 einen Legehennenstall mit großem Freilauf für 3000 Biohühner betreibt. Die Bio-Eier werden über die regionale Firma "Voglers Hofprodukte" vermarktet. Außerdem hält das Paar seit 2014 auch bis zu 225 Legehennen in einem mobilen Hühnerstall, dem "Hühnermobil", mit wechselnden Standorten auf den Feldern.
Die Hähne werden von den Hühnern "quersubventioniert"
Im und am Hühnermobil gackert seit September 2017 nun schon die zweite Generation der Rasse "Sandy". Von der österreichischen Firma "Die Eiermacher" in Kremsmünster beziehen Krückel und Feddersen ihre – eineinhalbmal so teueren – speziellen Hennen. Das Besondere: Alle männlichen Brüder der weiblichen Legeküken, die sogenannten Eintags-Küken, die nutzlos für die Geflügelindustrie und ihre Brütereien sind, weil sie keine Eier legen, werden in österreichischen Betrieben aufgezogen. "Die Hähne werden mit dem höheren Hühnerpreis quersubventioniert", erklärt Herbert Krückel.
Selbst aufziehen kann das Paar diese Bruderküken nicht. "Wir haben dafür keinen Platz und auch schlachten können wir sie nicht".
Die Bio-Eier dieser filigranen "Sandy"-Hennen mit ihrer cremefarbenen Schale werden nur im Direktverkauf ab Hof in Schleerieth vermarktet. 35 Cent kostet das Stück, etwas mehr als die Bio-Eier im Supermarkt. Damit unterstützt der Kunde das Projekt der Bruderküken.
Diese werden zwar aufgezogen und später geschlachtet, "aber das werden keine Masthähnchen", schränkt Krückel ein. Denn diese Bruder-Hähne haben keine Anlagen zu großer Brustfleisch-Bildung, nehmen auch wesentlich langsamer zu als gezüchtete Masthühner, sind eigentlich unwirtschaftlich.
Gut genug für Geflügelwurst
"‘Die Eiermacher‘ lassen sie großziehen, dann werden sie nach einigen Monaten geschlachtet und zu Geflügelwurst verarbeitet", erklärt der Bio-Landwirt, der in seinem Hofladen diese Dosenwurst auch verkauft. Aufzucht, Fütterung und Verarbeitung der Bruder-Hähne sind viel teurer als bei einem konventionellen Masthähnchen, das nach knapp einem Monat schlachtreif ist.
Als grundsätzlich problematisch bezeichnet Krückel die Situation der Kükenproduktion, zumal sie heute fast nur noch von wenigen Großunternehmen betrieben wird. Gezüchtet wird, anders als es die alten Hühnerrassen früher waren, ausschließlich auf bestimmte Eigenschaften hin: entweder auf eine hohe Eierproduktion oder auf eine schnelle Fleischzunahme für die Mast. Optimierung gilt für diese Zuchtprodukte, die sogenannten Hybridhühner.
Es fehlt ein "Zweinutzungshuhn"
Ein echtes "Zweinutzungshuhn" dagegen, das also eine gute Legeleistung hat und eine gute Fleischzunahme, gibt es derzeit nicht, weiß Sabine Feddersen. Ob mit der Züchtung eines solchen Tieres, wie es schon versucht wird, die Lösung des Kükentötens gefunden ist, bezweifelt der Schleeriether Hühnerhalter. Denn seiner Meinung nach müsste der Verbraucher, die Gesellschaft hier mitspielen. "Ich glaube, das wird am Eierpreis scheitern: 80 Cent kann man vielleicht in Berlin oder München verlangen, aber nicht hier in der Region. Der Markt gibt das nicht her".
Die "Sandy"-Haltung in seinem Hühnermobil bezeichnet er als ‚Liebhaberei‘, "ich mach’s halt gern." Und neues ausprobieren gilt für den Öko-Landwirt sowieso, der auch Einkorn, Emmer oder Hirse anbaut.