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Schweinfurt
Vesperkirche Schweinfurt 2022: Warum sie anders ist, aber doch stattfindet
2021 musste die Vesperkirche pausieren, heuer kann sie nur in abgespeckter Version stattfinden. Wie funktioniert das und wie wird das Konzept angenommen?
Nach der Kontrolle des Impfstatus dürfen die Gäste zur Essensausgabe, wo sie ihr Mittagessen und einen Tee bekommen. Eine Schülerin des Celtis-Gymnasiums bringt hier das Essen zu einem Stehtisch, wo es coronakonform verzehrt werden kann.
Foto: Helmut Glauch | Nach der Kontrolle des Impfstatus dürfen die Gäste zur Essensausgabe, wo sie ihr Mittagessen und einen Tee bekommen.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:01 Uhr

"Wir wollen zeigen, dass es uns noch gibt, dass wir noch für die Menschen da sind." Norbert Holzheid, Diakon im Dekanat Schweinfurt und Motor hinter der Schweinfurter Vesperkirche, macht klar, warum man sich im zweiten Pandemiejahr entschlossen hat, eine etwas andere Vesperkirche auf die Beine zu stellen. 2021 musste das Essens-Angebot komplett gestrichen werden, heuer also die coronagerechte Version an insgesamt 15 Tagen vom 6. bis zum 20. Februar.

"Im Prinzip ist alles komplett anders, als unser Grundgedanke zur Vesperkirche", so Holzheid,  denn Gemeinschaft, Miteinander, an einem Tisch sitzen, ins Gespräch kommen, all dies sei nicht möglich. Die Grundidee, dass Menschen, egal ob betucht oder bedürftig und von unterschiedlichster Herkunft, bei einem Mittagsmahl für 1,50 Euro zusammen kommen, könne pandemiebedingt nicht gelebt werden.

Und dennoch sollte die Vesperkirche nicht ein weiteres Mal ausfallen. So wurde die Idee geboren, die Vesperkirche gemäß der aktuellen Vorgaben für die Außengastronomie zu organisieren und wenigstens ein einfaches Essen wie ein Gulasch oder einen Bohneneintopf und einen Tee anzubieten. "Wir fallen unter die 2G-Regelung", ergänzt Holzheid, der betont, dass man sich im Vorfeld viele Gedanken über die Umsetzung und ein Hygienekonzept gemacht habe. Auch an diesem Montag wird daher der Impfstatus der Gäste kontrolliert, bevor die lecker duftende Kartoffelsuppe aus der Küche des Leopoldina-Krankenhauses in die Teller kommt.

Fritz Senft (86) gehört seit jeher zum Helferteam der Vesperkirche und macht sich in der Küche nützlich. Während er auf das Geschirr wartet, putzt er auch schon mal die Fenster.
Foto: Helmut Glauch | Fritz Senft (86) gehört seit jeher zum Helferteam der Vesperkirche und macht sich in der Küche nützlich. Während er auf das Geschirr wartet, putzt er auch schon mal die Fenster.

Heute sind es elf Schülerinnen des Celtis-Gymnasiums, die die Reihen der Helferinnen und Helfer bei der Essensausgabe und beim Service verstärken. Die Gäste haben dann die Möglichkeit ihr Essen vor Ort und mit Abstand an Stehtischen auf dem Martin-Luther-Platz  zu verzehren. Wem das nicht möglich ist, weil er zum Beispiel auf den Rollator angewiesen ist und nicht so lange stehen kann, der kann sich sein Essen auch in eine mitgebrachte Schüssel füllen lassen und mit nach Hause nehmen.

Diese "Essen to-go-Möglichkeit", soll auf die Pandemie-Vesperkirche beschränkt bleiben, denn der eigentliche Anspruch, soziale Nähe zu stiften, könne natürlich so nicht verwirklicht werden. Nicht nur die Menschen, die als Gast zur Vesperkirche kommen, haben sich gewünscht, dass es trotz Corona ein Angebot gibt. Auch die Helferinnen und Helfer, die teils seit vielen Jahren mit anpacken, hätten sich darauf gefreut wieder loslegen zu können, so die Erfahrung von Norbert Holzheid.

Und das sind nicht nur Menschen, die bei der Essensausgabe helfen und bei Bedarf den Teller zum Stehtisch tragen, sondern auch solche wie Marianne Müller (80), die an der Bügelmaschine dafür sorgt, dass das Service-Personal auch am nächsten Tag nicht nur saubere, sondern auch gebügelte Schürzen hat. Ein echtes Vesperkirchen-Urgestein ist Fritz Senft. Der 86-Jährige, der in der Küche die Spülmaschine bestückt, ist der älteste Helfer und von Anfang an dabei. Und wenn es mal gerade nichts zu tun gibt, dann sucht er sich eine Arbeit und putzt, wie am Montag, zwischendurch ein paar Fenster.

Mehr Ehrenamtliche als gegenwärtig gebraucht werden

Etwa 80 geimpfte und geboosterte Ehrenamtliche haben sich für die "Vesperkirche anders" angeboten, weitere hätten signalisiert "heuer kann ich nicht, aber wenn die Pandemie vorbei ist, bin ich wieder mit von der Partie", berichtet Norbert Holzheid. Viele Freiwillige konnten dennoch nur für deutlich weniger Stunden als sie leisten wollten, eingetragen werden, so Holzheid, denn in der abgespeckten Vesperkirchen-Version werden täglich nur 14 Leute gebraucht. 60 Essen werden pro Tag geliefert, die durchschnittliche Essensausgabe liegt bei 45. "Die Leute sind wegen der Pandemie zurückhaltend, Gäste, die sich zum Essen setzen müssen, und  das sind nicht wenige, bleiben fern."

Mithilfe bei der Vesperkirche kann ganz unterschiedlich aussehen. Marianne Werner (80), bedient hier die  Bügelmaschine, mit der die frisch gewaschenen Schürzen für das Service-Personal für ihren nächsten Einsatz schick gemacht werden.
Foto: Helmut Glauch | Mithilfe bei der Vesperkirche kann ganz unterschiedlich aussehen. Marianne Werner (80), bedient hier die  Bügelmaschine, mit der die frisch gewaschenen Schürzen für das Service-Personal für ihren nächsten ...

Weniger Essen, weniger Gäste, aber es gibt eine Vesperkirche – sogar mit einem Angebot, das wohl nur während der Pandemie möglich ist. "Immer Donnerstag, Freitag und Samstag wird von 12 Uhr bis 13.10 Uhr geimpft", berichtet Holzheid. Dr. Jürgen Schott kommt vorbei und impft in dieser Zeit direkt in Impf-Pavillons, die zu diesem Zweck in der Kirche aufgebaut werden. 14 Impfungen wurden so bereits durchgeführt, es waren auch Erstimpfungen dabei, berichtet der Diakon, der sich wünscht, dass zu den Impfterminen ab kommenden Donnerstag noch ein paar Menschen mehr kommen.

Von Montag bis Samstag beginnt die "Vesperkirche-anders" um 12 Uhr mit einer Andacht in der St. Johanniskirche, danach gibt es kleine Mahlzeiten und einen Tee im Freien. Sonntags beginnt die Vesperkirche mit dem Gottesdienst um 10.30 Uhr, der Essensstand ist von 11.30 bis 12.30 Uhr geöffnet.

 
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