
Unter Äcker und Wiesen, durch Straßen und Bahnlinien, entlang von Wäldern und Siedlungen wird die SuedLink-Erdkabeltrasse Brunsbüttel-Großgartach in der Region verlaufen. Innerhalb des 1000 Meter breiten Korridors wird derzeit der genaue Trassenverlauf der Gleichstromleitung gesucht. Betroffen davon ist im Landkreis Schweinfurt die Gemeinde Wasserlosen mit fast allen ihren Ortschaften. Bürgermeister Anton Gößmann hat für das in seinen Augen "überdimensionierte Projekt" kein Verständnis.
Gegen SuedLink hat sich seine Gemeinde auf die Seite der Bürgerinitiative "A 7 Stromtrasse – Nein" gestellt. Diese lehnt die Gleichstromleitung grundsätzlich ab, "weil der Bedarf dafür noch nicht vorgelegt ist", wie BI-Vorsitzende Hildegard Beyfuß sagt. Nur bis 20 Prozent würde die Leitung ausgelastet, die Milliarden-Kosten dafür stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Mit dem Aktionsbündnis gegen SuedLink fordert sie eine dezentrale Stromversorgung mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Kritik an schriftlicher Beteiligung
Die BI hatte beantragt, das laufende Planfeststellungsverfahren bis nach Corona auszusetzen, damit eine korrekte Beteiligung der Öffentlichkeit möglich wäre. Denn die Antragskonferenzen liefen nur schriftlich und online ab, Präsenzveranstaltungen gab es keine. Aber die Bundesnetzagentur verweist auf das Planungssicherstellungsgesetz, das die Antragskonferenzen als schriftliches Verfahren ermöglicht.
"Beim SuedLink haben wir von der Politik nichts mehr zu erwarten", zeigt sich Bürgermeister Gößmann enttäuscht – und realistisch. "Da kann man vielleicht nur noch etwas im Detail ändern." Im Rahmen seiner Möglichkeiten, aktuell im Planfeststellungsverfahren für den Trassenverlauf, "wenden wir als Gemeinde ein, was planungsrechtlich möglich ist", sagt er. Etwa die Berücksichtigung der Kläranlage in Greßthal oder die Fernwasserleitungen bei Schwemmelsbach und Wülfershausen. "Wir hoffen, dass die Linie so glimpflich wie möglich für uns verläuft."
Beide Trassen untersuchen
Im vergangenen November hatte der Netzbetreiber TransnetBW bei der Bundesnetzagentur den Antrag auf Planfeststellungsbeschluss gestellt, erläutert Christopher Göpfert, Bürgerreferent bei TransnetBW. Bis 15. Januar lief die schriftliche Anhörung zur Vorschlagstrasse. Mit den eingereichten Anmerkungen hat die Bundesnetzagentur im Februar den Untersuchungsrahmen erlassen für das Vorhaben 3, Abschnitt E1 (Landkreisgrenze Schweinfurt/Bad Kissingen bis Bundeslandgrenze Bayern/Baden-Württemberg).
In diesem prüft TransnetBW jetzt die 100 Meter breite Vorschlagstrasse und die Alternativen, "beide gleichwertig", so Göpfert. Die Entscheidung, also den Planfeststellungsbeschluss, fällt die Bundesnetzagentur wohl Anfang 2022.
Weg von der Stammstrecke
Die Vorschlagstrasse von TransnetBW für die Strecke Brunsbüttel-Großgartach verläuft, von Norden her über Thüringen kommend, entlang der Autobahn A71 und erreicht nördlich von Pfersdorf den Landkreis Schweinfurt. Bis hierher verläuft diese Linie innerhalb der SuedLink-Stammstrecke, also der gemeinsamen Verlegung mit der Gleichstromleitung Wilster-Bergrheinfeld.
Zwischen Oerlenbach (Lkr. Bad Kissingen) und Pfersdorf in der Gemeinde Poppenhausen zweigt die Brunsbüttel-Strecke von der A 71-Linie ab nach Westen, Richtung Großgartach bei Heilbronn. Dort plant der Netzbetreiber TransnetBW, den Konverter unmittelbar neben dem Umspannwerk Großgartach in der Gemeinde Leingarten zu errichten. Der Gleichstrom wird dort in Wechselstrom umgewandelt.
Als Normalstrecke wird diese SuedLink-Trasse gebaut, das heißt, ein acht bis zwölf Meter breiter Schutzstreifen um den Kabelgraben mit zwei Leitungen ist nötig. Das eigentliche Baufeld ist 35 bis 50 Meter breit.
Art der Querung wird noch gesucht
Die Vorschlagstrasse unterquert nördlich von Pfersdorf die A 71 und verläuft dann auf Oerlenbacher Gemarkung zwischen Oerlenbach und Ebenhausen nach Westen. Dabei quert sie ein Biotop, die Bahnlinie nach Bad Kissingen und eine Kreisstraße. Wie die Bauausführung bei einer "Querung" aussieht, ob beispielsweise das Biotop unterbohrt wird oder eine offene Bauweise gewählt wird und ob eine Ausgleichsfläche nötig ist, werde noch untersucht, erklärt Göpfert.
Weiter westlich schwenkt die Trasse Richtung Süden ab und umgeht dabei ein Waldgebiet. Auf Ramsthaler Gemarkung (Lkr. Bad Kissingen) verläuft sie südwestlich weiter zwischen geschützten Biotopen und der Westgrenze des Waldgebiets. Auf dem Gemeindegebiet von Sulzthal erstreckt sie sich in südlicher Richtung und quert die Staatsstraße 2290.
An der Obbacher Gemarkung und dem Reichthalshof vorbei gelangt die Vorschlagstrasse dann auf Wasserlöser Gemeindegebiet, das auf etwa zehn Kilometer gequert wird. Gestreckt über Äcker geht es in südöstlicher Richtung weiter, in etwa 500 Meter Entfernung östlich an Greßthal vorbei.
Nah an den Dörfern vorbei
Dann werden die Staatsstraße 2293 und anschließend die Autobahn A 7 unterquert. Anschließend schwenkt die Vorschlagstrasse nach Westen ab und verläuft zwischen Schwemmelsbach – Entfernung 150 Meter – und dem Aussiedlerhof Ziegler. Eine Alternativtrasse sieht eine weiträumige nördliche Umgehung des landwirtschaftlichen Betriebs vor.
Die Vorschlagstrasse führt weiter in einem Abstand von 120 Meter östlich an Wülfershausen vorbei, unterquert die Staatsstraße 2433 und umläuft ein Waldstück. Bei Burghausen verläuft die Vorschlagstrasse im Osten des Dorfes in einer Entfernung von 200 Meter. Über Äcker und Grünland geht es zur Kreisgrenze zu Main-Spessart.
Bürgermeister Gößmann kritisiert bei diesem SuedLink-Projekt bis Großgartach bei Heilbronn, dass seiner Ansicht nach "mit Gewalt ein veralteter Netzknoten etabliert" wird. Denn man dürfe nicht vergessen, dass die großen Verbraucherzentren weiter südlich, bei Stuttgart, lägen. Oder bei München und Ingolstadt.
Seiner Gemeinde Wasserlosen droht darüber hinaus auch die Fulda-Main-Leitung, die neue 380 kV-Wechselstrom-Freileitung P 43 von Dipperz in Hessen zum Umspannwerk Bergrheinfeld-West. Entlang der A 7 und weiter an der A 70 ist eine Trassenvariante vorgesehen. "Bei der P 43 lohnt sich ein Widerstand vielleicht noch", hofft Gößmann.
Zur interaktiven Karte mit dem detaillierten Verlauf der Trassen geht es HIER.