zurück
Schweinfurt
SuedLink: Wo die Stromtrasse den Landkreis Schweinfurt durchpflügt
Die SuedLink-Trasse Wilster-Bergrheinfeld führt circa 18 Kilometer durch den Landkreis Schweinfurt. Mal links, mal rechts von der A71. Was sagen die Bürgermeister dazu?
In Baden-Württemberg sind die Bauarbeiten für SuedLink schon im Gange. In der Nähe des Umspannwerks Großgartach wird ein Leerrohr für die geplante Stromautobahn verlegt. Seit vergangenem Sommer baut der Netzbetreiber TransnetBW hier die Infrastruktur für den aus Brunsbüttel kommenden Suedlink-Endpunkt auf.
Foto: Marijan Murat | In Baden-Württemberg sind die Bauarbeiten für SuedLink schon im Gange. In der Nähe des Umspannwerks Großgartach wird ein Leerrohr für die geplante Stromautobahn verlegt.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:43 Uhr

So kurz und so gestreckt wie möglich soll die SuedLink-Trasse von Norden nach Süden verlaufen – aus finanziellen Gründen. Wo genau die unterirdische Gleichstromleitung liegen soll, wird derzeit im Planfeststellungsverfahren geprüft. Auf circa 18 Kilometer Länge verläuft die Erdkabeltrasse der Strecke Wilster-Bergrheinfeld mal östlich, mal westlich der A71 durch den Landkreis Schweinfurt. Die Gemeinden und die Landwirte müssen die ungeliebte Stromtrasse schlucken.

"Das ist die siebte Stellungnahme, die wir seit November 2016 dazu abgeben", erklärt Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher. "Das wiederholt sich." Im aktuellen Planfeststellungsverfahren wird innerhalb des festgelegten 1000-Meter-Korridors die etwa 100 Meter breite Trasse für die Leitungsverlegung gesucht, für das eigentliche Baufeld werden etwa 35 Meter Breite benötigt. Sowohl der "begründete Vorschlag" des Netzbetreibers TransnetBW, als auch alternative Teilstrecken würden gleichwertig geprüft, versichert Christopher Göpfert, Bürgerreferent bei TransnetBW. Die Entscheidung trifft die Bundesnetzagentur.

SuedLink: Wo die Stromtrasse den Landkreis Schweinfurt durchpflügt

Bis zum 19. März können Gemeinden, Behörden, Umweltverbände und die "interessierte Öffentlichkeit" erneut eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Poppenhausen habe in der Vergangenheit bereits 28 widerständige Faktoren wiederholt geltend gemacht, so Nätscher. "Die Planer haben im Wesentlichen darauf auch reagiert", erkennt er an.

Nördlich seines Gemeindeteils Pfersdorf endet die Stammstrecke von SuedLink, also der parallele Verlauf und die gemeinsame Verlegung der beiden Gleichstromleitungen Wilster-Bergrheinfeld und Brunsbüttel-Großgartach. Ab hier zweigt nach Westen zwischen Oerlenbach und Ebenhausen die Normalstrecke nach Großgartach bei Heilbronn ab, geradeaus nach Süden läuft die Normalstrecke zum vorgesehenen Konverter bei Bergrheinfeld.

SuedLink: Wo die Stromtrasse den Landkreis Schweinfurt durchpflügt

Der Unterschied beider Strecken: Der Schutzstreifen ist bei der Stammstrecke 16 bis 20 Meter breit, bei der Normalstrecke beträgt er acht bis zwölf Meter für einen Kabelgraben mit zwei Leitungen, erläutert Göpfert. Schutzstreifen heißt, hier dürfen keine Bauten und keine Bäume sein, deren Wurzeln der Leitung schaden könnten. "Im Wald sind links und rechts je fünf Meter, auf der Freifläche je drei Meter freizuhalten."

Von Norden verläuft die Vorzugstrasse auf der östlichen A71-Seite. Südlich von Pfersdorf liegt für das Wasserschutzgebiet Hain eine Schutzzone III. Um eine lange Durchquerung zu vermeiden, schwenkt die Kabeltrasse zwar nach Osten ab. Aber wegen der Größe des Schutzgebiets muss sie laut TransnetBW dennoch auf 900 Meter gequert werden.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Wie wird gequert? "In Bayern gibt es für Wasser und Wasserschutzgebiete strenge Vorgaben", sagt Göpfert. Dort sei keine Unterbohrung des Gebiets, keine geschlossene Bauweise erlaubt. Will heißen: Die Durchquerung erfolgt oberirdisch, ein Bagger hebt den Kabelgraben aus, wie überall zwei Meter tief.

Bayerische Bauernverband favorisiert jedoch die alternative Linie an der A71

Der Bayerische Bauernverband favorisiert jedoch die alternative Linie an der A71, weil sie kürzer ist, weniger Boden verbraucht und weiter weg von Pfersdorf mit seinen Streuobstwiesen ist, wie Eugen Köhler, Bezirksgeschäftsführer des BBV erklärt.

Entlang der Autobahn führt die Trasse auf östlicher Seite weiter. Auf der Maibacher Höhe schwenkt die Linie wegen Retentionsbecken, Parkplätzen, Biogasanlage und Biotopen kleinräumig ab. Die Alternative ist hier eine direkte Verlegung an der A71, die von den Landwirten gewünscht wird.

Von der östlichen auf die westliche Seite der A71 wechselt die geplante Stromtrasse etwa auf Höhe von Maibach per Unterquerung. Bei Kronungen verläuft sie zunächst zwischen Autobahn und B19, unterquert die Bahnstrecke Richtung Schweinfurt-Bad Kissingen auf Höhe der Storchenmühle und unterquert hier auch die B19.

Dass die Vorschlagstrasse zwischen Oberwerrn und Euerbach westlich der Autobahn und der B19 verläuft, ist dem geplanten Gewerbegebiet von Oberwerrn geschuldet, erläutert auf Nachfrage Andrea Steinlein, Niederwerrns Leiterin der Zentralen Dienste. Außerdem würden dort Ausgleichs- und Rückhalteflächen zerschnitten. "Eine östlich verlaufende Alternativtrasse ist für uns nicht akzeptabel." Mit ihr ist auch der Bauernverband nicht einverstanden, zumal die Storchenmühle, an der sie direkt vorbeilaufen würde, sonst zu sehr eingeschränkt wäre.

Vorschlagstrasse liegt nahe an der Gemeinde Euerbach

Die jetzige westliche Vorschlagstrasse an der A71 und der B19 liegt zwar nahe an der Gemeinde Euerbach, allerdings immer noch auf Oberwerrner Gemarkung. Vorgesehen ist dabei, dass sie wegen eines Bodendenkmals in der Linie etwas abschwenkt, wofür der Bauernverband kein Verständnis zeigt. Die Trasse unterquert dann zwischen dem Autobahnkreuz und dem neuen Euerbacher Gewerbegebiet die B303, der Passageraum ist dort 50 Meter breit.

"Für uns gibt es da keine Handhabe", sagt Euerbachs Bürgermeisterin Simone Seufert. Ein Gegeneinander-Ausspielen der Nachbarkommunen sieht sie nicht. Dass eine Gemeinde ein entsprechendes Statement abgibt, wenn es um die eigenen Bedürfnisse geht, sei legitim.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Entlang von Feldwegen und auf Ackerflächen geht es südlich der B 303, bereits auf Geldersheimer Gemarkung, kurz und gestreckt weiter. Bei Geldersheim muss der Trassenverlauf mehrfach wegen Bauwerken, Bodendenkmalen und dem Umspannwerk der ÜZ verschwenkt werden. Zweimal muss die Erdgashochdruckleitung unterquert werden.

Immer wieder gibt es entlang der A71 Bodendenkmalflächen, die – sofern nach dem Autobahnbau überhaupt noch vorhanden – umgangen, unterbohrt oder gekreuzt werden, erläutert Göpfert.

Bei den vorgeschalteten Kartierungen zum Artenschutz wurden südlich von Geldersheim westlich der A71 Feldhamsterflächen eruiert. Das ist zwar auch an anderen Stellen der Fall, allerdings ist hier eines der Hauptverbreitungsgebiete in Bayern. Deshalb wird die Autobahn wieder nach Osten unterquert und verläuft entlang der ehemaligen B 19 und dann über Ackerflächen nach Süden.

"Je nach Kartierergebnis gibt es beim Hamster dann Bauzeiteneinschränkungen, Vergrämungen oder Unterbohrungen", erläutert Göpfert. Weil aber mit der Stromtrasse keine Fläche versiegelt werde, müssten auch keine Ausgleichsflächen geschaffen werden.

Geldersheim hat sich grundsätzlich gegen SuedLink ausgesprochen 

Die Gemeinde Geldersheim habe sich grundsätzlich gegen das Vorhaben ausgesprochen, sagt Bürgermeister Thomas Hemmerich. Sie bemühe sich, Strom dezentral zu erzeugen und Strom zu sparen. "Da gibt es noch so viel Potenzial." 30 Einwendungen hat sie wiederholt eingebracht, aber "wir müssen anscheinend mit der Stromtrasse leben". Etliche der Geldersheimer Landwirte seien auch immer auf den Demonstrationen der Bürgerinitiative Bergrheinfeld dabei.

In der Nachbargemeinde ist der Widerstand gegen Suedlink besonders groß, aus grundsätzlichen Erwägungen und wegen der überproportionalen Belastung. Auf Bergrheinfelds Gemarkung verläuft die Vorschlagstrasse westlich vom Riedhof im gestreckten Verlauf nach Süden, quert die Staatsstraße 2277 und die A70, um zum Konverter am Felsenhof zu stoßen. Von dort zum knapp ein Kilometer entfernten Umspannwerk ist eine Freileitung vorgesehen, diesmal in der Zuständigkeit des Netzbetreibers Tennet. Sie verläuft gestreckt in oder über einen Klimaschutzwald, wogegen sich die Gemeinde wehrt.

"Eigentlich sollten wir nach den politischen Bekenntnissen entlastet werden", entrüstet sich Bürgermeister Ulrich Werner. Auf den Protest zur Vorschlagstrasse hin wird jetzt tatsächlich eine Alternativlinie weiter westlich, auf Ackerflächen der Gemarkung Schnackenwerth und Ettleben, geprüft. "Wir wollen uns da aber nicht gegenseitig ausspielen", meint Werner mit Blick auf die Nachbargemeinde Werneck.

Einvernehmliche Lösung finden

Natürlich kämpfe jeder Bürgermeister für seine Gemeinde, zeigt Wernecks Ortschef Sebastian Hauck Verständnis. Für ihn seien aber zunächst nicht die Belange der jeweiligen Landwirtschaft im Vordergrund – "es ist immer irgendeiner betroffen" – , sondern wie nahe eine Linie die Wohnbevölkerung tangiert, wie es bei Schnackenwerth und dem Wiesenhaus bei Ettleben sei. Mit seinem Kollegen Werner wolle er eine Lösung für den "am wenigsten schädlichen Trassenverlauf finden".

Für die Landwirte wäre auch die Alternative noch mit zu viel Verbrauch von Ackerland verbunden, so BBV-Bezirksgeschäftsführer Eugen Köhler. Sie wünschen, dass die Trasse bereits ab dem Riedhof der Wern folgt.

Bergrheinfelds Gemeindeverwaltung ist gerade dabei, eine Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren abzugeben. Zum wiederholten Mal. "Wir haben hier keine Gleichheit der Waffen", beurteilt der Bürgermeister das Verfahren der Bundesfachplanung, das aus seiner Sicht "mit demokratischen Spielchen die Kommunalpolitiker nach Strich und Faden veräppelt".

Information: Coronabedingt führt die Bundesnetzagentur die Antragskonferenz zur Planfeststellung der SuedLink-Trasse Wilster-Bergrheinfeld (Vorhaben 4) für den Abschnitt D2 (von der Thüringer Landesgrenze bis Bergrheinfeld-West) ausschließlich schriftlich durch. Bis zum 19. März können Einwände eingereicht werden, vorzugsweise online. Das Onlineformular findet man auf der Internetseite der Bundesnetzagentur: www.netzausbau.de/_tools/Stellungnahmen/beteiligung3_4-d2-19-psg/node.html 

Möglich ist eine Stellungnahme auch per E-Mail an v3v4d2@bnetza.de oder schriftlich an die Bundesnetzagentur, Referat 804, Postfach 8001, 53105 Bonn.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Silvia Eidel
Autobahnen
Bauernverbände
Bayerischer Bauernverband
Bundesnetzagentur
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Ettleben
Kommunalverwaltungen
Landwirte und Bauern
Schutzgebiete
Schweinfurt Umwelt
Südlink
Tennet
Thomas Hemmerich
Ulrich Werner
Wasserschutzgebiete
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. S.
    wenn man das alles so liest braucht man sich nicht wundern wenn bei solchen Projekten die Kostenschätzungen am Ende hinten und vorn nicht passen und alles viel teurer wird. Ist ja nur unser Steuergeld was hier verbaut wird!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten